Review: BATMAN PAPERBACK 12: „Bane City“

Alles hat ein Ende, nur Tom King hat elf … Das große Finale der Batman Rebirth-Saga ist endlich da.

Enthaltene Titel:
Bane City / City of Bane #1-11
Alltag / Everyday

Autor*in: Tom King
Künstler*in: John Romita Jr., Mikel Janín, Tony S. Daniel

Verlag: Panini
Seiten: ca. 332
Softcover: 33,00 €
Hardcover: 49,00 €
Status: abschließendes Paperback

Erschienen am 08.03.2022

©Panini Comics Deutschland

Tom King möchte zu einem Ende kommen, beziehungsweise muss er es, denn James Tynion IV hat ja im amerikanischen Raum schon lange das Ruder für seinen eigenen Run übernommen. Also nehmen wir gemeinsam Abschied von einer Reise exzellenter Ideen und auch mal weniger davon.

Im Grunde hat King als Autor die interessierte Leserschaft seit dem ersten Paperback der Rebirth-Reihe ICH BIN GOTHAM begleitet und so manch spannendes Szenario präsentiert. Dabei ist besonders der achte Sammelband EISIGE ZEITEN hervorzuheben, der auch eigenständig hervorragend lesbar ist. Leider konnte die Intensität nicht immer gehalten werden und der rote Faden drohte sich durch Langatmigkeit etwas aufzulösen. Das populäre Hochzeitsevent liegt einigen Fans ohnehin noch unbefriedigend im Magen.

Auf über 300 Seiten möchte King seine Storyline zu Ende führen, in Erinnerungen schwelgen und es noch einmal richtig übertreiben. Quasi in Überlänge nimmt er sich Zeit dafür, auch Charaktere der Anfänge noch einmal zu ihrem persönlichen Frieden zu bringen. In diesem würdigen Mammutwerk steckt also eine Menge, das es zu besprechen gilt. Ein großes Dankeschön vorab geht an Panini Comics Deutschland, die uns ein Rezensionsexemplar zukommen lassen haben.

Wer wissen möchte, wie es überhaupt zu BANE CITY kommen konnte, findet im folgenden Spoilerkasten eine grobe Zusammenfassung der zahlreichen Ereignisse.

SPOILER zur bisherigen Story der BATMAN REBIRTH-Reihe

Achtung: Spoiler! Spoiler anzeigen

HANDLUNG

Das Paperback BANE CITY hält von Beginn an was der Titel verspricht – Gotham City unter vollständiger Kontrolle des Schurken-Giganten. Soweit könnte man das Ganze schon mal gelesen haben, aber die ersten Seiten täuschen eine Elseworld-Geschichte vor.

Riddler und Joker sind in alter Bad-Cop-Bad-Cop Manier in Gotham auf Streife, als sie zu einem Tatort gerufen werden. Schnell ist klar, dass Two-Face seine schwer zu definierende Psychose nicht zurückhalten konnte und gemordet hat. Diese detektivische Meisterleistung wird Commissoner Gor… Ich bitte um Entschuldigung. Diese detektivische Meisterleistung wird dem Polizeichef Hugo Strange per Funk mitgeteilt, woraufhin er unverzüglich das Batsignal am Nachthimmel zum Strahlen bringt. Und natürlich kommt der dunkle Ritter Batman unverzüglich. Also eigentlich sein Vater Thomas Wayne, der sich, aus seinem eigenen Universum entflohen, nun auf der Rebirth-Erde über die Dächer schwingt. Denn der eigentliche Batman siecht in einem Erdloch halbtot vor sich hin.

„Wenn ihr Jemanden umlegt,
will ich euren Bericht morgen früh und nicht erst ’ne Woche später.“

Das hört sich nicht nur schrullig an, es liest sich wirklich absurd unterhaltsam, wenn man die üblichen Verdächtigen an Orten präsentiert bekommt, wo sie definitiv nicht hingehören. So auch in der Bathöhle geschehen. Dort sitzen nicht Bruce Wayne alias Batman und sein treuer Begleiter Alfred, sondern sein grimmiger Vater und dessen Diener, der Bauchredner. Der stotternde Unterwürfige hat nicht nur ein Problem mit seiner neuen Rolle, sondern auch weiterhin mit seiner Puppe Scarface.

© DC Comics

Ist das nun alles ein Scherz oder ein erneuter Albtraum? Es ist wie es ist – wirklich. Batman hat so einschneidend verloren wie schon lange nicht mehr. Bane hat sogar die übermächtige Claire Clover alias Gotham Girl als Verteidigungsinstanz für sein Bane City gewinnen können. Sie macht es nicht einmal möglich, von außen einzudringen. Aber wer wöllte das unter diesen Umständen überhaupt? Richtig. Niemand. Denn selbst der US-Präsident hat allen Superheld*innen verboten Gotham City zu betreten. 

„Noch mal: Du bist nicht Batman.
Wir sind nicht verwandt.
Du bist’n uralter Fake.
Ich … bin Robin.“

Einmal mehr sieht die Lage aussichtsloser denn je aus. Doch unerwartete Hilfe soll Bruce nicht nur erneut das Leben retten, sondern ihn für den finalen Kampf um seine ehemalige Stadt vorbereiten. In dieser Zeit regt sich allerdings in Gotham auch etwas Widerstand – mit fatalen Folgen.

WORT & BILD

Vorab: Die Zeichnungen sind allererster Güte. Aufgrund der schieren Dicke dieses Bandes sind die wenigen stilistischen Unterschiede eine gelungene Abwechslung, wären für mich aber nicht mal notwendig gewesen.

So spannend die Ausgangslage auch ist, so fantastisch die Episoden auch illustriert werden, so werden sie leider nicht zur Hauptlinie des Finales. King nimmt sich mehr als einmal Zeit, um seine geplatzte Hochzeit erneut aufzuarbeiten. Das hat er nun bereits mindestens zweimal intensiv getan und schreckt auch nicht vor einem ausschweifenden dritten Mal zurück.

Alles was in Gotham passiert, hat mir sehr gut gefallen und sich nach einem richtig dramatischen Finale angefühlt. Doch bevor er alle Schauplätze zusammenführt, streut King auch immer wieder schwülstig gehauchte Worte in längeren Episoden zwischen The Bat and The Cat. Ich finde die darin vorherrschende Romantik wirklich gerechtfertigt, da der Kontext sie definitiv auch hergibt. Aber dieser Kitsch in seinen zahlreichen Fassetten hat ein gewisses Fremdscham-Risiko. Der Autor zelebriert die neu aufkommende Innigkeit der beiden Charaktere bisweilen schon in einem unangenehmen Maße. Nichts bleibt angedeutet. Alles wird ausgesprochen. Und so viel Gesäusel ist mir dann stellenweise doch zu viel. Und damit meine ich noch nicht mal das Geknutsche vor einem der gefühlt zwanzig Sonnenuntergänge.

© DC Comics

Ein wirklicher Pluspunkt der Schnulzenkapitel sind immer die ersten Seiten. Dort wird uns eine vergangene aber markante Catwoman-Story modernisiert auf einer einzelnen Splashpage präsentiert. Beispielsweise wird BATMAN – DAS ERSTE JAHR (1988) rezitiert, in dem Bruce in zivil zum ersten Mal auf den „professionellen Dienstleistungsstraßen“ mit Selina Kyle aneinander gerät. Und auch das erste Treffen mit der damals noch unkostümierten Diebin aus dem Jahr 1940 findet eine wunderschöne Seite in diesem Sammelwerk. Zwei Mal ein erstes Mal? Da gehen die Ansichten der beiden abermals auseinander.

„Da rettet man Jemanden aus der Kälte.
Schenkt ihm Liebe. Hoffnung.
Baut ihn auf und unterstützt ihn beim größten Kampf seines Lebens.
Und er überlässt dir nicht mal einen hübschen, süßen, klitzekleinen Diamanten.“

Ja, das sieht wirklich schick aus. Ja, es ist irgendwie romantisch. Ja, man wird auch nostalgisch abgeholt. Und ja, diese Vorgehensweise ist nicht neu. Das Gleiche hat King bereits in seinem kompletten Hochzeitsevent angewandt. Gerade in DAS HOCHZEITSALBUM (im Überformat von Panini) hatte ich auch eine kleine Mitgefühlsträne übrig – wird behauptet. Aber nochmal funktioniert das bei mir nicht. Schon gar nicht wenn in Gotham die Hütte brennt. Denn damit kommen wir zu Tom Kings heftigem Kontrastprogramm.

© DC Comics

Ich bin ein großer Freund von weitreichenden Folgen und wohl dosierter Brutalität, aber was ab der zweiten Hälfte in Gotham passiert, ist für Fanherzen völlig drüber und unnötig. Ein bestimmtes Ereignis kommt aus dem Nichts und geht nicht mehr weg. Zwar versucht der Autor seine Entscheidung noch einmal emotional aufzuarbeiten, aber das schafft er in dem entsprechenden Kapitel nur bedingt. Dagegen sind all seine anderen gewalttätigen Ausbrüche wirklich kaum der Rede wert. Denn für dieses Ereignis wird sich Tom King wohl auf ewig verantworten müssen. Ich gehöre da in das Lager der ratlosen Ungläubigkeit.

Aber so ist es manchmal mit einem groß angelegten Finale. Da möchte man besonders viel und besonders groß, ohne den Blick nochmal konzentriert auf das Ganze zu richten. Da kommen bei mir ähnliche Gefühle wie bei Nolans Trilogie-Abschluss THE DARK KNIGHT RISES auf. An gewissen Stellen etwas zu groß gedacht und gewollt. Nicht das Finale, das wir verdienen, sondern das, was wir brauchen – oder so ähnlich.

„ALLTAG“

Nach dem mehr oder weniger runden Finale seiner langlebigen Storyline, lässt es sich King nicht nehmen noch eine persönliche Abschiedstour zu geben. Auf fast 40 Seiten wird noch einmal unabhängig von BANE CITY in ALLTAG Kings Liebe zum dunklen Ritter zelebriert. Dabei nutzt er ein mittlerweile bekanntes Muster.

Auf wenigen Seiten erzählt er eines von den zahlreichen Abenteuern Batmans. Unterlegt von Alfreds Monolog, der sich an die interessierte Leserschaft wendet, wird beispielsweise berichtet, wie Batman zu Pferd über Gothams Dächer ritt, mehrere Drachen zu Tode schlug oder in einer fremden Dimension die Antwort auf sein Leben gab. Umrahmt wird das Ganze in einen datierten Ablauf.

„Montag. 8. März. Gotham ist anscheinend verflucht.
Nach einigen seltsamen Ereignissen und dem Erscheinen eines Drachen …“

Es gibt dabei so viele Verweise und Querverweise auf Batmans Schaffen, dass ich wirklich nicht sagen kann, welche Anspielung sich auf welches Werk bezieht. Vielleicht ist auch ein bisschen erweiternde Fiktion mit dabei und King spielt selbstironisch mit seinem eigenen Stilmittel?

ALLTAG ist jedoch so schnelllebig und interessant, dass mir im ersten Moment nicht aufgefallen ist, wie King immer zügiger verschiedenste Ereignisse aneinanderreiht und illustrieren lässt. Das mündet dann im nostalgischen Schweigen. Da noch ein Batman auf Skiern, dort noch ein Triceratops, ein Batman im All, im Dschungel, gegen sich selbst, in schwarz-weiß und und und… Ohne Worte werden zum Schluss noch einmal zahlreiche fantastische Abenteuer in einzelne Panels gepresst.

Und wenn man ganz genau hinschaut, zwischen die Panelbegrenzungen blickt, noch hinter all den Fantastereien und der noch immer glühenden Kreativität, da – genau da – verabschiedet sich Tom King von uns mit einem Augenzwinkern. So liest sich dieses Paperback zumindest für mich. Denn ALLTAG ist eigentlich schon eher erschienen und auch bei Panini, neben anderen Geschichten unter BATMAN SONDERBAND – PENNYWORTH R.I.P, veröffentlicht worden. Aber auch ich darf ja mal träumen dürfen…

FAZIT

Mit BANE CITY endet auch für mich ein Wechselbad der Gefühle. Ich gehe nicht mit allen Entscheidungen der Rebirth-Ära mit, muss sie aber ohnehin nur akzeptieren oder sie eben in Ruhe lassen. Mit all den Höhen und Tiefen schafft es King dennoch seine Geschichte zu einem vernünftigen Ende zu führen. Auch wenn die starke Romantisierung nochmals etwas aus dem Rahmen zu fallen droht, mag ich diese Seite an Kings Batman doch sehr.

Die Rebirth-Reihe hat es geschafft, mir einen neuen von Seelenschmerz geschundenen und empfindsamen Batman zu zeigen. Dies wird noch einmal im abschließenden Paperback eindrücklich zur Schau gestellt. Stellenweise von Kitsch gezeichnet und mit stöhnenden, wenn auch gähnenden, Dialogen gefüttert, hat dann doch alles seine Daseinsberechtigung.

©Panini Comics Deutschland

Zudem wurde ich erneut und damit abschließend spannend unterhalten, wollte stets mehr erfahren und da gab es ja auch noch gelegentlich den ein oder anderen richtig brillanten Einfall. Leider wurden dann eben genau diese nicht immer konsequent weiter verfolgt.

Wie dem auch sei. Ich bin zufrieden. Zwar denke ich auch, dass es nun wieder an der Zeit für einen frischen Wind ist, aber ich habe es bis hierhin sehr genießen können. Und damit kann ich diesem prallen Sammelband gut und gerne vier Bat-Heads geben. Für Einsteiger sind die dreimal einhundert Seiten aber etwas viel verlangt. Es wird zwar noch einmal Thomas Waynes Hintergrundgeschichte veranschaulicht und der bisherige Werdegang der Geschichte angerissen, aber es bleiben eben auch viele Seitenverweise und Anspielungen, die man erst mit den nötigen Vorwissen erkennen und genießen kann. Wissende, die etwas überzogene Romantik und unnötig drastische Ereignisse abkönnen, sollten in jedem Fall einen Blick riskieren.

Meiner Empfehlung steht Nichts im Weg, auch wenn ich die großen Kontroversen dieser Erzählung deutlich sehe. Ich habe im Großen und Ganzen bekommen, was ich wollte. BANE CITY ist als schweres Gesamtpaket in eurem Comicshop des Vertrauens und bei Panini zu haben


4 von 5 Bat-Heads

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

1 Kommentar

  1. TMM sagt:

    Auf den letzten Metern versaut Tom King ALLES!!! Die zweite Hälfte des Bandes ist reinste VOLLkatastrophe und zieht somit den ganzen Run in wohlfühlende Scheisse.

    Danke für Nichts.

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