Die ONE BAD DAY-Reihe nimmt endlich Fahrt auf und dieser Band ist qualitativ genau das was ich mir gewünscht habe.
Enthaltene Titel:
Batman – One Bad Day: Mr. Freeze
Autor*in: Gerry Duggan
Künstler*in: Matteo Scalera
Verlag: Panini
Seiten: ca. 76
Hardcover: 18,00 €
Variantcover: 23,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte
Erschienen am 23.05.2023
©Panini Comics Deutschland
Nach dem zuletzt sehr gelungenen ONE BAD DAY – PINGUIN habe ich mich auf den extremistischen Dr. Victor Fries in diesem Band wieder freuen können. Besser bekannt als Mr. Freeze ist dieser Batman-Gegner besonders durch Paul Dinis erdachte Motivation des Schurken im Rahmen der damaligen Animationsserie zu einem äußerst spannenden Charakter gereift. Die Suche nach einem Heilmittel für seine schwerkranke Frau trieb den unglücklichen Wissenschaftler schon häufig in die Kriminalität und auch mal an den Rand des Wahnsinns.
Es kann sogar sein, dass Batman und Freeze eine Allianz eingehen, um sich einem größeren Problem gemeinsam entgegenzustellen. So soll es auch diesmal sein, aber ganz ohne Plattitüden und mit einer extra Portion Batman & Robin. Panini Comics hat uns ein Rezensionsexemplar spendiert, welches ich gleich mehrfach verschlungen habe. Vielen Dank für dieses ganz besondere Leseerlebnis.
BATMAN-FANS AUFGEPASST
Gerry Duggan ist vor allem durch seine langjährige Arbeit rund um Deadpool aufgefallen. Mit Mr. Freeze gelingt ihm eine ganz andere, richtig stimmige Balance, die auf derben Humor und Gewaltexzesse verzichtet. Auf der einen Seite ergründet er feinfühlig die dramatischen Hintergründe des Doktors und die einhergehende strittige Ambivalenz zu seinem Alter Ego. Denn was genau Mr. Freeze wirklich versucht ist gar nicht so eindeutig, wie man es auf den ersten Seiten noch vermutet. Auf der anderen Seite bekommen wir einen lebhaften Einblick in die frühen Jahre des Dynamischen Duos Batman & Robin. Beide Erzählungen sind so gut miteinander verzahnt, dass keine in den Vordergrund rückt. Dieser Comic bringt tatsächlich alles mit, was Batman Fans lieben.
Die traditionsreiche Verkleidung Matches Malone erhält ebenso seinen Platz wie das Batmobil und trickreiche Gadgets. Besonderes Highlight bleibt allerdings, was zwischen den Zeilen zu entdecken ist. Denn da wird vorzüglich gemenschelt und macht die Charaktere greifbarer. Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber ich hatte beim Lesen das Gefühl, nach Hause zu kommen. Duggan hat mich geschickt mit Nostalgie und Spannung abgeholt. Ich werde mich kurz halten, um mich nicht in gefühlsduselige Schwärmereien zu verlieren. Aber dieser Comic ist auf so vielen Ebenen einfach nur schön.
„Eigentlich wollte ich die Kneipen nach Killer Croc absuchen,
aber ich denke,
ich konzentrier mich auf Freeze.“
Robin, als lernbereiter Gehilfe von Batman, entpuppt sich auch als dessen zwischenmenschlicher Ratgeber. Das Zusammenspiel der beiden Vigilanten fühlt sich sehr organisch an und ich habe dieses schon lange nicht mehr so unbeschwert lesen dürfen. Das verleiht der Geschichte eine gewisse Leichtigkeit, die aber zu keiner Zeit ihre Ernsthaftigkeit infrage stellt. Und auch wenn die Action wirklich nicht zu kurz kommt, erzählt ONE BAD DAY – MR. FREEZE hauptsächlich eine bewegende Geschichte über Verlust. Gerade zum Schluss, wenn versucht wird, einen zufriedenstellenden Abschluss der Geschichte zu finden, musste ich mir eingestehen, dass ich emotional kalt erwischt wurde.
„Es wird Zeit, darüber zu reden,
was als nächstes kommt.“
Zu all diesen Aspekten, die diese Geschichte lesenswert machen, gesellt sich ein hervorragendes Artwork. Die Arbeit von Scalera hat sich in mein Herz geschlichen. Es scheint nichts zu geben, was sein Stil nicht transportieren könnte. Der Einsatz von übergroßen Panels ist nie nur Selbstzweck, sondern schafft endlich mal wieder ikonische Bilder, die die Dramatik unterfüttern. Seien es Batman und Robin im Schneegestöber, ein geschlagener Mr. Freeze vor zahlreichen Kältekammern oder Batman in einem furchteinflößenden Kampfanzug, es sieht einfach klasse aus und bleibt mir im Gedächtnis. So muss Comic!
„Weder Grausamkeit noch Unfall machten ihn zu dem,
was er ist,
sondern ein gebrochenes Herz.“
BEWERTUNG: Visual Noise
Ich habe ernsthaft überlegt wo ich wenigstens einen halben Bat-Head abziehen könnte. Einfach nur um Marian zu ärgern. Aber es geht nicht. Wenn eine Geschichte so stimmig ist, dass sie das Skript für eine Folge der Animated Series sein könnte, dann ist hier etwas Wunderbares entstanden. Dieser Comic enthält eine Vielzahl an Würdigungen und Referenzen vergangener Zeiten aus Batmans Historie, hat wirklich coole Action, Dramatik die berührt und einen kleinen aber denkwürdigen Kniff für Freezes Charakter.
In diesem Sinne: Hochachtungsvoll verdiente fünf Bat-Heads gibt es von mir und eine drängende Kaufempfehlung für euren Comicladen des Vertrauens oder direkt bei Panini. Als nächstes steht Catwoman im Fokus der ONE BAD DAY-Reihe. Sie wird es nach diesem Lesehighlight wirklich schwer haben. Denn Mr. Freeze hat den Maßstab ganz nach oben verlegt.
5 von 5 Bat-Heads
ZWEITSTIMME: MARIAN
Dieser Comic macht alles richtig – es gibt eine angemessene Ausgewogenheit der handelnden Charaktere, die Figuren stellen die richtigen Fragen, diese werden dann sogar verhandelt und es werden Bilder und Tropes bedient, die das langjährige Fanherz höherschlagen lassen. Mr. Freeze und seine Motivation werden hier noch einmal auf den Prüfstand gestellt und das, ohne den Charakter, wie man ihn seit der Animated Series kennt, zu verraten. Veränderungen bringt das trotzdem mit sich, aber ganz ohne Krampf.
Gerry Duggans Story ist demnach sehr klug geschrieben und nimmt allerlei Anleihen im Batman-Kosmos. Irgendetwas fehlt mir trotzdem. Da ich das aber nicht benennen kann, geht es nicht mit in die Wertung ein.
Das Artwork ist für mich über jeden Zweifel erhaben. Stilistisch bietet Matteo Scalera hier eine Art Mischung aus Bruce Timm und Kelley Jones (und hie und da auch anderen Künstlern). Einzelne kleinere Panel sind manchmal recht einfach gehalten, geradezu skizzenhaft. Dafür drücken sich andere Panel oder Seiten geradezu episch ins Auge wie ins Gedächtnis. Insbesondere Mr. Freeze bekommt hier seine time to shine, sowohl grafisch als auch erzählerisch. Gleiches gilt überraschenderweise für Robin, der für diese Geschichte eine subtile Schlüsselrolle spielt.
Insgesamt ist das alles ganz großartig geraten. Zwar führt nun gerade die Erzählung von und über Freeze das Konzept „One Bad Day” ad absurdum, stellt es gewissermaßen gar auf den Kopf, aber bei der ganzen Reihe sollte man diesbezüglich sowieso nicht päpstlicher sein als der Papst. Wollt ihr eine sehr gute Freeze-Story, die euch einen bekannten Kern des Schurken liefert, aber dennoch genug Neues bietet? Wollt ihr herausragendes Artwork, das all diese narrativen Faktoren nicht nur stützt, sondern adelt? Dann ist das euer Comic. Da führt kein Weg dran vorbei.
5 von 5 Bat-Heads
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