Review: „ONE BAD DAY – RA’S AL GHUL“

Die spannende ONE BAD DAY-Reihe findet nun ihren Abschluss und verabschiedet sich mit bisher unerreichter Gesamtqualität.

Enthaltene Titel:
Batman – One Bad Day: Ra’s Al Ghul

Autor*in: Tom Taylor
Zeichner*in: Ivan Reis
Colorist*in: Brad Anderson

Verlag: Panini
Seiten: ca. 76
Hardcover: 18,00 €
Variantcover: 23,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte

Erschienen am 19.09.2023

©Panini Comics Deutschland

Im Geiste mit dem faszinierenden Einzelband THE KILLING JOKE verbrüdert, stellte DC Comics eine bisher siebenteilige Reihe unter dem Titel ONE BAD DAY auf die Beine. In dieser wurden einzelne Gegenspieler*innen des Dunklen Ritters in den Fokus gerückt und sollten ganz eigenständige Geschichten erleben, die den schlechtesten Tag dieser Figuren repräsentieren. Nun findet das Ganze mit dem achten Band sein großes Finale, indem Ra’s Al Ghul im Mittelpunkt steht und der Reihe ein mehr als würdiges Ende verleiht.

Zum Glück hat uns Panini Comics Deutschland ein Rezensionsexemplar zukommen lassen, das wohl niemand mehr vermissen wollte. In diesem Sinne bedanke ich mich auch persönlich sehr herzlich für diese spannende Zeit innerhalb der ONE BAD DAY-Reihe und die damit verbundene freundliche Zusammenarbeit des Verlages und dem Batcast-Team. Denn als Gesamtkonzept wurde hier der interessierten Leserschaft sehr viel geboten und für fast jeden Geschmack ließ sich etwas finden. Interessanterweise hat sich dieser Marian mit der Charakterzeichnung von Ra’s Al Ghul der Animated Series intensiv auseinandergesetzt, was ich euch hiermit ans Herz legen möchte.

DER KOPF DES DÄMONS

Ra’s Al Ghul ist in dem vorliegenden Comic bereits 700 Jahre alt. Durch die Lazarusgrube ist er auch kein alter Greis, sondern ein erwachsener Mann mit allerhand Berufungen, denen er sich über die Jahrhunderte annehmen konnte. Denn dieses magische Thermalbad bringt Tote zurück ins Leben. Dabei sind kurzzeitige Steigerung der Kräfte und auch mal  Psychosen Teil der Wiederauferstehung.

©Panini Comics Deutschland

Neben seinen herausragenden körperlichen Fähigkeiten, ist Ra’s ein exzellenter Stratege, charismatischer Anführer der Liga der Schatten, Vater von Talia Al Ghul und damit auch Großvater von Damian Wayne alias (der unsympathischste) Robin. Damian wurde eine lange Zeit in der Liga der Schatten aufgezogen und trainiert und kennt damit die brutalen Methoden und Ideologien der Assassinen-Organisation. Wer es noch nicht wusste: Damian ist der Sohn von Talia und Batman.

©Panini Comics Deutschland

Natürlich kann man in einer 70-seitigen Geschichte wohl kaum 700 Jahre Lebenszeit rekapitulieren. Und dennoch gelingt Autor Tom Taylor das Kunststück, ein Gespür dafür zu vermitteln, was Ra’s Al Ghul schon alles gesehen haben könnte und welche dramatischen Ereignisse ihn zu dem gemacht haben, der er jetzt ist. Verlust und Verdruss sind zwei Eckpfeiler dieser Erzählung, die so geschickt geschrieben und dargestellt ist, dass ich sie gleich zweimal lesen musste.

©Panini Comics Deutschland

GNADENLOSER KLIMATERRORIST – ZU RECHT?

Der Mensch beutet nicht nur seine eigene Spezies aus. Er macht sich andere Untertan und arbeitet stetig an seinem eigenen Untergang. Achtlos nimmt er dabei auch noch auf lange Zeit den kompletten Planeten mit ins Verderben. Diese schmerzhafte Gewissheit ist ständiger Begleiter der Menschheit. Und dennoch scheint sie nichts davon abzubringen, ihr schädliches Treiben fortzusetzen. Das hat Ra’s Al Ghul über Jahrhunderte, in seinen zahlreichen Leben mit eigenen Augen gesehen und kommt zu der Auffassung, dass nur er die Selbstzerstörung und den ökologischen Terror aufhalten kann … mit Terror.

„Ich schwamm durch Riffe …
die nun bleiche Friedhöfe sind.“

Der Anführer der Liga der Schatten, auch das Haupt der Schlange genannt, hat seine Assassinen für das große Ziel einer Umstrukturierung ausbilden lassen. Große Konzerneliten sollen getötet und durch Personen mit umweltfreundlicheren Absichten ersetzt werden. Dabei ist Taylor so geschickt in der Ausformulierung, dass die Umstände mich beim Lesen wütend gemacht haben. Es erscheint alles so einleuchtend, dass ich nicht nur Ra’s Motive voll nachvollziehen kann, sondern ihm im Rahmen der Handlung heimlich viel Erfolg gewünscht habe.

„Ich hörte das stampfen riesiger Tiere,
die über die Steppe donnerten …
Steppen, auf denen nun Totenstille herrscht.“

Es sind die nicht enden wollenden Probleme der Menschheitsgeschichte: Die nicht aufhörende Gier nach mehr und die damit verbundene Vernichtung von Ökosystemen, Wilderei bis zur Artenausrottung und Verschmutzung der Umwelt, damit auch wirklich alle was davon haben. Personen, die eine Klimakrise nicht anerkennen, werden auch hier Schnappatmung bekommen. Denn auch wenn dieses menschliche Verhalten, entgegen langjähriger wissenschaftlicher Erkenntnisse, keinen Einfluss auf einen möglichen Klimawandel haben sollte, bleibt es immer noch ein verdammt mieses Verhalten.

„Ich sah Vögel kreisen …
die nie wieder zum Himmel aufsteigen.“

Dass ausgerechnet Batman den moralischen Kompass noch oben hält und zusammen mit Sohn Damian die Vorgehensweise der Liga der Schatten aufhalten möchte, ist besonders spannend. Denn Ra’s und Batman könnten sich ähnlicher nicht sein. Lediglich die Wahl der Mittel und die Konsequenz des Nicht-Tötens unterscheidet Batman von seinem Widersacher. Nicht ohne Grund hatte Ra’s ihn in vergangenen Tagen als Nachfolger seiner selbst ausgewählt.

KNIET NIEDER VOR DIESEM ARTWORK

Allein das Cover der regulären Variante verspricht schon eine fantastische Optik. Aber nach den ersten Seiten kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Zeichnungen von Ivan Reis bestechen durch ihre Genauigkeit und den hohen Detailgrad. Die Schattierungen durch die Tuschearbeit von Danny Miki sind wirklich (!) nicht zu übertreffen. Es gibt kaum eine Szene, in der ich nicht weiß, aus welchem Winkel das Licht einfällt. Denn jede Linie, die Reis gesetzt hat, verfeinert Miki so exzellent, dass sich aus diesen sogar eigene kleine Bewegungen andeuten. Darauf solltet ihr beim Lesen wirklich mal achten. Keine Kontur hat einen einheitlichen Stärkegrad. Und diese kleinen Variationen hauchen den Zeichnungen zusätzlich das gewisse Etwas ein.

©Panini Comics Deutschland

Um dem Ganzen noch das richtige Gefühl zu verleihen, holt Brad Anderson alles zu den thematisch gewählten Farbpaletten heraus. Die Szenen aus der Lazarusgrube sind farblich genauso phänomenal eingefangen wie die zum großen Showdown. Man kann es nicht anders sagen – es ist richtig krass. Die Kombination aus allen Teilen ergibt eine Sogwirkung, der ich mich wirklich nicht entziehen konnte. Leute, wir haben es hier mit einem Highclass-Comic zu tun, an dem es für mich nichts zu kritisieren gibt! Und hiermit ist dieser Marian offiziell gewarnt.

FAZIT: ICH BIN DER DAMIAN UND ICH BIN AUCH DABEI

Fast hätte ich verpasst zu erwähnen, dass neben der Hauptthematik auch eine spannende Geschichte um Batman und Damian erzählt wird. Denn auch damit konnte dieser Comic für mich massiv punkten. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Zeiten des unerzogenen Robins endgültig der Vergangenheit angehören. Im zweiten Drittel wird nämlich nochmal ein emotionales Feuerwerk gezündet, was in einem nicht 100%ig eindeutigen Ende abschließt. Was auf dieser kurzen Seitenanzahl alles zusammengekommen ist und wie sich alle Bestandteile so harmonisch zusammenfügen, ist schlicht brillant.

©Panini Comics Deutschland

Dieser Comic wird noch lange Relevanz im DC Comicbereich haben. ONE BAD DAY – RA’S AL GHUL bedient zwar nur bedingt die Ursprungsidee der Reihe, ist für mich eine der besten Ra’s Al Ghul Geschichten. Für sich stehend und in dieser kompakten Ausarbeitung ist dieser Band dem viel besprochenen THE KILLING JOKE ebenbürtig. Das hatte ich so selbst nicht erwartet, aber ich halte ONE BAD DAY – RA’S AL GHUL schon jetzt für einen zeitlosen Klassiker. Natürlich entscheide ich das nicht allein und die Zeit wird zeigen, wie langlebig Ra’s Al Ghul wirklich ist. Aber für mich ist das hier ein kleines Meisterwerk.

BEWERTUNG: Visual Noise

10 points go to … Ra’s Al Ghul! Ich kann nur allen Interessierten empfehlen, in diesen Band reinzuschauen. Von mir gibt es ausschließlich Lobeshymnen und Freudentränen über diesen mehr als gelungenen Abschluss der ONE BAD DAY-Reihe. Es ist aber irgendwie auch schade, in diesem Höhenflug nun allein gelassen zu werden. Denn das war es (erstmal) mit den schlechtesten Tagen von Gothams Bösewichten.

„Ich sah meiner Welt jahrhundertelang beim Sterben zu,
während jene, die sie töten, ungestraft bleiben.“

Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass die Grundidee mit anderen Figuren nochmal angegangen wird. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Bekannte kriminelle Schwergewichte wie Scarecrow oder Hugo Strange hat man vorerst liegen gelassen. Mit kleineren Namen wie The Ventriloquist oder Victor Zsasz hätte man auch weniger verbrauchte Narrative als Spielwiese.

Ich finde ONE BAD DAY – RA’S AL GHUL extrem gut. Deswegen gibt es von mir eine vollumfängliche Kaufempfehlung mit einer unangetasteten Spitzenwertung von acht – pardon – fünf von fünf Bad-Heads. Den Comic bekommt ihr in eurem Comicladen des Vertrauens oder direkt über Panini Comics Deutschland.


5 von 5 Bat-Heads

BEWERTUNG: Marian

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Der Kollege Visual Noise scheint nach einem Bad in der Lazarusgrube wie neu geboren, sodass er – nun vom Wahnsinn befreit – schon bei Clayface und nun auch bei Ra’s erneut Wertigkeit von Schund angemessen zu differenzieren vermag (bis auf den schäbigen Damian-Kommentar natürlich). So ersparen wir uns gegenseitig und so ersparte uns auch der Verlag mit diesem letzten Band einen weiteren One Bad Day innerhalb dieser qualitativ durchaus achterbahnigen Reihe. Als großer Fan der Al Ghuls war diese letzte Ausgabe für mich auch ein ganz besonderes Leseerlebnis.

Ich blättere also die erste Seite auf und denke „Oh, was für ein aufwändiges Artwork, wer hat das gemacht“. Dabei fällt mir auf, dass ich in meinem Wahn, nacheinander die OBD-Hefte zu lesen, das Kreativteam vernachlässigt bzw. vergessen hatte. Dabei sehe ich hier nur Namen, mit denen ich zu großen Teilen Großartiges verbinde: Tom Taylor, Ivan Reis, Danny Miki, Brad Anderson. Gäbe es eine Fantasy-League für Comic-Kreative, käme ich mit diesem Team mindestens in die Playoffs. Kann also nichts mehr schiefgehen, denke ich mir und lese die Story in einem Rutsch durch.

Und ja – endlich eine Geschichte, die die Motive von Ra’s Al Ghul mal angemessen ergründet. Auf so etwas warte ich schon lange. Ra’s ist hier einer, der gleichzeitig für und gegen etwas kämpft, einer, der viel Verlust spürt und dabei ausblendet, dass er anderen dieselben Schmerzen zufügt, um sein eigenes Leid zu lindern. Die Frage, die sich beim Lesen immer wieder aufdrängt, lautet: „Würde ich es nach 700 Jahren nicht ebenso tun wie er?!“. Beantworten darf die sich dann jeder selbst.

Darüber hinaus geschieht in der Ausgabe Unfassbares und all das führt zu einem ebenso unerwarteten Ende. Zudem gibt Tom Taylor hier noch seine Bewerbung als Batman-Autor ab. Der große Batman-Anteil hätte mich bei anderen Schurken gestört; hier aber wird er nachvollziehbar erklärt. Gleiches gilt für Ra’s Al Ghuls Motivation und deren Einbettung in die heutige Zeit.

Kleinere Punktabzüge gibt es für eine Auslassung innerhalb der Story und eine gewisse Unausgewogenheit im Storytelling. Action und Dialoge kommen zwar im richtigen Verhältnis zueinander vor, sind aber ungünstig verteilt. Zeichnungen und Farben sind dafür über jeden Zweifel erhaben. Zudem werden hier sowohl Adams/O’Neill und Nolan/Dixon zitiert und das nicht nur einmal. Da bin ich sowieso schon positiv beeinflusst.

Insgesamt hat mir der Band richtig gut gefallen. Die Story hat mich angezündet. Ich liebe, was sie mit mir macht, ich liebe die Darstellung der Figuren, ich liebe die subtilen und weniger subtilen Anspielungen und ich liebe das Artwork. Der Band kommt bei mir auf jeden Fall ins Regal und euch empfehle ich dasselbe!


5 von 5 Bat-Heads

Hardcover©Panini Comics Deutschland

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

1 Kommentar

  1. Chevalier sagt:

    Gotham City Year One und GCPD The Blue Wall haben mir gut gefallen. Vielleicht wären die auch für ein künftiges Review interessant.

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