Review: „ONE BAD DAY – BANE”

A nadie le importaba quién era hasta que me puse la máscara (Niemand hat sich dafür interessiert, wer ich war, bis ich die Maske aufgesetzt habe). Aber jetzt tu’ ich es immer noch und ihr hoffentlich auch – es lohnt sich.

Enthaltene Titel:
Batman – One Bad Day: Bane

Autor*in: Joshua Williamson
Künstler*in: Howard Porter

Verlag: Panini
Seiten: ca. 76
Hardcover: 18,00 €
Variantcover: 23,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte

Erschienen am 18.07.2023

©Panini Comics Deutschland

Die ONE BAD DAY-Oneshots gehen jetzt schon in die sechste Runde. Und mit Bane bekommen wir ein ordentliches Schwergewicht, das gefühlt dann herangezogen wird, wenn man den Joker erneut überstrapaziert hat. Ich habe mich persönlich sehr auf diesen Band gefreut, da die Reihe ja den „schlechtesten Tag“ eines Villain illustrieren möchte. Wie könnte ein solcher Tag für den abgebrühten und körperlich meist vollständig überlegenen Bane denn aussehen? Ich war neugierig.

Freundlicherweise hat uns Panini Comics Deutschland ein Rezensionsexemplar zukommen lassen. Das kommt erneut, wie in dieser Reihe üblich, in dem schönen Überformat eines Hardcovers und macht mit Banes ikonischer Lucha Libre-Maske auf dem Cover einen recht imposanten Eindruck. Vielen Dank dafür! Ich finde sogar, dass man sich bei den insgesamt sechs US-Covern für das eindrucksvollste entschieden hat. Aber das müsst ihr anhand der ganz hinten im Band abgedruckten Variant-Galerie selbst entscheiden.

DAS EIGENE VERMÄCHTNIS UND DESSEN SCHATTEN

Bane ist vieles, nur kein Unbekannter. Durch die KNIGHTFALL-Saga von 1993 bis 1994 wurde diese Figur zum Symbol für eine der größten Niederlagen Batmans. Das Brechen von Batmans Rückgrat und die daraufhin erfolgreiche Übernahme von Gotham City ist auch Schwerpunkt von Christopher Nolans Trilogie-Abschluss in THE DARK KNIGHT RISES aus dem Jahr 2012.

Im Grunde traut man sich seitdem auch kaum noch andere Dinge mit Bane zu erzählen. Ständig wird dieses Ereignis zitiert, reproduziert oder in abgewandelter Form ähnlich dramatisch interpretiert (Shame on you, King!). Und auch in dieser Geschichte wird Banes Aushängeschild mehr als einmal bespielt. Es scheint ein Fluch auf dieser Figur zu liegen. Und dennoch erzählt ONE BAD DAY – BANE deutlich mehr.

„Ein gebrochener alter Mann,
der vom Ruhm seiner Vergangenheit lebt.“

Es werden auch Banes Ursprünge behandelt, in denen er als kleiner Junge auf der Insel Santa Prisca im Gefängnis sitzt. Dort soll er die Vergehen seines Vaters sühnen und mutiert später durch Drogenexperimente zu dem uns bekannten Koloss. ¿Todo claro hasta ahora? (Alles klar, so weit?)* Der Englisch und Spanisch sprechende Bane bleibt bewusst namenlos. Über seinen bürgerlichen Namen kann in der kompletten DC-Historie lediglich gemutmaßt werden. Im Allgemeinen findet sich aber alles in dieser Geschichte wieder, was man zur Figur Bane wissen sollte. Damit werden nicht nur Comic-Nerds, sondern auch Neulinge gleichermaßen abgeholt.

Variantcover©Panini Comics Deutschland

El gran conquistador ha vuelto. Pero ha cambiado sus planes de dominio por la gloria de un pequeño escenario (Der große Eroberer ist zurück. Aber er hat seine Herrschaftspläne gegen den Ruhm einer kleinen Bühne eingetauscht). Banes aktuelles Dasein ist das des Profi-Wrestlers. Er kann gebucht werden und verdient sich neben kostenfreien Dienstleistungen auch sein eigenes Geld. Als ehemaliger Superschurke und späterer, zwischenzeitlicher Antiheld spielt er nun seine bisher bekannteste Rolle im Schaukampf. Doch seine Vergangenheit hat nicht nur zahlreiche Narben auf seinem durch Venom-Steroid aufgepumpten Körper hinterlassen.

„Die Welt wird nach mir schreien.“

Denn das Verlangen nach der Droge schlummert noch immer in Bane. Doch mit der Droge kommt auch der Wunsch nach Macht – Bane der Eroberer! Oder konnte er diesen inneren Dämon bändigen? Dieser Frage geht Joshua Williamson in insgesamt drei Kapiteln nach. „Gebrochen“, „Der Sturz des Ritters“ und „Geschaffen in der Finsternis“ erzählen uns geschickt Origin und Werdegang der Hauptfigur, ohne dabei viele Seiten damit zu vergeuden. Denn der Schwerpunkt liegt auf Banes Gegenwart, in der er sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen muss.

©DC Comics

In gut abgestimmten Panelvariationen werden Erinnerungen präsentiert, die eine sehr gute Dynamik in der Erzählung entwickeln. Williamson schafft sogar noch die Drehung zu Batmans Verfehlungen gegenüber der Venom-Droge. Dabei handelt es sich um einen direkten Verweis auf die Handlung LEGENDS OF THE DARK KNIGHT aus dem Jahr 1989, in der Batman tatsächlich süchtig wird und fremdbestimmt nach der nächsten Dosis giert. Dieser Umstand ist clever platziert. Denn damit weiß die interessierte Leserschaft, dass auch Batman nicht unbefangen in den Ring steigt.

„Das ist keine echte Herausforderung, oder?
Der Jubel der Menge ist nie genug.“

Mit all den Informationen wird nebenbei noch geschickt der gemeinsame Kampf von Batman und Bane gegen das Venom geschildert. Diese Vergangenheitsebene handelt von dem langjährigen Kampf gegen Produktions- und Vertriebsstätten des Steroidserums auf der ganzen Welt. Damit ist Batman genauso glaubhaft in der ONE BAD DAY-Geschichte etabliert, wie Banes innere Zerrissenheit, die im Finale noch eine Meta-Auflösung erhält.

MEISTERHAFT PROTZENDE OPTIK

Das Artwork von Howard Porter ist ein schraffiertes Träumchen. Da wird in jedem Panel die Perspektive gewechselt, mal raus- und reingezoomt, eine Totale hier und ein Close-up dort hineingeschossen – als würde jemand Regie führen. Eigentlich passiert genau das. Mit dem dokumentarischen Drehbuch von Joshua Williamson inszeniert hier Porter aus allen möglichen Blickwinkeln. Und dabei bleibt Porter über die kompletten Seiten unfassbar detailliert. Im Grunde das beste Kontrastprogramm zu ONE BAD DAY – CATWOMAN. El fuego se eleva, Marian (Das Feuer breitet sich aus, Marian).

©DC Comics

Auf den letzten Seiten werden die Konturen etwas unsauber, was sich mir auch nicht aus dem Kontext heraus begründen lässt. Aber im Gesamten passen der Stil und die Inszenierung hervorragend zu Bane. Die Illustrationen wirken rau, schroff und die dargestellten Körper überproportional massiv. Mit der Figur Bane im Fokus ist das keine gute, sondern eine rundum sehr gute Kombination.

FAZIT: BANE IST GEBROCHEN

Bane impresiona en este cómic con su carácter nunca del todo transparente, pero constantemente brutal y sin concesiones (Bane beeindruckt in diesem Comic dadurch, dass seine Figur nie ganz durchschaubar, sondern konsequent brutal und kompromisslos ist). Williamson bezieht sich endlich auch inhaltlich konkret auf den vermarkteten „schlechtesten Tag“ seines Protagonisten. Das hat, nach meinem Verständnis, so noch niemand in der Reihe getan.

©DC Comics

Ich mochte vor allem die häufig vorbereiteten falschen Wege, die das ein oder andere Mal sogar in einer Elseworld-Geschichte hätten enden können. Dieses Spiel mit der Erwartungshaltung und die daraus resultierenden Gedankenspiele bauen Spannung auf. Und auch wenn die präsentierte Geschichte sich nicht traut völlig neue Wege einzuschlagen, so ist sie auffallend gelungen. Williamson vermischt bereits vorhandene Elemente mit einer finalen Erkenntnis, die eventuell auch Banes Charakter für mich nachhaltig prägen könnte.

BEWERTUNG: Visual Noise

Ich wurde hier vollständig abgeholt. Mir gefällt die Geschichte sowie die Auflösung im finalen Akt, die Action ist hervorragend choreografiert und das dazugehörige Artwork extrem gut! Über den Mehrwert der Geschichte kann man sicherlich diskutieren. Für mich ist der Payoff allerdings größer ausgefallen, als ich erwartet hatte. Von mir gibt es überzeugte viereinhalb Bat-Heads und damit auch eine vollumfängliche Kaufempfehlung für alle Interessierten.

„Ich hab deine Abenteuer von Anfang an verfolgt.
Ich hab gewusst, dass wir uns begegnen.“

Einen halben Bat-Head ziehe ich dafür ab, dass sich der Autor bei der Charakterisierung seiner Hauptfigur nicht immer ganz sicher gewesen zu sein scheint. Bane springt mir manchmal zu sehr in seinen Extremen und ich hatte dadurch manchmal das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Das kann man als gewolltes Stilmittel interpretieren. Bei mir hat es lediglich dazu geführt, dass ich mir dachte: „Da kommt doch noch mehr.“

ONE BAD DAY – BANE ist für mich eine positive Überraschung, die ich nicht mehr missen möchte. Diesen Band gibt es natürlich bei dem Comicladen eures Vertrauens oder direkt bei Panini Comics Deutschland zu haben.


4 ½ von 5 Bat-Heads

* Alle Übersetzungen wurden durch die liebste befreundete kolumbianische Muttersprachlerin durchgeführt – Danke für deine Zeit, Laura!

BEWERTUNG: Marian

No, señor, ¿usted en serio?

Ding, ding, ding. Während der offenbar einmal zu viel mit im Ring gestandene Kollege Visual Noise sich hier vom blumenkohlohrigen Bane betäuben lässt, werde ich die nächste Runde mal mit einer ernstzunehmenden Kritik einläuten.

Gut gedacht ist nicht gleich gut gemacht. Das dürfte die Überschrift für diesen One Bad Day-Band sein. Dennoch: Meine Liebe zu Bane ist und bleibt ungebrochen und deshalb hat mich dieser charmante Old Man Bane-Ansatz zu Beginn völlig in seinen Bann gezogen. Zwar ist der Comic stellenweise ganz schön brutal, aber irgendwie passt das ja auch zum Protagonisten der Geschichte. Joshua Williamsons Grundidee, hier ein bestimmtes Konzept zu personifizieren und dieses dann meinem frühen Schwarm Bane als zu bekämpfendes Übel gegenüberzustellen, ist ein äußerst kreativer Ansatz. Unglücklicherweise vergeht aber hier der Rausch der Genialität viel zu schnell, sodass man sich nach der Hälfte unsanft im kalten Entzug wiederfindet.

Denn leider ist der Endgegner in Präsentation, Motivation und Verhalten so stereotyp, dass man sich bei aller Nostalgie gleich auch an die nicht so wertigen Gegner und Kampfgeschehen des 90er-Jahre-Comickonsums erinnert fühlt.

Dasselbe gilt für Howard Porter, der mir ab seinem ersten Preview-Bild für Morrissons JLA für lange Zeit als Non-Plus-Ultra der Comiczeichner galt. Damals habe ich noch in kindlicher Naivität all seine Schnörkel, unsauberen Zeichnungen und vor allem seine manchmal wirklich grotesk verzerrten Helden als „das gehört zur Kunst“ verklärt. Aber das geht jetzt nicht mehr. Mittlerweile (oder eben für dieses Werk) hat Porter einen raueren, schmutzigen Stil entwickelt, der hier sehr gut zum Szenario passt. Allerdings gleitet das Ganze (wie früher schon) in Überblickspaneln soweit ins Skizzenhafte ab, dass es zumindest mich im Lesefluss stört. Dabei von „unfassbar detailliert“ zu sprechen, deutet für mich ebenfalls auf Rauschzustände hin (¿El amor te ha cegado, Visual Noise?).

Spätestens wenn Porter seine eigenen zuvor etablierten physiologischen Konzepte vernachlässigt bzw. regelrecht negiert, hat er mich verloren. Es wirkt dann immer, als habe er keine Lust mehr gehabt. Als bloßen Kunstgriff kann ich diese Art von Stilbruch auch nicht mehr sehen. An entscheidender Stelle kann ich bis jetzt nicht erkennen, welche Figur da gerade umfällt. Das geht einfach nicht!

Und das Ende … naja, es hat mich nicht überzeugt. Ich glaube, die Motivation Williamsons dahinter erkennen zu können und die Idee ist nicht schlecht. Aber bei mir hat’s leider nicht funktioniert. Schade.

Toller Start, reizvolle Prämisse, aber ab der Mitte des Bandes ein harter Fall in Richtung 08/15, mit einem Ende, das nicht alle kaufen werden. Gleiches gilt für das Artwork. One Bad Day Bane ist damit ein Paradebeispiel für verschenktes Potenzial. Qué lástima!


3 von 5 Bat-Heads

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

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