Das Liebespaar Harley und Ivy stürzen sich aus der Serie direkt in ihr zweites Comicabenteuer. Was ich davon halte, erfahrt ihr in 3 … 2 … 1 …
Enthaltene Titel:
Die BAT-Legion / Harley Quinn: The Animated Series: Legion of Bats! #1-6
Autor*in: Tee Franklin
Künstler*in: Shae Beagle, Jon Mikel
Verlag: Panini
Seiten: ca. 148
Softcover: 19,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte
Erschienen am 11.07.2023
©Panini Comics Deutschland
Na was sagt man denn dazu? Panini Comics Deutschland hat meinen persönlichen Herzenswunsch erfüllt und uns eine Ausgabe von HARLEY QUINN – DIE BAT-LEGION als Rezensionsexemplar zukommen lassen. Meine Freude war riesig, diesen herrlich überspitzen Wahnsinn als Weiterführung der Animationsserie erleben zu dürfen. Denn mittlerweile scheint es so, als würde sich diese Comicreihe als festes Begleitband der irren Serie etablieren können.
Wer die TV-Serie nicht gesehen hat, wurde meiner Meinung nach mit HARLEY QUINN – FLITTERWOCHEN UND ANDERE KATASTROPHEN dennoch köstlich darüber informiert, wie abgedreht, queer und liebevoll die Serie zu überzeugen wusste. Dieser Comic konnte mich beinahe vollständig in seinen Bann ziehen und hat den anarchischen Charme in ein anderes Medium überführt.
„Ich möchte dir von all dem erzählen,
aber ich hab Angst, dich zu verlieren.“
Auch wenn dieser Review ein großes Dankeschön an Panini Comics Deutschland vorausgeht, kann dieser zweite Sammelband zum Abschluss der 3. Staffel leider nicht in allen Punkten überzeugen. Und so habe ich mich leider etwas durch DIE BAT-LEGION zwingen müssen.
SCHURKIN SEIN IST NICHT SCHWER, HELDIN DAGEGEN SEHR
In DIE BAT-LEGION wird erneut die Beziehung von Harley und Ivy in den Fokus gerückt. Jedoch ist die konstruierte Kernproblematik so einfach zu lösen, dass ich mehrmals die Augen verdrehen musste. Nach bisher drei Staffeln und dem fantastischen Sammelband HARLEY QUINN – FLITTERWOCHEN UND ANDERE KATASTROPHEN sollten beide Protagonistinnen eigentlich gefestigter im Umgang miteinander sein. Da die Ausrichtung der Serie eindeutig an Erwachsene geht, sind mir die dargelegten Konflikte in DIE BAT-LEGION etwas zu seicht und erinnern an ein Skript eines Teenager-Films.
„Nun kämpfe ich an der Seite von Batmans Bat-Bälgern, und das ist voll schräg.“
Im Grunde möchte Harley in der vorliegenden Geschichte eigentlich auch nur sich selbst finden und sieht in der Bat-Family, angeführt von Batgirl, eine neue Chance sich in Gotham zu etablieren. Das wiederum kann sie ihrer Freundin Ivy allerdings nicht direkt sagen. Denn Harley als Heldin, die mit einer Superschurkin eine Beziehung führt, die Gotham versklaven wollte, funktioniert auch in Harleys Wertekanon nicht. Ein weiterer ungelöster Konflikt ist das Auftreten einer Ex-Freundin von Ivy namens Bella. Ivy möchte aufgrund ihrer vergangenen intimen Beziehung zu Bella auch nicht von dieser sprechen und so gibt es logischerweise Spannungen auf beiden Seiten. Kleiner Spoiler für fast alle Konflikte in realen Beziehungen: Achtsame Kommunikation miteinander ist wichtig. Wer hätte das gedacht?
KEINE STERNSTUNDE IN GOTHAM
Wer die 3. Staffel der Animationsserie HARLEY QUINN verpasst hat, wird auf den ersten Seiten darüber informiert, was in dieser so vorgefallen ist. Das ist aufgrund der extrem textlastigen Exposition schon etwas erschlagend. Als würde man Clayface in eine offene Zentrifuge legen und alle Infos im Umkreis von 12m verteilen wollen. Die Textboxen sind überstrapaziert voll. Das liegt nicht nur an der Aufarbeitung vergangener Ereignisse, sondern auch daran, dass man immer noch einen fetzigen Spruch oder eine Beschimpfung mit einbinden wollte. Diese Vorgehensweise zieht sich bis weit über die Hälfte des Sammelbandes. In einer Comicreihe, die davon lebt, besonders schnell und agil ihre Gags zu präsentieren, hat man sich damit keinen Gefallen getan.
„Verdammt.
Ich wusste nicht, dass ich einen Mumien-Fetisch habe.“
Die ausufernden Dialoge sind teilweise sogar irreführend. Es wird an manchen Stellen über etwas gesprochen, was bisher nicht oder erst auf der nächsten Seite gezeigt wird. Beispielsweise gibt es eine Handynachricht für Harley, wo nicht eindeutig klar ist wer sich da gemeldet hat. Aber die Figuren nehmen Bezug darauf und verlangen damit hellseherische Fähigkeiten. Erst zwei Seiten weiter wird klar wer und warum und wieso überhaupt … !? So etwas sollte eindeutiger gelöst werden können und nicht Anlass zur Verwirrung geben. Das ist einfach nicht gut von Tee Franklin geschrieben worden.
Was ich diesem Comic allerdings wirklich gar nicht verzeihen kann, ist der optische Stilbruch. Shae Beagle versteht sich selbst als kunstschaffende Person, deren Stil mich sofort abgeholt hat. Die großen Augenpartien und die abgerundeten Figuren erinnern stark an die Ästhetik der Serie. Ab Kapitel 3 des Comics übernimmt allerdings Jon Mikel das zeichnerische Ruder und hat mich völlig rausgerissen. Mikels Stil passt für mich leider gar nicht zu diesem Harley-Kosmos. Er wirkt steif, zu dunkel und kraftlos. Dieser Ansatz funktioniert in dieser Welt leider überhaupt nicht. Und somit gibt es einen intensiven Abfall in der Qualität der Präsentation. Versteht mich bitte nicht falsch. Die Kunst von Mikel hat ihre Momente. Gerade in Konfliktsituationen transportiert er gut die Schwere der Entscheidungen. Aber für diese Art von Harley ist sie meiner Meinung nach nicht geeignet. Da wirkt selbst der Kuss einer Traumsequenz zwischen drei weiblichen Charakteren einfach nur verkrampft.
„Na ja, Schluss mit dem Trübsalblasen, Zeit für etwas Essen und Vögeln.“
Leider werden auch die Stärken der Serie kontraproduktiv ausgespielt. Die Panels feiern Diversität in eindrücklicher Weise als Normalität. Das finde ich super. So findet man immer wieder Rollstuhlfahrende, Geheingeschränkte, Ethnien unterschiedlichster Optik, abwechslungsreiche sexuelle Ausrichtungen (die mich eigentlich nichts angehen) und feministische Ansprüche. Diese Herangehensweise liebe ich auf allen Ebenen solange, bis mir eine Person of Color (PoC) präsentiert wird, die eine verschwundene Transfrau darstellt, für deren Verschwinden sich Männer und eigentlich überhaupt „niemand ein Bein ausreißen“ würde.
An dieser Stelle sollte wohl noch einmal ein menschliches Merkmal mehr an das andere gereiht und benannt werden. Das ist äußerst plakativ geschrieben und unnötig in your face. Rassismus, Sexismus, Transfeindlichkeit und Misogynie werden in einem Charakter vereint, benannt und spielen im Laufe der Geschichte dann doch keine weitere Rolle mehr. Der gelungene Diversitätsanspruch als Normalität wird hier gebrochen und an dieser Stelle leider auch negiert. Das war etwas zu viel gewollt und spiegelt sich auch an anderen Stellen wieder. Beispielsweise sind die offenkundig sexistischen Bemerkungen von einer Frau nicht weniger sexistisch, werden hier aber als heroisch emanzipierend dargestellt. Mit der eingestreuten Gesellschaftskritik funktioniert die Satire auch bei Weitem nicht so gut wie im Vorgänger HARLEY QUINN – FLITTERWOCHEN UND ANDERE KATASTROPHEN. (Das ist die vorerst letzte subtile Aufforderung diesen Comic zu lesen.)
Es gäbe noch den Joker als Heiratsvermittler eines homosexuellen Pärchens und die verschenkte Chance liebgewonnene Mitstreiter wie King Shark oder Clayface angemessen in das Geschehen einzuflechten. Immerhin schafft die verlotterte Hauspflanze Frank es wieder zu einigen Lachern. Aber irgendwie will das Ganze nicht zünden. Dieser Band wirkt aufgesetzt und versprüht nicht mehr den unbeschwerten Vibe, den diese Serie für mich legendär gemacht hat.
FAZIT: GAR NICHT MAL SO GUT
HARLEY QUINN – BAT-LEGION ist bedauerlicheweise nicht gut geschrieben, die Optik bricht auf zu vielen Kapiteln mit den angenehmen cartoonesken Lese- und Sehgewohnheiten und stellt Mikels eigenen Stil als befremdlich dar. Ich habe die Seele der Essenz zeitweilig gesehen, aber leider nicht gespürt. Für mich ist dieser Sammelband ein pubertierender Wunschtraum, der seine Reife erst noch erfahren wird. Denn wirklich spannend war hier nichts bis viel zu wenig.
BEWERTUNG
Es gibt von mir lediglich zweieinhalb Bat-Heads für die großartige Diversität, die liebevolle Beziehung zwischen Harley und Ivy und massive Abzüge für das nicht gelungene Writing, die inkonsistente Forderung nach Normalität und die Vernachlässigung liebgewonnener Charaktere, sowie das stellenweise unpassende Artwork. Schade! Die Dynamik zwischen Harley und der Bat-Family (Damian, ich sehe dich!) hätte wirklich mehr verdient. Nichtsdestotrotz bekommt ihr HARLEY QUINN – BAT-LEGION bei eurem Comicladen des Vertrauens und direkt über Panini Comics Deutschland, um euch eine eigene Meinung zu bilden. Nach Staffel 4 erwarte ich deutlich mehr aus der Comic-Abteilung.
2 ½ von 5 Bat-Heads
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