Quo Vadis, Warner Bros. Discovery?

Nach Jahren der Achterbahnfahrt, in denen das DC-Universum mehr durch Schlagzeilen als durch Blockbuster von sich reden machte, sollte die Fusion von Warner Bros. und Discovery (sowie die dann erfolgte Gründung der DC Studios) einen Wendepunkt markieren. Doch so richtige Ruhe gönnt man den DC-Fans nicht. Von Beginn an hielten sich hartnäckige Gerüchte, Zaslav & Co. seien nur auf der Durchreise, um das eigene Haus zu sanieren. Oder will die Führungsebene doch nachhaltig Konzern und Marken stärken? Für mehr Klarheit sehen wir uns die Berichte der letzten Zeit an und versuchen uns an einer Einordnung.

Schon im Oktober letzten Jahres begann die Gerüchteküche zu brodeln. Warner Bros. Discovery (WBD) sollte einschlägigen Berichten zufolge innerhalb der nächsten 2 Jahre schon wieder den Eigentümer wechseln.

©Warner Bros. Discovery

Als wahrscheinlichster Kaufinteressent wurde dabei Comcasts NBCUniversal (u. a. „Jurassic Park“, „Fast & Furious“, Illumination & der Streamingdienst Peakock) ins Feld geführt (wo WBD-CEO David Zaslav übrigens seine Karriere begann). Dass DC und Warner wieder Teil eines Telekommunikationsunternehmens werden könnte, dürfte bei einigen allerdings böse Erinnerungen wachrufen. Noch vor 3 Jahren gehörte Warner Bros. dem offenkundig wenig am Produkt interessierten Konzern AT&T.

Allerdings waren Universal und Warner Bros. die beiden umsatzstärksten Filmstudios im vergangenen Jahr. Da die Federal Trade Comission (entspricht dem deutschen Kartellamt) in den USA traditionell etwas genauer hinsieht, hätten hier wohl vorher eine Menge Hürden genommen werden müssen.

Also flirteten beide Unternehmen recht schnell mit der Konkurrenz und strebten angabegemäß jeder eine mögliche Fusion mit Paramount Global an. Während der Deal mit NBCUniversal wohl einem Aufkauf von WBD entsprochen hätte, wäre bei diesem Zusammenschluss wohl eher Paramount (oder gar deren Mutterkonzern National Amusements Inc.) von Warner geschluckt worden. Denn Warner Bros. Discovery steht aktuell eigentlich ganz gut da. Paramount Global erstickt derweil an seinen Schulden und sucht dringend finanzkräftige Partner oder eben einen Käufer.

Als Hauptmotiv wurde zunächst aber eine Kombination der jeweils hauseigenen Streamingdienste Paramount+ und Max genannt. Das Zuhause der Star Trek-, Transformers- und Mission Impossible-Franchises sowie aller eigenen Inhalte von MTV, Nickelodeon und Comedy Central wäre dann mit Warners Bibliothek verschmolzen. Durch solch einen Schritt hätte man sich natürlich gegenüber der StreamingKonkurrenz wie Netflix ganz anders positionieren können. Daneben hätte man auch auf dem Nachrichtensektor mit CBS (Paramount) und CNN (Teil von WBD) eine weit größere Medienmacht etablieren können; vom Sport mal ganz abgesehen.

An diesem Dienstag nun wurde bekannt, dass sich WBD-Chef Zaslav, nach zunächst ernsteren Fusionsgesprächen im Januar, jetzt vom Verhandlungstisch mit Paramount Global zurückgezogen habe (Comcast war wohl schon zuvor ausgestiegen). Während wenige Analysten glaubten, dass ein Zusammenschluss dieser beiden Unternehmen zumindest im Content- und Streaming-Bereich hätte Vorteile bringen können, waren der Großteil der Experten als auch die Anleger von vornherein wenig begeistert. So stiegen nach der No-Deal-Meldung auch kurz die Kurse beider Unternehmen.

Viel wird das aber nicht bringen. Letzten Freitag fielen die Aktien von Warner Bros. Discovery um ganze 10 %, nachdem das Unternehmen die prognostizierten bzw. angestrebten Einnahmen bzw. Umsätze verfehlt hatte (trotz erreichter Ziele für den Schuldenabbau). Der Aktienkurs ist im vergangenen Jahr um insgesamt 47 % gefallen und näherte sich einem 52-Wochen-Tief (ähnlich wie bei Paramount Global).

Da hilft auch die jüngste Erfolgsmeldung wenig, dass WBD als erster Hollywood-Konzern 2023 einen Jahresgewinn von 103 Millionen im Streamingbereich erzielte. 2022 hatte man in diesem Sektor noch 2,1 Milliarden Dollar verloren.  Mit entsprechend breiter Brust hatte sich CEO David Zasvlav dann auch letzte Woche geäußert:

„Nachdem wir unseren strategischen Plan zur Neupositionierung des Unternehmens umgesetzt haben, stehen wir jetzt auf einer soliden Basis und haben einen klaren Wachstumskurs eingeschlagen. […] Wir haben einen Angriffsplan für 2024, der die Einführung von Max in internationalen Schlüsselmärkten, eine robustere kreative Entwicklung in unseren Film- und Fernsehstudios und weitere Fortschritte bei der Erreichung unserer langfristigen Finanzziele umfasst“.

Was das heißt, muss sich am Ende jeder selbst entnehmen, die internationale Ausweitung des Streamingdienstes dürfte uns hierzulande zumindest kurz die Ohren spitzen lassen.

Ein Variety-Artikel von letzter Woche bietet dann auch noch einen vermeintlich tieferen Blick in den angesprochenen „Angriffsplan“, vor allem im Hinblick auf die hauptsächlich für alle Filme zuständige Tochter Warner Bros. Motion Picture Group. Deren Chefs, Michael De Luca und Pam Abdy, haben zuletzt erst Tom Cruise als Darsteller und Produzent für eine strategische Partnerschaft mit Warner gewinnen können [Off Topic: Welche DC-Figur könnte Tom Cruise wohl spielen?!]. Warner spekuliert angeblich mit solchen Winkelzügen darauf, z. B. einen Quentin Tarantino von Sony Pictures abzuwerben. Doch das könnte teuer werden.

Angeblich sei dies aber genau die Strategie von De Luca und Abdy: hochkarätige Regisseure anlocken, die dann gleichzeitig wieder als Lockmittel für die namhaften Stars fungieren und umgekehrt. So will man die ganz großen Talente möglichst alle unter dem WBD-Logo einen. Dafür sprechen u. a. auch der First Look Deal mit Margot Robbies LuckyChap, die mittlerweile auf 200 Mio. Dollar angewachsene Produktion des zweiten „Joker-Films von Todd Phillips (zur Erinnerung: der erste Teil kostete 60 Mio. $) sowie damit in Zusammenhang stehenden Gehälter von Joaquin Phoenix (20 Mio. $) und Lady Gaga (12 Mio. $).

Dass Warners Studiobosse dabei so großzügig mit Geld um sich werfen, sei von Zaslav selbst wohlwollend abgenickt, wenn nicht gar in Auftrag gegeben worden, zitiert Variety einige Insider. Der Zweck dahinter sei – so sagen Kritiker – das Haus möglichst flächendeckend mit Gold anzumalen, damit man es besonders gewinnbringend verkaufen könne. Andere halten dagegen, dass das Geschäft heute mehr umkämpft und gnadenloser sei als je zuvor und man für hochwertige, einträgliche Filme eben Geld in die Hand nehmen müsse. Ohne große Namen kein Erfolg, laute da die Maxime. Dennoch besteht weiterhin die Gefahr, dass sich Warner hierbei ordentlich verzockt.

©DC Comics | Variant Cover Art by David Finch

Die Aktienkurse beiseite gelassen, wirkt es insgesamt dennoch so, dass sich Warner Bros. seit der Übernahme deutlich stabilisiert hat. Erheblicher Schuldenabbau, erster Multimedia-Konzern mit einem Streaming-Plus, Anwerbung namhaften Personals, erfolgreiche Produktplatzierung und eine straffe Einsparungs- und Steuerpolitik werten das Portfolio des Unternehmens jetzt schon auf. Eine reine Heuschreckentaktik ist hier also kaum zu vermuten. David Zaslav hat Warner Bros. Discovery schon jetzt neu und teilweise strategisch günstiger positioniert, sucht nach weiteren dahingehenden Möglichkeiten und hat somit offenbar wirklich vor, das Unternehmen langfristig profitabel und wettbewerbsfähig zu halten.

Allein die Motivation dahinter ist nicht klar. Selbststärkung, Erfolgsmeldungen, Expansion und Fusionen können den Konzern in einem sich ständig und aggressiv verändernden Markt lange unabhängig und konkurrenzfähig halten. Das alles können aber auch Strategien sein, um sich für potenzielle Käufer möglichst attraktiv zu machen.

Sehr wahrscheinlich werden wir spätestens im April schlauer sein. Dann läuft die zweijährige Sperrfrist ab, die 2022 Teil der Fusionsvereinbarung von WarnerMedia und Discovery war. Jetzt, wo sich WBD nicht unnötig mit Paramount den Bauch vollgefressen hat, könnte das Unternehmen ja seine Reize doch wieder bei NBCUniversal spielen lassen. Wir werden sehen, ob und wie sich eine mögliche neue Verbindung auf die erst kürzlich gegründeten DC Studios und ihren aktuellen 10-Jahres-Plan auswirken könnte.

Übrigens: Bevor wir gemeinschaftlich wieder in die gelernte Lethargie gebeutelter DC-Fans fallen, sei noch gesagt, dass sich sowohl auf dem Streaming-Markt als auch in Hollywood in den letzten Jahren sehr viel in sehr kurzer Zeit bewegt hat. Das Erstarken des Gaming-Bereichs sowie der Social-Media-Plattformen, das Aufkommen von Content-Streaming, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie als auch die Autoren-Streiks haben jedes der im Wettbewerb befindlichen Unternehmen getroffen.
Bleiben wir bei den Superhelden, brauchen wir nur einen Blick auf die andere Seite zu Marvel zu werfen. Konzernmutter Disney wird gern wiederholt als attraktives Fusionsobjekt betrachtet und schon seit 2017 hat man vor allem Apple als bestmögliches Match ausgemacht. Immer wieder konnte sich Disney davon freiklopfen, bis letztes Jahr erneut ein ernstzunehmender Verdacht in diese Richtung aufkam. Bisher wurde das Maus-Haus kartellrechtlich als viel zu groß für solche eine Verbindung eingeschätzt. Doch seit Disney-CEO (sowie ehemaliges Vorstandsmitglied von Apple und einstiger Freund von Steve Jobs) Bob Iger im letzten Jahr damit angefangen hat, laut über die Verschlankung des Konzerns nachzudenken, indem man einerseits die TV-Sparte ausgliedert und andererseits Kosten und Programm reduziert, sind die Gerüchte wieder lauter geworden; abgesehen davon, dass beide Firmen schon einige Partnerschaften miteinander eingegangen sind und Iger selbst sehr gern mit einer Übernahme durch Apple kokettiert.

Wie auch immer es kommen wird, also auch, wenn Apple erst Warner und dann Disney kauft, sodass wir endlich Wolverine gegen Lobo als Live Action-Film bekommen…wir bleiben für euch dran.

™/®Marvel Comics | ™/®Apple Inc. | ™/®DC Comics

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Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

2 Kommentare

  1. Comicheld sagt:

    Mir fehlt ein bisschen das Fachwissen um da inhaltlich groß etwas zu sagen, aber dennoch möchte ich das hier nicht unkommentiert lassen:

    Danke für die umfassende Ausarbeitung, lieber Marian 🙂

    7
    • Avatar-Foto Marian sagt:

      Dankeschön. 😊 Wir hoffen, diese Sachverhalte auf diese Art etwas verständlicher an die Leserschaft weitergeben zu können.

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