Review: „Justice League – Crisis on Infinite Earths, Part One“

„Crisis on Infinite Earths“ zählt heutzutage nicht nur zu einem der bedeutendsten Crossover-Events, sondern auch zu einem der einschneidensten im gesamten Comic-Bereich. 2024 setzt DC den Comic in einem dreiteiligen Animationsfilm um. Doch wird der erste Teil dieser Umsetzung seiner Vorlage gerecht?

„Am Anfang war nur dies – eine einzige, schwarze Unendlichkeit…
so kalt und dunkel für so lange Zeit…
dass selbst das strahlendste Licht nicht mehr wahrnehmbar war.
Doch das Licht wuchs, und die Unendlichkeit erschauerte…
und endlich… schrie die Dunkelheit auf… in Schmerzen wie in Erleichterung.
Denn in jenem Moment wurde ein Multiversum geboren.
[…] Das war einst.

Dies ist der Planet Erde… und kaum haben wir das Schicksal dieser Welt verstanden,
muss sie auch schon sterben!“

So begann im April des Jahres 1985 die Krise, die alles verändern sollte. Marv Wolfman und George Pérez schufen die zwölfteilige Vorlage, dessen animierte Umsetzung als dreiteiliges Event 2024 ebenfalls das Ende des sog. „Tomorrowverses“ darstellen soll. Das Tomorrowverse wurde erst 2020 mit dem Animationsfilm „Superman: Man of Tomorrow“ als Nachfolger des DC Animated Movie Universums gestartet. Infolge des Kurswechsels bei DC Studios wird diese Animationsreihe mit dem dritten Teil der Krise und mit dann insgesamt zehn Filmen den Platz für das neue DCU räumen.

Da die vorherigen Filme für mich mehr Miss als Hit waren, war ich skeptisch, ob eine gescheite Umsetzung des umfangreichen Ursprungsmaterials zu erwarten ist. Die Skepsis wuchs mit der Erinnerung an vorherige Comicumsetzungen, die mal mehr (TDKR), mal weniger (Hush) „pfleglich“ mit den Vorlagen umgegangen sind. Wie groß sind die kreativen Freiheiten, die sich das Studio im Rahmen der Umsetzung nimmt? Wie bettet sich die Krise in die bisherige Animationsreihe ein? Wie gut ist der Animationsstil im Vergleich zu den vorherigen Filmen? Und wieviel Vorfreude kann der erste Teil auf den weiteren Fortgang der Geschichte mit zwei Fortsetzungen machen?

Das Multiversum wird von einer Macht angegriffen, die Millarden von Leben auslöschen könnte: dem Anti-Monitor. Eine Parallelwelt nach der anderen verschwindet in einer Welle von Antimaterie. Der Monitor versucht, Helden aus dem gesamten Multiversum zu rekrutieren, um sich zu wehren und die Krise abzuwenden. Welten werden sterben. Welten werden überleben. Das Universum wird sich für immer verändern!

Einen guten Eindruck von der grundsätzlichen Story vermittelt der Trailer:

Nach einem gelungenen Intro beginnt der Film mit Barry Allen, der in einem zerstörten Labor aufwacht, während er von einer nicht näher erkennbaren Figur besucht wird. Nach dem er sich erholt hat, möchte der ausgehungerte Barry eine Mahlzeit zu sich nehmen. Im Diner wird er von einer Kellnerin namens Iris bedient. Nach einer gekonnten Rettung der Mahlzeit kommen sich die beider näher, bis Barry von einem gebeutelt aussehenden älteren Mann angesprochen wird – Speedforce Unterbrechung – Barry ist als Flash auf einmal in Metroplis, während der Android Amazo angreift. Flash wird von Superman gerettet. Während einer kurzen Lagebesprechung erkennt Barry die Gefahr, als ob er Amazo bereits begegnet wäre. Beide sind dem übermächtigen Gegner nicht gewachsen, bis sie von einem in grün gekleideten Held à la Robin Hood gerettet werden. Der schwer angeschlagene Superman benötigt dringend Hilfe, sodass das Trio auf Clarks Bitten hin Hilfe bei Bruce Wayne sucht. Bruce kennt (natürlich) die Geheimidentitäten der Störer, während Barry und Oliver nicht wirklich wissen, warum sie am Wayne Manor sind. – Speedforce Unterbrechung –

Wer sich jetzt fragt, was das alles mit „Crisis on Infinite Earths“ zu tun hat, dem sei versichert, dass die Frage absolut berechtigt ist. Kenner der Vorlage werden bemerken haben, dass der Comic vollkommen anders und wesentlich einschneidender mit der Vernichtung verschiedener Erden beginnt. Pariah wird hierbei gezwungen, den Untergang jeder Welt mitanzusehen. Von Auslöschung oder stillen Beobachtern ist am Anfang des Films nicht wirklich was zu spüren, bis Barry nach dem nächsten Zeitsprung bei einem Spaziergang mit Iris von dem Obdachlosen mit Weltuntergangsphantasien konfrontiert wird. Auf die Frage, welche Erde denn genau enden würde, antwortet der Obdachlose ALLE und schickt Barry auf die nächste ungewollte Reise.

©Warner Bros. Entertainment

Von dort aus werden wir als Zuschauende weiter auf eine verschachtelte Reise mit dem Flash als Hauptprotagonisten des Films mitgenommen, während er offenbar planlos wichtige Stationen seines Lebens und der anderen DC-Charaktere der Justice League oder anderer Erden ansteuert bzw. unfreiwillig ansteuern muss. Immer wieder stellt sich heraus, dass Barry der Dreh- und Angelpunkt vieler wichtiger Ereignisse bzw. Entscheidungen ist. Das schafft für mich ein gutes Verständnis für diesen Flash und trotz der nur eineinhalbstündigen Filmlänge eine Bindung mit der Figur.

Apropos Figuren… Das Voice Casting ist extrem gut. Insbesondere Matt Bomer (u.a. Doom Patrol) macht einen fantastischen Job als The Flash. Aber auch die anderen Synchronsprecher machen ihren Job toll. Die Interaktionen zwischen den Figuren sind gut geschrieben. Vor allem die Interaktion mit Green Arrow als „Comic Relief“ hat mir viel Spaß bereitet. Selbst Batman hat einige sehr mürrische, selbstironische und lustige Kommentare zu bieten. Klarer Nachteil ist selbstverständlich die Unternehmenspolitik, den Film bislang nicht auf Deutsch, sondern nur mit deutschen Untertiteln zu veröffentlichen. Aber hier geht es um den Film selbst, also blende ich das aus.

Negativ, wenn man das so formulieren möchte, dürfte einzig ins Gewicht fallen, dass der Titel und der Trailer im Grunde genommen eine kleine Mogelpackung darstellen. Wer nämlich eine comicgetreue Umsetzung erwartet, der wird mit Part 1 enttäuscht. Erst in der zweiten Hälfte des Films werden durch die Auftritte von Harbinger oder dem Monitor einzelne Versatzstücke aus „Crisis“ in die Geschichte eingeflochten. Das stört mich persönlich aber gar nicht, da die kreativen Entscheidung hier voll auf die Geschichte einzahlen. Auch die Entscheidungen hinsichtlich der (Um-)Besetzung zentraler Figuren ist interessant und im Kontext des Films bzw. des bisherigen „Tomorrowverses“ stimmig. Es gibt viele Referenzen und Verweise auf Ereignisse vorangegangener Filme der Reihe, sodass sich dieser Film sehr organisch in dieses Universum eingliedert. Spannend ist aus meiner Sicht, wie weiter mit den Figuren im Vergleich zum Ursprungsmaterial umgegangen wird. Dies kann aber erst mit Teil 2 und 3 beantwortet werden.

Ich kann kaum glauben, dass ich das schreibe, aber dieser Film macht so viel Freude, dass das Jahr 2024 nicht besser aus DC-Sicht hätte losgehen können. Es ist nicht der Film, den ich erwartet habe, wenn ich einen „Crisis on Infinite Earths“-Film anmache. Aber es ist der Film, den die Figur Flash endlich verdient hat.

Ich kann natürlich etwaige Kritiken nachvollziehen. Wer keine englische Filme guckt, ist hier leider dank fehlender deutscher Synchro raus. Wer nix mit dem Animationsstil des Tommowverses anfangen kann, dem kann ich nur sagen, dass merklich ein Paar mehr Dollar in das Budget für den Film geflossen sind. Reicht das aber, um mit anderen Hochglanzanimationen der Konkurrenz mitzuhalten? Auf keinen Fall! Der Film hat zudem eine langsame Erzählweise, die nicht jeden Zuschauenden ansprechen dürfte.

Aber wer dem Film eine Chance gibt, den erwartet eine fantastische Flash-Geschichte mit viel Herz. Und das ist Barry schließlich. Ich meine, es war Geoff Johns, der einst sagte, Flash sei das Herz der Justice League. Wem die Figur aufgrund von Comics oder sogar der CW-Serie (wie mir) am Herzen liegt, der wird hier voll auf seine Kosten kommen. Dieser Film beweist Geoff Johns‘ These mit einer toll erzählten Liebesgeschichte, die über Zeit und Raum geht und die in einem der größten Crossovers eingebettet ist. Oder wie Iris es formuliert: „Du warst immer pünktlich, wenn ich dich brauchte.“ Und nach 2023 habe ich genau diesen Film gebraucht. Mit dem Gespür für die Charaktere und einer guten Prise Humor kann der Film sowohl für sich alleine stehen; mit der Überleitung zu Part Two macht der erste Teil aber auch richtig Lust die Fortsetzungen in der Hoffnung, dass das Niveau gehalten werden kann. Könnte ich nur durch die Zeit reisen wie Flash… Aber bis zum Release bleibt nur noch eins zu sagen: „Run, Barry, Run!


4 von 5 Batheads

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Batmanfan seit der Animated Series und neuster Zuwachs im Autorenteam bei Batmannews.de.

4 Kommentare

  1. Avatar-Foto Marian sagt:

    Sehr schöne Review, danke. Auch wenn das jetzt bedeutet, dass ich mir den Film nun auch noch ansehen muss ;). Muss ich zwingend Filme aus dem Tomorrowverse gesehen haben, um hier alles zu verstehen?

  2. Namtab sagt:

    Danke für die Film-Kritik!
    Mir hat der Film auch sehr gut gefallen. Trotzdem sind mir einige Dinge, die im Film passieren, äußerst unklar. Gibt es denn irgendwo eine gescheite Analyse zum Film? Bislang habe ich nichts finden können.
    Es gibt übrigens schon einen Teaser für Part 2!

  3. Matchesmalone sagt:

    Hab mir den Film nach dem Review jetzt auch mal angesehen und versuch es mal ohne Spoiler. Leider gefällt er mir nicht wirklich gut.

    Ich hole mal aus: Ich habe die Orginal Crisis zwar nicht gelesen aber ich kann mich nie davor schützen die Umsetzungen der DC Animated Movies mit den m.M. genialen Storys aus der Batman und Superman TAS und Justice League Unlimited Ära zu vergleichen. Für mich war daher das alte DCUAOM (DC Universe Animated Original Movies… fürchterlicher Zungenbrecher^^) schon ein Downgrade davon, hat sich mit Filmen von Justice League: Wars bis Apokolips War aber immerhin noch Zeit genommen die Figuren einigermaßen kohärent einzuführen, sodass ich mit ihnen warm wurde. Das hat dann auch zumindest dazu geführt, dass es von Bedeutung war, wenn dieser oder jenen Figur etwas zustieß (konnte aber trotzdem nicht mit den großen JL Momenten vergangener Zeit mithalten. Z.B. Der Kampf gegen Brainiac/Luthor in „Divided We Fall“ am Ende der Cadmus-Storyline). Skeptisch war ich daher schon als dieses Tomorrowverse mit dem neuen Artstyle eingeführt wurde. Obwohl es nice war, dass auch Lobo mal wieder zu sehen war.

    Den Tiefpunkt hat das Tomorrowverse m.M. mit Justice League: Warworld erreicht. So schlimm ist Crisis Part 1 zum Glück nicht. Was aber bleibt ist für mich ein vermurkstes Pacing der Story, dass zumindest in Bezug auf den Flash in der zweiten Hälfte des Films etwas besser wird. Die Erzählung in der ersten Hälfte erinnert aber irgendwie an eine Aneinanderkettung von Tic Toc Reels. Ich habe schon ähnliche Zeitreise/Parallelweltkonzepte gesehen, die besser funktioniert haben, weil sie vorab mehr Grundlagen geschaffen haben, sich auf solche Sprünge einzulassen. Hier werden viele Ereignisse und Figuren, die m.M. ihre eigene Geschichte oder zumindest mehr Raum benötigt hätten, viel zu abrupt eingeführt sodass ich kaum eine Bindung zu ihnen aufbauen konnte. Da hilft auch nicht, dass man die Figuren ja schon aus anderen Kontexten kennt – Für den Plot sind es so meist Randerscheinungen. Das hier ist nämlich eher eine Flashgeschichte. Man wird zwar „belohnt“ wenn man die anderen Tomorrowverse Filmchen gesehen hat, wenn einem die aber auch schon nicht gefallen haben ist der „Aha-Effekt“ eher lau. Andere Figuren/Antagonisten kennt man schon von Solomovies aus der DCUAOM Zeit, sind hier aber austauschbare Wegwerfcharakter, die sich zudem wirklich dämlich verhalten. Da hält sich dann auch mein Bedauern in Grenzen wenn sie das zeitlich segnen.

    Die Dialoge fand ich außerhalb einiger guter Momente von Flash und Iris auch leider ziemlich dürftig. Da sagt dann ein bekannter Charakter tatsächlich: „Intelligence is MY superpower!“… 😀 Die Vertonung ist diesmal besser als in den Tomorrowverse Filmen davor. Am Anfang gibt es zwar wieder ein paar mal diese merkwürdigen Situationen, wo zwei oder mehr Figuren miteinander sprechen, nur die Stimmen zu hören sind und komische Redepausen entstehen. Aber zum einen kommt das im späteren Verlauf weniger vor und zum anderen vergessen sie diesmal wenigstens die musikalische Untermalung nicht. Leider hat die Musik aber auch keinen Wiedererkennungswert, da das Tomorrowverse keine Themes hat.

    Absolut Subjektiv: Aber der Artstyle funktioniert für mich einfach nicht. Es sieht alles sehr nüchtern und wenig nach bombastischer Superhero Action aus. Jetzt, wo sich durch Spiderverse zeigt, dass auch westliche Animationsfilme, die sich künstlerisch mal was trauen und vom Einheitsbrei abweichen, abgefeiert werden, ist das in meinen Augen einfach nicht mehr genug. Die Animationen gefallen mir zwar besser als in einigen der Vorgängerfilmen aber hier kann ich mich auch nicht davor schützen, das Gesehene mit Batman: The Mask of the Phantasm (1993) oder den großartigen Clayface Folgen von Batman: TAS (1992) zu vergleichen.

    Naja obwohl das jetzt negativ klingt kann ich auch verstehen wenn man sich gerade als Flash Fan über den Film freut. Ich werde mir auch die anderen Teile ansehen und dann nochmal schauen ob es mir als Gesamtwerk besser gefällt. Vorher werde ich aber die Crisis Comics lesen.

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