Review: „ONE BAD DAY – RIDDLER“

Warum ist es so schwer eine gute Riddler-Story zu schreiben? Tom King gibt uns unfreiwillig gleich mehrere Antworten auf diese Frage.

Enthaltene Titel:
Batman – One Bad Day: The Riddler

Autor*in: Tom King
Künstler*in: Mitch Gerads

Verlag: Panini
Seiten: ca. 76
Hardcover: 18,00 €
Variantcover: 23,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte

Erschienen am 21.02.2023

©Panini Comics Deutschland

Im Mai letzten Jahres berichteten wir von den geplanten DC Comics-Veröffentlichungen unter dem Titel ONE BAD DAY. Die Geschichten sollten bekannte Figuren in den Fokus rücken und eine neue Origin thematisieren, die, von der Kontinuität losgelöst, eine spannende Neuinterpretation versprachen. Bevor es mit Two-Face, Pinguin, Catwoman und anderen weitergeht, macht die Story um den Riddler den Anfang.

Wir bedanken uns vielmals bei Panini Comics Deutschland für das vorliegende Rezensionsexemplar, welches im Hardcover mit Übergröße eine wirklich beeindruckende Figur macht. Leider soll es dabei auch bleiben. Denn neben dem tollen Erscheinungsbild bleibt der Inhalt erschreckend fade.

ZUR FIGUR DES RIDDLERS

Wenn der Name Riddler fällt sollte bei jedem Batman-Fan eine gewisse Art von Ehrfurcht Einzug halten. Ob man sich nun zeitintensiv spielerisch in den Arkham Games von Rocksteady mit den mehr oder weniger cleveren Fallen und Logikrätseln gemessen hat, man der langen Historie des BatCast-Psychogramms des Riddlers folgt, jüngst auf der großen Leinwand mit THE BATMAN eine Neuinterpretation der Figur erleben konnte oder auch der unerbittlichen Analyse der Filmmotive im aktuellen Revisited BatCast lauscht, wird zu der Erkenntnis kommen, dass Edward Nigma alias Riddler mehr ist als die Summe seiner Rätsel. Und dennoch ist diese Art seiner Herausforderungen stets unverkennbares Stilmittel seines narzisstischen Selbstbildes, was die interessierte Leserschaft und auch die Autor*innen von Comics zu begeistern weiß.

©Panini Comics Deutschland

Tom King bricht erneut solche Erwartungshaltungen. Und auch wenn ich mich persönlich damit rühme, besonders offen für Neuausrichtungen und -interpretationen zu sein, komme auch ich hier an meine Grenzen. King hat mit MR. MIRACLE ein fantastisches Stück Comicgeschichte geschrieben und konnte auch zu weiten Teilen mit HEROES IN CRISIS punkten. Vor nicht allzu langer Zeit hat er seinen Namen auch durch SUPERGIRL – DIE FRAU VON MORGEN wieder positiv ins Gespräch gebracht.

„Ich will da so ne
Ein-Mieser-Tag-Nummer
durchziehen, aber wo soll man anfangen?“

Dann gab es ja noch den JOKER/RIDDLER-KRIEG aus Tom Kings Schreibfeder, der mich trotz aller Umstände eher an Geoff Johns‘ ausgesprochen gute Hand einer Riddler-Interpretation aus dem ERDE EINS-Run erinnerte. Man sollte dem Autoren King also zutrauen dürfen, mit einer eigenen Riddler-Story nicht völlig daneben zu greifen. Und dennoch ist genau das geschehen … King erzählt hier alles, nur keine Riddler-Geschichte und vergisst dabei sogar erneut die Figur Batman angemessen zu portraitieren.

©Panini Comics Deutschland

Im BatCast #154 wird treffend (52:46min) nochmal festgestellt, dass ein guter Riddler nur so clever sein kann wie dessen Autor*innen. Ohne Tom King etwas unterstellen zu können, verzichtet er von vornherein  – rein faktisch – auf diesen Aspekt und versucht stumpfe Gewalt als neuen Modus Operandi von Edward zu etablieren und als spannend zu verkaufen. Der Riddler erschießt vor einer Überwachungskamera auf offener Straße einen Mann. That’s it: Kein Rätsel, keine Apparaturen – „nur” ein Mord. Das funktioniert genau fünf Seiten lang. Danach beginnt eine Demontage jeglicher Nachvollziehbarkeit.

RIDDLE ME THIS!

Was ist das? Es geht auf und ab, vor und zurück, bewegt sich aber nie vollständig fort. Die richtige Antwort findet ihr eventuell in der Kommentarspalte dieser Review. Eine weitere Antwortmöglichkeit wäre die hier vorliegende Geschichte selbst. Auch wenn die Vergangenheit von Edward in fantastischen Bildern illustriert wird, will sie zu keiner Zeit so recht in die Gegenwartsgeschichte passen. Die Vergangenheitsebene ist deutlich spannender und auch bedrohlicher geschrieben als der eigentliche Handlungsfaden, der uns zur vermeintlichen Enthüllung des Mordmotives führen soll.

„Ich fragte, bist du der Sohn einer Hure?!“

Die Figur des Riddlers verliert mit jeder weiteren Seite an Profil, obwohl dessen Vergangenheit durchaus für sein Alter Ego herhalten könnte. Es erklärt uns jedoch nie den eindeutigen Zusammenhang des Hier und Jetzt, sondern zeichnet scheinbar den Werdegang einer völlig anderen Figur. Dabei bleibt Tom King sich selbst treu und schreibt stilsicher gelungene Dialoge, die er zu hauchen scheint, damit die zu erwartenden Gewaltspitzen besonders intensiv in den Panels wirken können. Dabei stützt er sich aber zu oft  auf das, was er nicht zeigt: Stimmige Zusammenhänge. Und somit verkommt der spannende Ansatz, aufgrund völlig schlecht konstruierter Umstände, zu zwei nebeneinander herlaufenden Erzählsträngen.

Das Gezeigte ist dabei so unterschiedlich im Aufbau, dass es hier zu keiner Zeit um den Riddler als Täter und Opfer seiner eigenen krankhaften Neigungen geht. Tom King scheint es vielmehr darum zu gehen, uns Originalität vorzugaukeln: Originell weil anders. Dabei ist ihm nicht aufgefallen, wie austauschbar sein namhafter Widersacher unter seiner Führung geworden ist. 

„Ich lass ihn nicht fesseln oder so. […]
Das ist nicht der Mann, den wir kennen.“

Während ich dem traumatisierten und unter Missbrauch leidenden jungen Edward dabei zusehe, wie sich die Eskalationsschlinge immer enger um seinen Hals zieht, bin ich gleichermaßen gezwungen immer wieder dabei zuzusehen, wie Batman in einer völlig unklaren Selbstverständlichkeit der schlechteste Detektiv der Welt ist.

Es wird keine falsche Fährte ausgelassen, kein Mord verhindert und selbst am Ende kein befriedigender Masterplan vom Helden enthüllt. Zum Teil ist es sogar unangenehm den Geschehnissen zu folgen, weil das Vorgehen von Batman als unnötig untätig gezeichnet wird. Damit bekommen Interessierte weder eine schmackhafte Riddler-Geschichte noch einen souveränen Batman-Auftritt präsentiert.

FAZIT: FALSCHER TITEL AUF DEM COVER

Ich habe beim Bestaunen der Bilder leider nicht darüber hinwegsehen können, wie sehr sich die Figuren wie Fremdkörper angefühlt haben. Das Ganze als Anlehnung des Klassikers THE KILLING JOKE zu vermarkten, halte ich für hochgradig diskutabel. Dafür möchten alle konstruierten Narrative einfach nicht zünden, weil sie nicht nur zu weit weg vom Ursprungsmaterial sind, sondern auch miteinander nicht stimmig verschmelzen. Die leere, aber hartnäckige Behauptung, es handle sich trotz allem um den Riddler, verpufft spätestens mit der Darstellung des untätigen Batman.

©Panini Comics Deutschland

Als Start der ONE BAD DAY-Reihe ist dieser deutlich hinter meinen Erwartungen geblieben. Für einen späteren Klassiker ist das Ganze hier zu unrund und nicht mal mit einer Erkenntnis für die Leserschaft ausgestattet. Ikonische Szenen lassen sich leider ebenfalls vermissen. Im Grunde hätte dies eine Origin-Story für eine ganz andere Figur sein können und hätte dadurch auch einen komplett anderen Impact bekommen.

BEWERTUNG

Mitch Gerards durfte ein unorganisches Machwerk bebildern, dem ich zwei Bat-Heads gebe. Einen für die gelungene Illustration und einen für die (immerhin) interessante Vergangenheitsgeschichte des jungen Edward, die aber keinen Meter zur Charakterzeichnung des Riddlers geführt hat. Es ist nicht förderlich, eine Geschichte über eine Figur schreiben zu wollen und sie plump jeglicher markanter Attribute zu berauben.

Tom Kings mühsamer Start der Reihe ist noch bei Panini oder eurem Comicladen des Vertrauens zu haben. Ich hoffe, dass sich die kommenden Ausgaben stimmiger gestalten. Denn ich möchte nicht noch einmal auf den Gedanken kommen, dass Jim Carreys Darstellung des Riddlers in BATMAN FOREVER auf mich beruhigend wirken könnte. Als nächstes steht dann Two-Face unter der talentierten Feder von Mariko Tamaki im Fokus. Da kann ja eigentlich nicht so viel schief gehen … oder?


2 von 5 Bat-Heads

Variantcover©Panini Comics Deutschland

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

15 Kommentare

  1. Avatar-Foto Marian sagt:

    Volle Zustimmung!

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  2. Hes.got.issues sagt:

    Sehr schön geschriebene Review. Spiegelt meine Meinung zu 95% wieder.
    Bin froh, dass es eine deutschsprachige Review gibt, die den Comic so einschätzt.

    Danke

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  3. Timothy sagt:

    Dann bleibt uns nur noch abzuwarten, wie sich Paul Dano’s „Riddler Year One“ schlagen wird!
    ???

    • Domi sagt:

      Darauf warte ich schon wie blöd. Müsste im Dezember rauskommen.

      Schade, das „Before the Batman“ nicht auf deutsch rauskommt. :,(

  4. TMM sagt:

    Seit dem Finale zu seinem Batman-Run kann man Tom King sowieso getrost das Klo runterspülen…..

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  5. Avatar-Foto Visual Noise sagt:

    Die Review hat ein Rätsel versteckt.

    „Was ist das? Es geht auf und ab, vor und zurück, bewegt sich aber nie vollständig fort.“

    Clevere Antworten sollten belohnt werden!?

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    • Wiesslo sagt:

      Ich nach nem 4:0 im Derby bei dem ich 2 Buden gemacht habe in der örtlichen Disco

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    • Avatar-Foto Visual Noise sagt:

      Also ich habe bei dem Rätsel an eine TREPPE gedacht. Aber ich finde die Vorschläge wirklich sehr kreativ und es gäbe bestimmt noch mehr Möglichkeiten. Ich küsse eure Augen. ?

  6. Lassulus sagt:

    ne Uhr

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  7. Avatar-Foto Marian sagt:

    Ich bleibe bei „Schaukel“

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  8. TMM sagt:

    Aufgrund dieser vernichtender Kritik, habe ich das Lesen dieses Bandes vorgezogen und bin gerade damit durch. Kann den Kritikpunkten hier in keinermei Hinsicht zustimmen. Dachte mir sogar, endlich mal wieder was Vernünftiges von King, nach dem er zuletzt nur Müll von sich gegeben hat.

    Muss aber auch generell sagen, dass ich hier mit kaum einer Kritik einer Meinung bin.

    • Avatar-Foto Marian sagt:

      Das kann ja auch eine Richtschnur sein. 🙂

      Im Zuge dessen „empfehle“ ich dir „Batman: Die Festung“. Das fand ich schon im Original so herausragend dumm, dass wir darauf verzichtet haben, das für unsere Seite nochmal auf Deutsch zu reviewen.

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      • Avatar-Foto Marian sagt:

        Und als ernsthafter Vorschlag noch „Batman: Killing Time“, auch von Tom King. Das läuft gerade in der aktuellen Batman-Reihe auf Deutsch vor dem Zdarsky-Run. Großartiger Start in der ersten Nummer und dann nur selbstgefälliges Blabla von stereotypen Figuren, die man genausogut austauschen kann. Meiner Meinung nach hatte das viel vom OBD-Riddler.

      • TMM sagt:

        Ich bin aktuell sehe vorsichtig mit den Batmancomics, auch bei Riddler OBD habe ich erst gar nicht gesehen, dass King hier der Autor ist. Aufgrund der aktuellen Woke/Genderbewegung, die selbst vor Comics keinen Halt macht (siehe SQ von Tom Taylor die beiden Bänder), kaufe ich nicht mehr alles durch die Bank durch wie vorher.

        Nett von dir mir Scheisse zu empfehlen hahahahahahaha Muss mal schauen, hab noch andere Comics auf meiner Liste^^

      • Avatar-Foto Marian sagt:

        Ja, ja ?

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