Tom Taylor verabschiedet sich mit einem Finale über mächtige Götter und sterbende Welten von seiner Zombie-Virus-Reihe.

©Panini Comics Deutschland

Es ist soweit. Die von Tom Taylor geschaffene Elseworld-Story um einen Virus, welcher aus der Anti-Lebens-Formel entstanden ist, soll im deutschsprachigen Raum mit dem fünften Sammelband sein Ende finden. Die Virus-Reihe, die unter dem Sublabel DC-HORROR läuft, beschäftigt mich nun schon seit 2020 und ist mir dennoch so präsent wie damals zum blutigen ersten Teil. Freundlicherweise hat uns Panini Comics Deutschland ein infektionsfreies Rezensionsexemplar zukommen lassen. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

Die anfängliche beklemmende Stimmung der ersten beiden Teile wurde spätestens mit Teil drei so weit geöffnet, dass sich die komplette Tonalität verändert hat. Es ging zunehmend nicht mehr um geliebte Figuren, ihr Ableben und deren Beziehungen zueinander. Die Virus-Bedrohung expandierte rasch zu einem multidimensionalen Herrschaftskrieg, der nun seinen absoluten Höhepunkt erreichen wird.

Alle bisherigen Geschichten bauen zwar aufeinander auf, sind aber auch alleinstehend genießbar. Jeder Band hat eine grobe Zusammenfassung als Klappentext, die noch einmal klarstellt, welche großen Namen der Heldenriege der Virus bereits vernichtet hat, welche okkupiert wurden und wie schlimm es diesmal insgesamt ist. Aber auch die ersten Seiten des Comics setzen euch meist noch einmal darüber in Kenntnis, wie ihr die vergangenen Geschehnisse einzuordnen habt. Die Comic-Reviews auf Batmannews.de zu allen anderen Teilen findet ihr hier:

Mit KRIEG DER ZOMBIE-GÖTTER soll noch einmal ein ganz anderer Ton angeschlagen werden. Stellvertretend dafür steht Darkseid auf dem Cover. Sein Bestreben aus DER ZOMBIE-VIRUS führte überhaupt erst zu dieser Katastrophe mit all seinen Opfern. Nun wird endlich Darkseids Schicksal und das seiner göttlichen Spezies gezeigt. Und das sieht wirklich nicht gut aus.

Wenn ihr bisher noch gar keinen der bisher erschienenen Sammelbände gelesen habt, wird es folgend zu Spoilern für diese kommen. Die ganz großen Überraschungen für KRIEG DER ZOMBIE-GÖTTER verschweige ich allerdings genauso gekonnt wie die Namen derjenigen, die im vorliegenden Band ihr Leben lassen müssen.

DAS LANGERSEHNTE HEILMITTEL EXISTIERT

Die letzten heldenhaften Charaktere haben tatsächlich ein Heilmittel herstellen können. Damit haben sie endlich eine theoretische Chance die Ausbreitung des Anti-Lebens-Virus einzudämmen und damit bereits infizierte (ehemalige) Verbündete zurückzugewinnen. Wie man allerdings das Heilmittel massenhaft produzieren kann oder Millionen von Lebewesen eine Injektion verabreichen soll, bleibt ungeklärt.

Im Kampf gegen die mutierte Übermacht möchte man zuerst einen der stärksten DC-Helden heilen, um auch seine geschwächten Fronten wieder moralisch stützen zu können. Superman hat sich als Infizierter in die Sonne begeben, um dort direkt von ihrer Energie zu speisen. Damit steigert der Kryptonier seine Kräfte ins Unermessliche und steht damit mächtiger als jemals zuvor im Dienst der Anti-Lebens-Formel. Da es Supermans Sohn Jonathan ist, der das Vorhaben leiten soll, entsteht eine familiäre Anspannung, die so manche Schwierigkeit mit sich bringen könnte.

„Die Anti-Lebens-Formel
machte aus ihr die Antithese von allem,
wofür sie gestanden hatte.“

Nach dem extrem guten Einstieg in diese Reihe merkt man, dass der Idee des Anti-Lebens-Virus so langsam die Luft ausgeht. Die Bedrohung wurde immer wieder erweitert und das Schlachtfeld besteht nun bereits aus verschiedenen Galaxien. Ja, es sterben immer mal wieder Kernfiguren, aber es kommen durch die thematische Erweiterung auch immer wieder neue dazu. Die Intensität der Verluste leidet darunter sehr.

UNVORSTELLBARE GRÖSSEN

Ich habe mich sehr auf die infizierten Gottheiten gefreut. Die New Gods sind für mich epische Wesen zu denen man ehrfürchtig aufschaut. Und dennoch schafften es in der Vergangenheit zum Beispiel Figuren wie Big Barda und Mr. Miracle mich davon zu überzeugen, dass sie auch ganz normale weltliche Probleme zu bewältigen versuchen. Im vorliegenden Comic werden Beziehungskonflikte jedoch nur angedeutet, weil sich Taylor nicht genügend Zeit nimmt, bestimmte Aspekte voll auszuspielen. Dafür hat er sich einfach zu viele Figuren zurecht gelegt und kann diese neben der gewollten Action nicht ausreichend emotional belasten. Aber er versucht es immer mal wieder.

Da sich die Geschichte aber nicht mehr intensiv mit der inneren Dramatik seiner Charaktere auseinanderzusetzen versucht, zeigen sich die Abnutzungserscheinungen der Anti-Lebens-Virus-Thematik sehr deutlich. Sie ist alleinstehend nicht mehr ausreichend, um mich dauerhaft zu unterhalten. Also wird sie so weit aufgeblasen, dass jetzt ein imperialistischer Krieg herrscht. Es werden Armeen aus Green Lantern Corps, thanagarischen Soldaten, Göttern und Halbgöttern zusammengezogen und sogar Lobo aufs Feld geführt.

„16 Milliarden Leben,
verbunden durch einen kollektiven Verstand.
[…]
Ein Verstand in blanker Angst.“

Dass die Anti-Lebens-Formel und ihre Mutation dem Autor nicht mehr ganz als Narrative auszureichen scheint, bestätigt das Aufkommen einer ganz anderen Bedrohungsform. Der neue Feind sieht zwar exzellent aus, aber zu diesem wird wirklich gar nichts an Hintergrund geliefert. Er ist jetzt eben da und erfüllt seinen Zweck.

Als Einweg-Widersacher der ganz galaktischen Sorte nimmt er seinen Job erstaunlich ernst und spendiert durch seine bloße Anwesenheit der Virus-Reihe den benötigten emotionalen Abschluss. Erwartet keine erzählerische Meisterleistung, aber schon eine unerwartete Melancholie, die zu berühren weiß. Taylor hat geschickt kleinere Dinge unbemerkt in Position gebracht, die mir im Finale ein wehmütiges Seufzen entlocken konnten. Mit einem Verweis auf die Anfänge dieser Saga schnürt der Autor sogar um alle Bände eine Schleife, die sie zu einem ganz starken Leseerlebnis vereint.

Bis die interessierte Leserschaft die wahre Bedrohung präsentiert bekommt, wird zum Finale hin extrem heftig am Bombast-Hebel gezogen. Es werden schwarze Löcher ins All geschlagen, Götter zerschmettert, Götter geboren und ein eigener Todesstern auf Planeten gerichtet. Es passiert Zeug von einem Ausmaß, bei dem mir nicht klar war, dass ich sowas auch mal sehen wollte.

Hier wird eine so laute Szenerie konstruiert, dass mir kleinere Logiklöcher irgendwann wirklich egal waren. Weiter, größer, lauter scheint hier die Devise gewesen zu sein. So sensationsgeil kannte ich Tom Taylor auch noch nicht. Auch wenn sich manche Ereignisse etwas gezwungen drüber angefühlt haben, hat es für mich im Gesamtkontext gut funktioniert.

LEIDVOLLE STILLE NEBEN LAUTEN BRIMBORIUM

Der Ursprung der grauenvollen Virus-Reihe zeigt sich nur noch selten. Der Nervenkitzel, die Spannung und die dramatischen Verluste sind einer klassisch epochalen Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse beinahe vollständig gewichen. Um die Action noch extremer zu gestalten, wird auch schon mal ein Mr. Mxyzptlk aus dem Hut gezaubert.

Wenn dann mal Alfred voller Schmerz an die Anfänge dieser schrecklichen Entwicklungen zurück denkt, da, ja genau da, knistert es wieder. Genau da flammt sie wieder auf, diese unheilvolle Schwere von Verlust und Schuld. Taylor versucht wirklich immer mal wieder solche tragischen und leiseren Momente mit einzustreuen. So erzählt er an einer anderen Stelle auf sieben Seiten das schockierende Schicksal von Adam Strange, der für seine Familie an vorderster Front kämpft. Aber diese emotionalen Unterfütterungen sind immer sehr kurz gehalten und werden durch Action abgelöst, die den Raum für eine bedeutsame Entfaltung nehmen. Denn danach gelten sie zu oft als auserzählt.

In dieser Elseworld-Story wurde im Übrigen die junge Kryptonierin Kara bei der drohenden Vernichtung ihres Heimatplaneten nicht zur Erde gesandt. Ihre Eltern entschieden sich für ein Leben unter ihresgleichen. Eine Welt voller Götter, die einander mit ihren fantastischen Kräften beistehen und sich unterstützen. So stellten sich Karas Eltern die Welt New Genesis zumindest vor. Denn auch auf dem Planeten der New Gods hat der Anti-Lebens-Virus bereits blutig um sich gegriffen.

„Sie verseuchen das Universum.
Die toten Götter vernichten alles.“

Dass der Planet New Genesis bereits Opfer der Virusinfektion wurde, ist auch Supermans Oberbösewicht Brainiac bekannt. Und dieser sucht nicht nur Schutz bei den letzten Überlebenden, sondern mahnt zur Vorsicht vor dem kommenden Unheil anderer Welten. Und wenn Brainiac mit an Bord ist, könnt ihr euch auf einige spannende Wendungen freuen. Diese sollten dann aber auch tunlichst nicht genauer hinterfragt werden. Denn sonst fängt die imposante Fassade schnell an, Dimensionsrisse zu bekommen.

FAZIT: GEHÖRSCHUTZ BEIM LESEN EMPFOHLEN

Meiner Meinung nach hätte die Bedrohungslage in einem kleineren Rahmen bleiben sollen. Aber dafür, dass sich der Autor selbst in diese schwer erzählbare Fallhöhe gebracht hat, hat es erstaunlich gut funktioniert.

Mehr gigantische Wucht kann man eigentlich nicht in diesen Comic reinpacken. Persönlich gefallen mir die ruhigeren ersten Sammelbände deutlich besser, weil sie mehr Fingerspitzengefühl für den Nervenkitzel haben und sich bedeutsamer anfühlen. Aber das hier war ein wirklich pompöser Götter-Helden-Epos im Elseworld-Gewand, der sich auf seine ganz eigene Art in diese Reihe einfügt.

In jedem Sammelband wurde der Grundidee einer mutierten Anti-Lebens-Formel etwas Neues hinzugefügt und war dadurch nie langweilig. Damit hat jeder Virus-Comic seine Vorzüge aber auch seine Eigenarten. Je nach Geschmacksveranlagung könnte ein persönliches Ranking demnach ganz anders aussehen.

BEWERTUNG

Der große Abschluss der Virus-Reihe ist der lauteste Teil von allen und einem finalen Knall in jedem Fall würdig. Tom Taylor und dem visuellen Kreativteam bestehend aus Trevor Hairsine, Neil Edwards, Lucas Meyer und Rain Beredo gelingt damit der Abschluss eines fantastischen Gesamtwerkes, das ich nur empfehlen möchte. Die künstlerische Leitung unter Hairsine ist bei KRIEG DER ZOMBIE-GÖTTER weniger auffällig ausgefallen und besticht eher durch solide als besonders stilistische Ausführung. Was es dafür allerdings zu sehen gibt, ist unfassbar pompös in Szene gesetzt. Für die dadurch entstehende voyeuristische Sensationsgier sollte man sich nicht schämen.

Ich möchte die komplette Reihe und damit auch diesen abschließenden Sammelband wärmstens empfehlen und vergebe göttliche vier Bat-Heads. Zu haben gibt es KRIEG DER ZOMBIE-GÖTTER bei  Panini Comics Deutschland oder eurem Comicladen des Vertrauens. Ich wünsche allen Interessierten beste Unterhaltung beim Lesen und bleibt gesund!

4 von 5 Bat-Heads

Die folgende US-Covergalerie der Einzelausgaben, kann Spoiler für den besprochenen Sammelband enthalten.