Review: Robin & Batman

Diesmal also steht der Name des Wunderknaben vor dem der Fledermaus. Was wie ein billiger Verkaufstrick wirkt, ist hier allerdings auch Programm, denn es geht um die ersten Schritte Dick Graysons im Schatten und unter der Anleitung seines getriebenen, spitzohrigen Mentors. In Verbindung mit Verkaufstrick Nummer 2, dem Kreativteam Jeff Lemire und Zeichner Dustin Ngyuen, scheint eine nähere Draufschau geboten.

Titel: Robin und Batman – Der Weg zum Helden
Original: Robin & Batman #1 – 3

Story: Jeff Lemire

Artwork: Dustin Nguyen

Verlag: Panini
Seiten: 140
Preis: 17,- € (Softcover)
29,- € (Hardcover)

VÖ: 19.07.2022


„Wir müssen an die Zukunft denken […] Wir können diesen Job nicht ewig machen.”

– BATMAN

INHALT

Ein Milliardär erlebt erneut sein eigenes Kindheitstrauma in einem Zirkus, als die Eltern eines kleinen Jungen in den Tod stürzen. Statt sein Geld und seine Netzwerke dafür zu nutzen, diesem 12-Jährigen ein gutes Leben zu ermöglichen, nimmt er ihn bei sich auf und zieht ihn in kurzer Zeit in sein nächtliches Vigilantentum mit hinein. So darf der Junge zwar an der Seite von Batman Abenteuer erleben. Diese bestehen aber die meiste Zeit aus handfesten Auseinandersetzungen mit gewalttätigen Berufskriminellen und monsterhaften Superschurken.

So weit, so bekannt. Das aber ist auch nur die Vorgeschichte zu diesem dreiteiligen Sammelband mit der abgeschlossenen Geschichte „Robin und Batman – Der Weg zum Helden”.

Schnell wirkt der von Panini gewählte Untertitel regelrecht zynisch, denn wir sehen nicht nur Dick Graysons Sicht auf all diese Dinge, während sie geschehen, sondern sein älteres Ich kommentiert Robins Einstieg ins Heldenleben noch zusätzlich. Und Dicks Urteil fällt nicht sonderlich positiv aus.

„Ich glaub, ich hab mich in allem geirrt […] Ich glaub […] dass ich in einem Albtraum gelandet bin. Ich sehe jetzt, dass es hier echte Dunkelheit gibt. […] Und je tiefer ich falle, desto schwerer ist es, den Ausweg zu finden.”

– ROBIN/RICHARD GRAYSON

Gefangen zwischen einer nur vagen Vorstellung eines neuen, normalen (und womöglich langweiligen) Lebens und dem greifbaren nächtlichen „Alltag” als Robin, hat Dick allerlei innere wie äußere Kämpfe zu bestehen. Am meisten kämpft er dabei um die Zuwendung und Anerkennung jenes Mannes, der kühl kalkulierend den Minderjährigen als (s)einen potenziellen Nachfolger aufbaut. Einzig Alfred ist hier die Stimme von Vernunft und Mitgefühl. Wie die Geschichte mit den beiden Verbrechensbekämpfern weitergeht oder endet, wissen dir meisten ja schon. Hier bekommen wir aber den unverhohlen Blick jenes Jungen, der sonst immer erst an zweiter Stelle genannt wird.

©Panini Comics Deutschland

WERTUNG

In meiner Rezension zum ersten Heft schrieb ich damals: „Es liegen noch zwei Teile vor uns und die Kreativen müssen alsbald das Tempo oder die Spannungsschraube anziehen, damit diese Geschichte nicht nur eine unter Vielen wird.”

Ich revidiere hiermit meinen damaligen Eindruck, denn eigentlich braucht’s die Action gar nicht, die ich mir noch nach dem ersten Heft so wünschte. Es ist eine Charakterstudie dreier Männer bzw. Jungs und deren Dynamik. Eben mit besonderem Augenmerk auf Richard Grayson und was diese neue Welt für Auswirkungen auf seine junge Seele hat. Alle kritischen Töne gegenüber einem Milliardär, der einen Jungen als Mündel bei auch aufnimmt, um ihn nachts gegen gewalttätige und monströse Kriminelle antreten und tagsüber von seinem Butler bzw. Ziehvater betreuen zu lassen, musste man sich bisher meistens selbst erschließen.

Autor Jeff Lemire flechtet diesen Umstand scheinbar mühelos in seine Geschichte mit ein oder stellt ihn sogar zentral. Die Beurteilung erfolgt aber nicht aus einer vermeintlich überlegenen moralischen Position, sondern sie ergibt sich allein aus der Figurenkonstellation und aus den gezeigten Beziehungen an sich. Als Leser habe ich also die Freiheit zu entscheiden, wie ich das finde, während Lemire nachvollziehbar schildert, wie seine Figuren das finden und auch warum.

©DC Comics

„Er ist ein Soldat, kein Maskottchen wie die anderen [Sidekicks].”

– BATMAN

Der Fokus auf die Beziehungen in dieser Schicksalsgemeinschaft einerseits und auf Robins Erleben andererseits macht sowieso die große Stärke dieses Bandes aus. Im Grunde folgen wir die ganze Zeit ausschließlich Dick und seinen Erfahrungen in dieser ersten Robin-Zeit. Das ist besonders im Mittelteil richtig gut. Sich Robin nah zu fühlen, gelingt von Seite eins an, auch dank des gefühlvollen, ruhigen Tons, der die ganze (doch meist recht aufgeregte) Szenerie begleitet. Den stärksten Part hat aber ohne Zweifel Alfred, der hier wieder mal als eine einfühlsame Vaterfigur dargestellt wird; als eine Art menschlicher Anker für diese beiden verlorenen Jungs. Batman kommt hier nicht sonderlich gut weg, wie sich die meisten denken können; auch wenn er sich hier und da bemüht zeigt. Interessant ist allerdings, dass wir auch mal in Batmans Seelenleben Einblick erhalten dürfen. Dort sehen wir, dass er nicht nur mit Richard an sich, sondern vor allem mit den Gefühlen überfordert ist, die der Junge in ihm hervorruft. Willkommen in der Welt der Väter, Bruce!

„Wissen Sie, er muss nicht genau wie Sie sein, Master Bruce. Vielleicht sollte er er selbst sein dürfen.”

– ALFRED

Die Action, wie schon gesagt, muss zwar irgendwie sein, ist aber nur Mittel zum Zweck. Leider stimmt die Passung zwischen den ruhigen Anteilen und der Verfolgung und den Kämpfen mit den Bösewichten nicht. Das liegt auch an der sich selbst auferlegten Struktur. In US-Heft #1 findet die Exposition statt, der Kampf mit den Gegnern nimmt an Fahrt auf und die Ausgabe endet mit dementsprechendem Cliffhanger. Dieser Anlauf wird nahezu völlig vom großartigen Heft #2 unterbrochen, nur um im letzten Teil nochmal ordentlich auf die Tube zu drücken und die ganz Sache zu einem ziemlich flachen Abschluss zu bringen.

©DC Comics

Denn der Showdown kurz vor Schluss folgt leider einer recht dummen Prämisse, wie ich finde. Dumm deshalb, weil Lemire seinen Robin in der gesamten Geschichte davor anders aufbaut, sodass er zu dem Zeitpunkt schon schlauer sein sollte. Ich habe während des Endkampfes die ganze Zeit darauf gewartet, dass Lemire noch eine Wendung einbaut. Doch sie kommt nicht; zumindest nicht an dieser Stelle. Ganz am Ende bekommen sie nochmal die Kurve und präsentieren das Ergebnis einer Entwicklung, die – bis auf den erwähnten Showdown-Patzer – vom Anfang bis dahin konsequent verfolgt und somit auch schön abgerundet wurde.

Apropos rund: Dustin Nguyens Zeichenkunst dürfte wohl ganz deutlich Geschmackssache sein. Auch ich mag nicht alles, was ich bis jetzt von ihm gesehen und gelesen habe. Aber zu dieser Geschichte passt Nguyens Stil auffallend gut, sowohl in den Actionsequenzen als auch im Zwischenmenschlichen. Batman ist in jedem Panel sehr gut getroffen und die Abstimmung von Nguyens Farbgebung im Hinblick auf den Verlauf und die Umgebung der Story ist äußerst passend und atmosphärisch.

FAZIT

MARIAN MEINT

Bei „Robin & Batman” bin ich etwas hin- und hergerissen. Lemire stehe ich grundsätzlich etwas nachgiebiger gegenüber und Nguyens Zeichnungen passen hier hervorragend zur Story. Aber von der Geschichte an sich bin ich nicht restlos überzeugt.

Die Ambivalenz rührt daher, dass wir hier leider nicht viel Neues sehen. Allerdings ist der Fokus auf Robin selbst als auch auf die Beziehungen der Figuren erfrischend ungewöhnlich.

Die Dynamiken und einzelne Szenen zwischen den Hauptprotagonisten finde ich äußerst gelungen und der Mittelteil ist fantastisch. Der Rahmen für die Geschichte ist allerdings alles andere als originell und führt gar zu richtig blöden Plot-Entscheidungen.

Das Schlimmste eigentlich ist, dass all das mehr wie der Beginn einer Serie wirkt und man gern sehen würde, wie diese Geschichte weiter- und „ausgeht”. Robin & Batman fühlt sich nicht fertig an. Dennoch – all die genannten Stärken des Bandes überwiegen seine Schwächen um ein Vielfaches und deshalb gibt es gerade so noch 4 von 5 Batheads.


Bei Panini liegt der Band jeweils im Soft- und Hardcover vor.

Robin und Batman – Der Weg zum Helden (Softcover)
Robin und Batman – Der Weg zum Helden (Hardcover)


Übrigens: Panini gibt in einer einer Preview noch ein paar weitere Einblicke.

LESEPROBE (bereitgestellt von ©Panini Comics)

DISCLAIMER

Für die vorliegende Review wurde uns ein Rezensionsexemplar von Panini Comics Deutschland zur Verfügung gestellt. Dafür vielen Dank!

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Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

3 Kommentare

  1. Lars sagt:

    vielen Dank für die Bewertung. wird das irgendwo erwähnt, dass er 12 ist? ich empfand ihn optisch älter. auch die Schulkameraden. vom seinen Fähigkeiten mal ganz abgesehen. eher so 16.

    2
    • Avatar-Foto Marian sagt:

      Ja, das Alter wird auf jeden Fall mal in der Mitte genannt. Ich fand allerdings nicht, dass er sehr viel älter dargestellt wurde.

      2
    • Avatar-Foto Visual Noise sagt:

      Ich steh‘ total auf den Zeichenstil. Hebt sich von der breiten Masse ab … wird aber noch etwas dauern,bis ich dazu komme den Band zu lesen. Wie es halt immer so ist. ?

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