Der Titel täuscht eine Menge Joker-Inhalt vor. Zum Glück steckt aber weitaus mehr in diesem Paperback.
Enthaltene Titel:
Pennyworth R.I.P.
Wer wagt gewinnt / Who Dares, Wins
Die Woche / The Week
Das hässliche Herz / Ugly Heart #1-3
Vorspiel zum Joker War Teil 1: Der Joker hört ein Huh! / Prelude to Joker War: Joker Hears a Who?!
Vorspiel zum Joker War Teil 2: Symmetrie des Schreckens / Prelude to Joker War: Fearful Symmetry
Joker War Storys: Angriff auf Wayne Enterprise / Joker War Storys: Attack on Wayne Enterprises!
Joker War Storys: Monster & Menschen / Joker War Storys: Monsters of Men
Ein Geschenk / A Gift
Autor*in: Peter J. Tomasi, James Tynion IV, Brad Walker, Mariko Tamaki
Künstler*in: Eddy Barrows, Eduardo Risso, Marcio Takara, Sumit Kumar, Brad Walker, Kenneth Rocafort u.a.
Verlag: Panini
Seiten: ca. 260
Softcover: 29,00 €
Hardcover: 42,00 €
Status: lose zusammenhängende Einzelgeschichten
Erschienen am 12.07.2022
©Panini Comics Deutschland
Wenn man Comics im Paperback-Format sammelt, passiert es immer mal wieder, dass in einem besonders dicken Band, besonders viel Abwechslung geboten wird – so geschehen mit DER JOKER LACHT ZULETZT. Freundlicherweise hat uns diesen Klopper Panini Comics Deutschland als Rezensionsexemplar zukommen lassen und damit geht dieser Review ein herzliches Dankeschön voraus.
Band 14 der Detective Comics-Reihe ist wirklich voll mit Eindrücken der vergangenen Paperbacks, aber bezieht sich anfänglich auf das ereignisreiche Event BANE CITY aus der Feder von Tom King. Wer das Ganze nicht mitbekommen hat, könnte also leichte Spoiler zur vorangegangenen Geschichte der Detective- und der regulären Batman-Reihe nicht vermeiden.
Weil dieses Sammelband so vollgepackt ist, sollte man es auch inhaltlich etwas trennen. Denn jeder Abschnitt behandelt seine ganz eigenen Thematiken und ist lediglich lose miteinander verbunden. Stellenweise ist es sogar so lose, dass der Erzählrhythmus stark leidet und das Leseerlebnis in Mitleidenschaft gezogen wird. Und das, obwohl es so wundervoll beginnt …
PENNYWORTH R.I.P.
Der Einstieg ist hoch emotional und vereint eine Menge treuer Familienangehörige der Batfamily. Wie der Titel schon verrät, ist Bruce Waynes treuester Gefährte gestorben – ermordert – ja, regelrecht hingerichtet worden. Davon kann man erstmal halten was man möchte. Ich persönlich habe in meiner Review dazu eindeutige Worte gefunden, ohne es zu wagen Alfred Pennyworths Tod eindeutig zu benennen: “ […] für dieses Ereignis wird sich Tom King wohl auf ewig verantworten müssen.“
Umso versöhnlicher stimmt mich die nun vorliegende Auseinandersetzung mit Alfreds Tod. Es ist ein gefühlvoller Abgesang auf die Figur, die nicht nur Butler, sondern auch Weggefährte, Vater, Mutter und Freund gewesen ist. Um ihn zu würdigen und seinem letzten Wunsch nachzukommen versammelt sich der engste Kreis der Batfamilie noch einmal ohne Kostüme in einer Bar.
Es kommen neben Bruce Wayne (Batman) und Jason Todd (2. Robin/Red Hood) auch Barbara Gordon (Batgirl/Oracle), Tim Drake (Red Robin) und der traumatisierte Damian Wayne (5. Robin) zu diesem Treffen. Ach ja, Ric Grayson ist ebenfalls vor Ort. Eigentlich handelt es sich hierbei um Dick Grayson (1. Robin/Nightwing), der jedoch im fantastischen Paperback EISIGE ZEITEN einem Attentat zum Opfer fiel und sein Gedächtnis teilweise verlor. Diese Geschichte ist aber eine gänzlich andere und wurde in seinem eigenen Nightwing-Comic fortgeführt.
Fast jede der genannten Charaktere erzählt eine eigene kurze Anekdote über den Verstorbenen. Dabei wird es nie rührselig oder kitschig. Man spürt die Dramatik seines Todes in jeder kurzen Erzählung und auch in den Diskussionen zwischen den Charakteren. Das ist richtig stark und eindrucksvoll geschrieben. Hier spürt man deutlich die Handschrift von James Tynion IV, der mit Tomasi für die Geschichte zusammengearbeitet hat.
„Klingt, als hätte er dich vor allem geerdet
und daran erinnert,
was wirklich wichtig ist.
Für wen und was es sich zu kämpfen lohnt.“
Die abwechslungsreiche Bebilderung, durch unterschiedliche Zeichenstile der einzelnen Erzählungen, gibt dem Gesamteindruck zusätzlich einen individuellen Touch. Dieser wird dann auch noch durch eine kurze Reise in Pennyworths ganz eigene aufregende Vergangenheit abgerundet. Wer sich für den geschichtlichen Aufbau bis dahin nicht interessiert, findet eine kompakte Zusammenstellung in BATMAN SONDERBAND – PENNYWORTH R.I.P., welche ebenfalls bei Panini erschienen ist.
DAS HÄSSLICHE HERZ – TWO-FACE
Ab hier wird das Paperback aber auch schon etwas holprig. Die emotionale Fallhöhe nach dem Einstieg kann man nicht angemessen abfedern. Tomasi bedient sich des interessanten Widersachers Two-Face und webt ihn in das Joker War-Event ein. Das glückt ihm mal mehr, mal weniger gut. Eigentlich gelingt es ihm nur, solange der Joker noch nicht in Erscheinung tritt. Denn da gibt sich das Kreativ-Team auch noch Mühe in der visuellen Gestaltung. Es werden Panels auf kreative Weise angeordnet und sogar die Geschichte atmosphärisch verdichtet.
„Ich kann Two-Face im Griff behalten!
Die Waage Justitias ist bald im Gleichgewicht!
Und mein Schicksal wird sich endlich offenbaren!“
Two-Face ist wieder mal spannend ambivalent. Obwohl er nun eine treue Sekte unter seiner Führung formieren konnte, scheint seine Entscheidungsgewalt uneins (!) mit seinen Überzeugungen. Diese Wankelmütigkeit wird immer wieder von einigen Anhängern kritisch beäugt. Das führt zu einer unterschwelligen Spannung, die ich gern (besser) zu Ende erzählt gesehen hätte. Aber das gesetzte Ziel war ja nicht weniger als ein Vorspiel zum Joker War.
GESCHICHTEN RUND UM DEN JOKER WAR
Ganz grob zusammengefasst geht es bei dem Joker War darum, dass Joker die bürgerliche Identität Batmans kennt und dessen finanzielle Ressourcen nimmt, um Gotham mit seiner Clown-Armee ein weiteres Mal ins Chaos zu stürzen. Man unterscheidet dabei noch grob in die Vorgeschichten zum Event und der eigentlichen Geschichte, nachdem Gotham bereits zerrüttet in Anarchie versunken ist. Dazu hat Panini im Übrigen den schweren Sammelband DIE JOKER WAR SAGA herausgebracht.
Mit dem kruden Einbinden in den Joker War verpufft auch der interessante Ansatz der Two-Face-Erzählung. Es werden leidlich zurückliegende Handlungsstränge aufgegriffen, die sogar bis zu der New 52-Ära reichen und nicht mehr als blendende Behauptungen sind. Denn angeblich sollen die Umstände des Joker Wars ja schon ach wie lange geplant gewesen sein.
Und dann gibt es noch eine übermächtige Rüstung, Flammen, Feuer, Ratt-tatt-tat, Whoom und Krakk. Ein bisschen Haha und Aargghh gibt es natürlich auch noch. Auf zu vielen Seiten lebt Tomasi seine dröge(n), also reizlose(n), Seite(n) aus. In stumpfer Haudrauf-Manier wird ein Action-Panel an das nächste gereiht. Da noch eine kleiner Gastzugang, damit sich auch nochmal zu dritt, ach was, zu viert auf die Rübe eingeklopft werden kann. Und da noch ein Kaash dazwischen geklemmt.
Das Ganze sieht zwar durch Brad Walkers Illustrationen gut aus, aber es ist stellenweise so unübersichtlich choreografiert, dass ich zurückblättern musste und dennoch nicht genau wusste was Phase ist. Immerhin verzichtet Walker nun des Öfteren auf die Skibrillenspiegelung von Batmans weißen Augen. Diese Überzeichnung empfand ich noch in DUELL DER RITTER als sehr störend.
Dass die Geschichten innerhalb des Joker Wars auch Interesse erzeugen können, beweist der Abstecher zu Killer Croc und seinem ganz eigenen Umgang mit der Situation. Dieser One-Shot ist kurzweilig, hatte eine gute Prise zynischen Humors und auch eine Art von Happy End. Allerdings bin ich davor schon zu lang mit Action zugeballert worden, dass ich die wesentlich besseren Kämpfe beinahe nicht wohlwollend zur Kenntnis genommen hätte.
FAZIT: MARIKO TAMAKI RETTET DEN TAG
Mit einem herausragenden Einstieg in das Paperback, einem interessanten, wenn auch nicht zu Ende erzählten Mittelteil, seitenweise völlig unübersichtlicher Action, gelingt Autorin Mariko Tamaki und Zeichner Dan Mora ein kleines Kunststück. Auf gerade mal zwölf Seiten bekommen Interessierte eine richtige Batman-Geschichte ohne viel Tamtam, dafür aber mit besonders viel Unheil. In dem vorherrschenden Chaos in Gotham kommt es zu einem kleinen Unglück zweier Polizisten. Dabei werden die Charaktere und Batman gleichermaßen intensiv an die Leserschaft herangeführt, so dass ganz am Ende mehrere Fragenzeichen stehen.
„Dem Joker gehört nichts von dem,
was er sich nimmt.“
Da dieser Sammelband so zahlreiche Geschichten vereint und ich ihn gern thematisch unterteilen möchte, komme ich auf ein wirklich abwechslungsreiches Portfolio, dessen abschließende Bewertung sich wie folgt zusammensetzt:
Die drei Geschichten rund um Alfred Pennyworth sind mir gute vier Bat-Heads wert. Der Mittelteil mit Two-Face, der leider in den Joker War übergeht, schafft es bei mir immerhin noch auf drei Bat-Heads, während der überdrehte Actionteil und die Verortungsversuche gerade mal auf zweieinhalb kommen. Tamaki kann mich aber abseits des ganzen Trubels wieder zur eigentlichen Faszination Batman zurückholen. Sie stellt quasi die Weichen für eine ruhigere, wenn auch nicht minder schockierende Erzählung. Ich hoffe stark, dass Peter J. Tomasi diesen Storyhappen aufgreift und angemessen weiterführt.
BEWERTUNG
Dieser vollgestopfte und thematisch uneinheitliche Sammelband vereint zum Glück viel mehr, als eine weitere Joker-Geschichte. Das macht ihn aber auch so unrund und inkonsistent. Wer sich an den atmosphärischen Unterschieden nicht stört und auch die unsinnigen Actionpassagen ignorieren kann, erhält quasi nebenan richtig gute Geschichten. Und manchmal auch nur Ansätze, weil der Joker an die Tür klopft und in seiner üblichen Omnipräsenz keine Abstriche machen möchte. Es reicht, dank Tamakis Ausklang, geradeso für dreieinhalb Bat-Heads und ihr könnt DER JOKER LACHT ZULETZT auch immer noch bei Panini oder eurem Comicladen des Vertrauens kaufen.
3 ½ von 5 Bat-Heads
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