Review: Nightwing #2 & #3

Heute widmen wir uns gleich zwei Sammelbänden des einstigen Wunderknaben Dick Grayson, nämlich Nightwing #2: „Herrschaft der Angst” und Nightwing #3: „Grayson muss sterben!”. Ob nun die Angst gesiegt hat oder Grayson wirklich sterben musste, erfahrt ihr in der folgenden Review.


Titel: Nightwing 2 (2022) – Herrschaft der Angst
Nightwing 3 (2022) – Grayson muss sterben!
Original: Nightwing (2021) #84 – 91; Nightwing Annual 2021,
Batman: Urban Legends 10

Story: Tom Taylor, Tini Howard
Zeichnungen: Bruno Redondo, Geraldo Borges Christian Duce,
Robbi Rodriguez
Farben: Adriano Lucas

Verlag: Panini
Seiten: 156 (Band 2)
116 (Band 3)

Preis: 19,- € (Band 2)
14,- € (Band 3)

VÖ: 19.07.2022 & 27.12.2022


Lange habe ich mich gedrückt, den zweiten Nightwing-Band in die Hand zu nehmen. Zunächst konnte es nach der überragenden Nummer #1 fast nur abwärtsgehen. Und zweitens pfiffen schnell alle Spatzen von den Dächern, dass auch nur wenig Entwicklung zu erwarten sei, denn die im zweiten Band enthaltenen Ausgaben widmeten sich dem Event „Fear State” aus der Batman-Hauptserie. Doch dann flatterte vor kurzem Band 3 als Previewexemplar in meinen Briefkasten und fachte das Feuer wieder an. Dafür danke ich an erster Stelle Panini Comics. Ob nun alle Befürchtungen bzw. Hoffnungen für beide Comicbände zutreffen, lest ihr im Folgenden.

BAND 2: „HERRSCHAFT DER ANGST”

©Panini Comics Deutschland

Wie schon gesagt – der Großteil des zweiten Nightwing-Bandes ist ein Tie-in für das Fear-State-Event. Ohne Umschweife wird Dick in das neue, dystopische Gotham gelockt und versucht dort der Batfamily im Kampf gegen Scarecrow, den Magistrat und wer weiß, wen noch alles, tatkräftig zur Seite zu stehen.

Nach einschlägigen Erfahrungen mit solchen Einschüben, zuletzt bei „Ich bin Batman #1“, war mir recht klar, dass dieser Ausflug nach Gotham eher störend sein könnte. Und ja, das war er auch. Neben ein paar Rührseligkeiten mit Batman und einer angenehmen Prise Humor gibt einem die Story nicht sonderlich viel. Für jene, die das Event nicht kennen, ist sie kontextlos, geradezu irrelevant und hie und da einfach langweilig. Klar, Tom Taylor schreibt auch diese Geschichte und wartet wenigstens mit ein paar schönen Rückblenden in Dicks und Babs‘ gemeinsame Zeit auf; aber im Gesamtkonzept verpufft das Ganze leider. Vor allem bei den sonstigen Dialogen innerhalb der drei US-Hefte hat sich Taylor gefühlt auch nicht allzu große Mühe gegeben.

Die im Anschluss beigefügten Storys sind dann leider auch keine Augenöffner. Klar, „Blutsbrüder”, eine Geschichte mit Nightwing und Jason Todd ist samt ihrer Rückblenden ganz hübsch erzählt und auch ein bisschen spannend. Auch die von Tini Howard etwas veränderte Christmas Carol zum Schluss hat ihren Charme. Dennoch gleichen sie weder den großen vorderen Teil des Bandes aus, noch täuschen sie darüber hinweg, dass wir hier einen zusammengepuzzelten Band vorgelegt bekommen.

Warum das hier so eine Rolle spielt?! Weil der erste Band einfach eine Offenbarung war. Von diesem Vergleich und allem sonstigen Gemecker abgesehen, bekommen wir im zweiten Sammelband gute, durchschnittliche Comickost, die aber einerseits ohne den Gesamtkontext des Events irrelevant ist und die wegen „Fear State“ den guten Lauf aus Band 1 unterbrechen muss. Da kann es keine faire Wertung geben. Noch dazu sind die Zeichnungen der beteiligten Künstler ebenfalls von schwankender Qualität, als dass man sich in diesen Band wenigstens wegen des Artworks verlieben könnte. „Nightwing 2: Herrschaft der Angst“ ist einfach das, wonach es aussieht – ein unliebsamer Lückenfüller zwischen den Bänden 1 und 3.

BAND 3: „GRAYSON MUSS STERBEN”

Meine ganze Hoffnung ruht also auf dem 40 Seiten dünneren Band 3. Und was soll ich sagen – allein die Eröffnung ist ein wahrer Augenschmaus. Bruno Redondo gestaltet das erste Kapitel so, dass es eine einzige Bewegungsabfolge von Nightwing (und anderen) zeigt. Damit fehlt ein klassischer Panelaufbau und gibt zwischen den einzelnen Seiten keine wirkliche Unterbrechung. Würde man die Seiten herausreißen und nebeneinanderlegen, ergäbe dies ein einziges durchlaufendes Bild.

©Panini Comics Deutschland

Vor allem Nightwing wird mit aufeinanderfolgenden Versionen von sich selbst dargestellt, während er sich (wie immer in akrobatischer Höchstform) durch die (physischen) Seiten bewegt. Damit sieht man zeitgleich, wo er war, was er gerade tut und wohin er als Nächstes schwingt. Für das Superheldenpublikum dürfte das recht ungewöhnlich sein und es ist in diesem Fall geradezu spektakulär gelungen (s. auch die Leseprobe weiter unten).

©Panini Comics Deutschland

Pssst, Panini – sollte es diese Ausgabe als komplett ausklappbares Einzelheft für 10 € geben – ich würde es kaufen … selbst ohne Text.

Aber auch mit Text funktioniert die Ausgabe. Tom Taylor hat tatsächlich nach dem sterbenslangweiligen Fear-State-Einschub im letzten Band hier noch mal die wichtigsten Eckdaten zusammengefasst und gleich noch Nightwings Grundmotivation mitgeliefert, wenn auch nicht in zu vielen Worten. Das ist wahres Können.

Im Weiteren wird die Geschichte von Band 1 weitergeführt. Dirk Grayson will seinen Plan umsetzen, Blüdhaven zu einer besseren Stadt zu machen und denen zu helfen, die wirklich Unterstützung brauchen. Das sehen jene korrupten Mächte der Stadt, die sich mit dem Leid anderer bisher die Taschen gefüllt haben, selbstverständlich anders, weshalb plötzlich Richard Grayson ganz oben auf der Abschussliste steht. Doch Dick ist nicht alleine und bekommt unverhoffte Unterstützung.

Erneut erzählt Tom Taylor stringent seine Geschichte. Er bleibt fokussiert auf Dicks Vorhaben, webt aber weiterhin alle familiären und emotionalen Aspekte organisch in die Handlung mit ein. Alles ist im Fluss und zu keiner Zeit wirkt es so, als würde sich Taylor mit einer Sache zu lange aufhalten oder anderes vernachlässigen. Selbst die Gegner gewinnen mehr und mehr an Profil und auch der Superheldenaspekt wird angemessen hervorgehoben. Die ausgewogene Schreibe erzeugt einen äußerst angenehmen Lesefluss und inhaltlich ist es schön zu sehen, dass Nightwing einige Dinge ernten kann, die er über Jahre gesät hat; besonders für den langjährigen Comicfan. So groß der Lobgesang auch ist – vor allem in der letzten Story verliert die Gesamtgeschichte etwas an Fahrt und geht zum Teil in sehr gewohntes Superheldenallerlei über. Das ist nicht sonderlich störend, fällt aber dennoch auf und führt zu Abzügen in der Gesamtnote.

Auch ein kleiner Wermutstropfen: Der Brasilianer Geraldo Borges übernimmt ab der Mitte des Hefts den Zeichenstift. Borges ist ein guter Zeichner, aber ein Bruno Redondo ist er nicht. Zum Glück weiß Adriano Lucas, wie er mit seiner Farbgebung den Stil der vorigen Hefte möglichst beibehalten kann. Ich warte dennoch auf die Rückkehr Redondos.

Wer Redondos Herangehensweise an Nightwing übrigens besser verstehen möchte (u. a. eben bei der ungewöhnlich gestalteten US-Nummer 78), dem sei ein hervorragendes Interview mit ihm empfohlen, das David Harper von der Comic-Seite SKTCHD geführt hat. Aus diversen Gründen ist es uns leider nicht möglich, dieses hier auf Deutsch zu präsentieren. Dann soll es aber wenigstens hier im Original verlinkt sein.

FAZIT

MARIAN MEINT

Band 2 ist kein wirkliches Muss. Wer es verkraften kann, dass im Schrank neben der 1 die 3 steht, kann ihn also getrost überspringen.

Band 3 hingegen kann an den starken ersten Band anschließen. Tom Taylor präsentiert dort einige neue Facetten des Helden und seines Umfelds. Die Geschichte ist rasant, spannend und unterhaltsam erzählt und nimmt sich nur dann (eine Aus)Zeit, wenn dies die Erzählung selbst fordert. „Grayson muss sterben” bietet zum Teil atemberaubendes Artwork, sehr gutes Pacing, viel Worldbuilding, einiges an Comichistorie und kaum etwas Enttäuschendes, bis vielleicht auf die letzten paar Seiten. Wer aber Band 1 mochte, kann hier bedenkenlos zuschlagen.


Bei Panini sind beide Bände noch zu haben.

Nightwing 2: Herrschaft der Angst

Nightwing 3: Grayson muss sterben!


Übrigens: Panini stellt für beide Hefte jeweils noch eine Preview zur Verfügung.

LESEPROBE für Band 2 (bereitgestellt von ©Panini Comics)

LESEPROBE für Band 3 (bereitgestellt von ©Panini Comics)

DISCLAIMER

Für die vorliegende Review wurde uns jeweils ein Rezensionsexemplar von Panini Comics Deutschland zur Verfügung gestellt. Dafür vielen Dank!

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Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

5 Kommentare

  1. Systemlord ( Lars ) sagt:

    sehr schön. danke für deine Arbeit

    2
  2. Sören sagt:

    Fear-State-Event betrifft, muss ich Marian wieder sprechen, was die dortige Geschichte um Nightwing betrifft, ich finde sie schon wichtig.

    Achtung: Spoiler! Spoiler anzeigen
    • Avatar-Foto Marian sagt:

      Danke für den Widerspruch 🙂 Ich würde das auch gar nicht als Geschmackssache sehen; das ist eher eine Frage der Gewichtung. Du hast nämlich mit allen drei Punkten generell recht. Punkt 2 und 3 finde ich aber für Nightwing an sich weiterhin irrelevant. Und Punkt 1 geht mMn ziemlich unter (also doch auch etwas Geschmackssache 😉 ). Oben schrieb ich schon was, was den Punkt betrifft, aber du hast recht, ich bezog mich damit nur auf die Vergangenheit. In der Story selbst war mir all das aber zu marginal untergebracht.

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