Mit Abyss bekommt Batman einen vielversprechenden Widersacher. Aber leider wird erneut jegliches Potenzial verschenkt. Doch wo Schatten sind, ist auch Licht.

Enthaltene Titel:
Batman Gegen Abyss / The Abyss #1-5
Schoßtierchen / They Make Great Pets #1-3
Autor*in: Joshua Williamson & Karl Kerschl
Künstler*in: Jorge Molina, Mikel Janín, Adriano Di Benedetto, Howard Porter, Jorge Fornés & Karl Kerschl
Colorist*in: Tomeu Morey, John Rauch & David McCaig
Verlag: Panini
Seiten: ca. 176
Softcover: 22,00 €
Hardcover: 40,00 €
Status: weiterführendes Paperback
Erschienen am 10.12.2024
©Panini Comics Deutschland
Leider musste ich euch im BatCast #197 – The Bat, The Books & The Ugly No. 2 bereits von der sehr unterwältigenden Qualität des aktuellen Batman-Runs bei Panini berichten. Das ganze Fear State Event hat nichts getaugt und Ghostmaker ist ein nerviges Abziehbild von Damians Charakterzügen. Sei es drum! Einmal setze ich mich noch ran. Ich bleibe (vorerst) an dem Run dran und versuche mich vorurteilsfrei auf eine neue Etappe in Batmans Schaffen einzulassen. Und es gibt tatsächlich eine Verbesserung gegenüber dem letzten Paperback.
WIR VERSUCHEN MAL ALLES ANDERE ZU VERGESSEN
Mit viel Wohlwollen sind die vergangenen Ereignisse rund um Batman und seine helfenden Hände abgehakt. Bruce hat zwar sein komplettes Vermögen unter irrsinnigsten Bedingungen verloren, aber was solls? Irgendwie kann der Verlust von materiellen und finanziellen Abhängigkeiten ja auch ganz befreiend wirken. Und so scheint es dann auch bei Batman zu sein.

Während in Gotham aber relativ wenig Probleme zu bekämpfen sind, nimmt sich der dunkle Ritter jedoch keine Auszeit, sondern schaut über den versifften Tellerrand. Da war doch mal eine Batman Incorporated-Gruppe, die andernorts unter dem Fledermaus-Banner ganz offiziell für Gerechtigkeit gesorgt hat? Warum sind die eigentlich aufgrund des Mordes an Abyss im Gefängnis gelandet?
„[Die Stadt] Badhnesia braucht keinen eigenen Batman,
es braucht sie.“
Tja, was soll ich zum weiteren Verlauf sagen? Vielleicht sowas wie: Ein Hoch auf die Bedeutungslosigkeit! Auch wenn sich immer mal wieder so etwas wie Spannung andeutet.
Beispielsweise sind die Batman Incorporated allesamt spannende Charaktere … aus denen hier nichts gemacht wird. Abyss ist auch wirklich unheimlich und mysteriös … aus dem nichts gemacht wird. Auch ein anderer Gegenspieler wirkt vermeintlich viel zu schlau für diesen Comic … woraus aber ebenfalls nichts gemacht wird. Und so bleibt das stetige Zuwerfen von Hoffnung auf eine interessante Auflösung ein leeres Versprechen.
BITTE GEHEN SIE WEITER, HIER GIBT ES NICHTS ZU SEHEN

Die Maske von Abyss soll dann auch noch dramatisch irgendwie weitergegeben worden sein oder sich geholt worden oder – ach, ist doch egal! Abyss reiht sich ein in die Riege der geschaffenen Gegner für eine Nacht. Dabei sieht er wirklich furchteinflößend aus, seine Angriffe erscheinen auch bedrohlich und eine üble Origin hätte er ja eigentlich auch noch zu bieten. Aber nichts davon kann mit einer angemessenen Fallhöhe erzählerisch ausgestattet werden und so verschwindet er auch in dem vorliegenden Band ziemlich schnell wieder. Nur damit man Abyss für die nächste kreativlose Phase aus dem Hut zaubern kann.
„Unsere Beziehung ist gereift wie ein guter Wein.“
Dass die ganze Geschichte in Badhnesia spielt, ich aber zu keiner Zeit einen Eindruck dieser Stadt bekomme, sorgt nicht gerade für ein atmosphärisches Leseerlebnis. Die völlig übermotivierte, aber profillose Detective Cayha tut da ihr Übriges. Denn mich interessiert auch ihr immer wieder angedeuteter dramatischer Background nicht, weil ich es nicht erlebt habe. Zudem habe ich auch keine Ahnung, wie diese Frau zu so abnormen Skills gekommen ist. Muss ich dafür wieder eine Auskopplung lesen oder erfahre ich erst Jahre später, ob ich sie nun doch interessant finden kann? Mehr als vage Feststellungen gibt es im aktuellen Sammelband auf jeden Fall nicht.

Optisch ist das alles solide, aber kein großer Wurf. Lediglich Howard Porter und Jorge Fornés können durch ihren markanten Stil diesem Sammelband eine persönliche Note verleihen. Da ist der Einstieg von Abyss aber leider schon (vorerst) auserzählt.
UND DANN WIRD ES ZAUBERHAFT
Aber was ist das? Neben all der Dunkelheit offenbart sich dann doch nochmal eine dreiteilige Kurzgeschichte an Einfallsreichtum. SCHOSSTIERCHEN von Karl Kerschl, der diese eigenwillige Story in seinem asiatisch-anmutenden Stil auch selbst gezeichnet hat, hat mich auf den ersten Seiten völlig irritiert.
„Gäste.
Bei dem Wort allein dreht sich dir der Magen um.“
Der angelegte Stimmungs- und Ortswechsel hat in dem vorliegenden Band auf mich etwas kindlich Magisches ausgestrahlt. Das junge Mädchen Maps Mizoguchi kommentiert ihre eigenen Erlebnisse aus dem Off wie ein abenteuerlich formuliertes Tagebuch (Ihre Figur könnte vielleicht noch aus der GOTHAM ACADAMY-Reihe bekannt sein. Diese Serie richtete sich ab 2014 an eine jugendliche Leserschaft mit Vorliebe für abenteuerliche Mystery). Dabei romantisiert sie bestimmte Dinge oder fabuliert sie gleich gänzlich um. Da wird in unangenehmen Situationen schon mal auf „Heimlichkeit gewürfelt“ oder eine Autofahrerin wird als Kutscherin betitelt. Das versprüht einen gewissen naiven Charme.
„Da waren über hundert Gurken in Lindsays Schlafzimmer!“
Mizoguchis vermisste Schulkameradin und die gefundenen Leichenteile in dem nahen Fluss veranlassen sie zu eigener Detektivarbeit. Was sich daraus entspinnt, ist eine kuriose Kurzgeschichte mit Batman, einer „falschen“ Robin und japanischen Sagengestalten. Ich bin mir nicht sicher wie und warum es diese Story in diesen Sammelband geschafft hat, aber diese ganz spezielle Andersartigkeit hat mich für diesen flüchtigen Moment fasziniert. Wo kam das her und wo wollte es eigentlich mit mir hin? Überraschend schön war es in jedem Fall. Davon würde ich gerne mehr lesen.
FAZIT: KERSCHL RETTET DEN TAG
Abyss als Widersacher hätte eine spannende Grundlage für eine Vielzahl an Triggerpunkten für Batman hergeben können. Aber einmal mehr wird massivst Potenzial ungenutzt liegen gelassen. Ohne Kerschls Kurzgeschichte ist dieses Paperback beinahe wertlos. Keine Idee wird adäquat zu Ende erzählt oder auch nur gedacht.

Im Großen und Ganzen ist mehr als die Hälfte des Paperbacks kaum mehr Mittelmaß, auch wenn ich Kerschls Ableger sehr gemocht habe. Von mir gibt es daher nicht mehr als zweieinhalb von fünf BatHeads. Wer Abyss oder zumindest Mizoguchi eine Chance geben möchte, kann sich dieses Paperback gern über Panini holen.
2 ½ von 5 Bat-Heads

