Edward Nashton ernennt sich selbst zum Ritter gegen Korruption der Eliten. Und wir dürfen diese umstrittene Verwandlung zum Riddler miterleben.
Enthaltene Titel:
Riddler – Das erste Jahr / THE RIDDLER: YEAR ONE #1-6
Autor*in: Paul Dano
Künstler*in: Stevan Subic
Colorist*in: Stevan Subic
Verlag: Panini
Seiten: ca. 220
Softcover: 25,00 €
Hardcover: 44,00 €
Status: abgeschlossene Einzelgeschichte
Erschienen am 26.03.2024
©Panini Comics Deutschland
Wir sind uns einig: RIDDLER – DAS ERSTE JAHR ist etwas Besonderes. Und auch wenn sich die Eindrücke nah beieinander bewegen, kommen wir zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Zweitstimmen aus der Bathöhle kommen diesmal von Maik und Marian. Diese findet ihr dann direkt nach meiner kurzen Einschätzung dieses exzentrischen Comics.
THE BATMAN IST PFLICHT
Als ich den Comic das erste Mal in den Händen hielt, war es eine dieser „Ich muss es haben!“-Entscheidungen. Besonders, weil ich ein großer Freund des Films THE BATMAN von Matt Reeves bin und mir die Frage stellte: Kann der Comic dem Film noch etwas hinzufügen? Nach dem Lesen stellt sich für mich allerdings eine andere Frage: Hätte ich diesen Comic wirklich gebraucht? Das möchte ich nicht nur mit Marian an anderer Stelle intensiver bereden, sondern euch auch gleich hier an meinen Gedankengängen teilhaben lassen.
„Die ganze Zeit habe ich mir die Schuld gegeben.
Aber ich hatte nie eine Chance.“
Optisch hat mich das Werk auf den ersten Blick fasziniert. Ich glaube, ich habe hier ein Kunstwerk in meiner Sammlung, aber ich bin mir nicht sicher, wie ich es bewerten soll. Es ist ähnlich wie der Film – dieser Comic fühlt sich in der Dunkelheit am wohlsten. Das Artwork schwankt dabei zwischen künstlerisch wertvoll, diabolisch grotesk und manchmal geradezu steril nichtssagend.
Die Gestaltung der Texte ist ebenfalls ein Experiment für sich: Typografisches Chaos mit zahlreichen verschiedenen Schriftgrößen und -stilen, was teilweise frustrierend unruhig ist. Falls das beabsichtigt ist, verstehe ich es als Aufforderung, mir selbst die relevanten Informationen herauszupicken. Doch bei der ohnehin schon diffusen Bebilderung hätte man sich an einigen Stellen mehr Ruhe gewünscht.
„Sag, Edward,
was ist nie hinter dir und immer vor dir?“
Die verzerrten Bilder geben meist nur schemenhaft Aufschluss über die emotionale Welt von Edward. Einige visuelle Ideen sind allerdings großartig – zum Beispiel seine Gesichtszüge, die sich wie Fingerabdrücke in die Panels einprägen. Der emotionale Wendepunkt kam für mich, als die Kindheit von Edward visualisiert wurde. In diesem Moment begann ich zu verstehen, wer diese Figur eigentlich ist: Eine Persönlichkeit, die einen Hauch von Hoffnung gespürt hat, nur um gleich wieder daran zu ersticken.
FAZIT: KUNST IST AUCH ARBEIT
Das Ganze kulminiert schließlich in einem stummen Kapitel, das nur durch ein Gedankentagebuch funktioniert und rein textbasiert ist. Dieser Mut, auf reine Worte zu setzen, ist durchaus bemerkenswert – gleichzeitig hat es mich aber auch etwas ermüdet. Hier hatte ich das Gefühl, dass jemand viel erzählen wollte, aber letztlich nicht so viel zu sagen hatte. Eine Aufteilung dieses Kapitels auf mehrere Abschnitte hätte vielleicht für mehr Leichtigkeit gesorgt. Allerdings erkenne ich auch die Absicht dahinter und den künstlerischen tiefen Einblick in Edwards emotionale Situation.
BEWERTUNG
Ohne den Film ist dieser Comic eine verwirrende Ansammlung von Gedanken. Mit dem Film hingegen wird er zu einer faszinierenden Erweiterung, die das Verständnis für die Geschichte vertieft – auch wenn es eine verwirrende bleibt. Trotzdem hätte ich mir ein klareres Psychogramm gewünscht, etwas weniger Chaos, dafür mehr Tiefe.
Ein optisch beeindruckendes Werk, das Fans von THE BATMAN durchaus anspricht, aber am Ende etwas zu viel will und sich dadurch für mich etwas zu sehr sperrig verschließt.
3 ½ von 5 Bat-Heads
Maik meint …
Edward Nashton wird in der Wirtschaftsprüfungsfirma KTMJ kaum Beachtung geschenkt, obwohl er ein erstaunliches Talent für Zahlen hat. Er wird ständig von ehrgeizigen Kollegen ausgenutzt, die als Selbstoptimierer aufsteigen wollen, sodass Edward auf der Strecke bleibt. Sein Talent bringt eine Reihe von Buchhaltungsfehlern als Licht, die sich zu einem Muster entwickeln. Des Eingangsrätsels Lösung würde somit nicht erteilt werden. Doch Edward beginnt zu verzweifeln, als niemand ihm zuzuhören möchte. Ab hier beginnt eine düster inszenierte und deprimierende Charakterstudie, die dennoch in den Bann ziehen kann.
„Welches Dokument gibt an,
dass der Jahresabschluss geprüft wurde
und ein Wirtschaftsprüfer keine Einwände hat?“
Paul Dano führt seinen Edward auf eine verstörende Reise sowohl zu bekannten Orten aus THE BATMAN als auch zu einer frühen Begegnung mit dem Dunklen Ritter. „Den Bat Man! Er war … die HOFFNUNG in Person.“ lässt Edward in einem Internetforum verlautbaren. Wohin seine Wahrnehmung geführt hat, wissen wir bereits. Bis dahin dauert es jedoch sechs Kapitel, deren Artwork entsprechend dunkel gehalten ist und zunehmend unkenntlicher wird, je mehr Edward sich in seinen Obsessionen verliert.
Als Zeichner hat sich Paul Dano Stevan Subic an die Seite geholt, der ebenfalls sein DC-Debüt gibt. Mit dem Stil kann man seine Probleme haben, aber das Artwork passt zu der Geschichte und in dieses Universum. Auch manche kreative Ideen könnten überzogen wirken, da beispielsweise ein Kapitel größtenteils aus Auszügen aus den bekannten Riddler-Tagebüchern besteht. Für mich fasst es das Gelesene aber gut zusammen und stellt Edwards „Befreiungsvermerk“ (Lösung) dar, der die Brücke zum Film schlägt.
DER RIDDLER – DAS ERSTE JAHR dient dazu, die bisher nebulöse Origin von Matt Reeves‚ Antagonisten zu entdecken. Der Comic ist als stimmige Ergänzung zum Film absolut lesenswert für Fans von THE BATMAN, auch wenn der Titel den Vergleich zu Frank Millers Werk nicht gewinnen kann.
4 von 5 Bat-Heads
Marian meint …
Bei DER RIDDLER – DAS ERSTE JAHR hätte so viel schiefgehen können; ist es aber nicht. In seinem Comic-Erstling entgeht Paul Dano bewundernswert sämtlichen Fallstricken; hält sich strikt an einen kohärenten Aufbau (der aber an der Oberfläche chaotisch und bald auch regelrecht gestört wirkt) und besetzt ihn mit nachvollziehbaren Figuren, ohne ausgenudelte Hollywood-Stereotypien zu zitieren oder zu wiederholen. Dennoch wirkt es eingangs alles genauso.
Edward Nashton wird uns verkauft als unattraktiv, sozial inkompetent, ängstlich – chancenlos; einerseits ein genialer Geist, eingesperrt in sich selbst; andererseits ein Verlierer in einer Stadt voller Verlierer. Doch er versucht teilzunehmen und kommt dabei einer Sache auf die Spur, die seine ganzen Welt- und Selbstbilder auf den Kopf stellen. Und dann folgt die gut erzählte Geschichte einer Radikalisierung.
„Ich bin überfordert.
Ich brauche
…
Hilfe.“
Wer ist dieser Typ aus dem Film THE BATMAN? Warum ist Danos Riddler, wie er ist? Darauf bekommen wir klare Antworten, die inhaltlich wie die reinste Küchenpsychologie wirken, aber durch die recht nüchterne Erzählweise, die drohenden Klischee-Fettnäpfchen geschickt zu umschiffen wissen. Keine Soap, kein Opfermythos, nein – wir bekommen hier das Prinzip „sowas kommt von sowas“ mit allen äußeren UND inneren Faktoren dargelegt, sodass sich schließlich der Drift Edwards, hin zu seiner Riddler-Persona vollkommen schlüssig aus der Geschichte ergibt.
Doch, das Lesen dieses Buchs kann bisweilen äußerst unbequem sein. Der Ton wird zunehmend unruhig, enervierend und ab einem bestimmten Zeitpunkt auch unglaublich anstrengend. Das zum Teil wenig gefällige Artwork von Stevan Subic tut sein Übriges, um diesen Eindruck und die bedrückende, leicht abseitige Atmosphäre kunstfertig zu unterstützen. Ich bin ehrlicherweise kein Fan davon, muss aber gestehen, dass das wie die Faust aufs Auge passt. Noch dazu geschieht all das nicht zum Selbstzweck, sondern dient zumeist der Unterstützung und dem Fortgang der Geschichte.
„Ich weiß jetzt, was ich werden muss.“
Daher empfand ich DER RIDDLER – DAS ERSTE JAHR als zwar anstrengend, aber wertvoll und als eine wunderbare Beigabe zu THE BATMAN. Dieser Punkt ist gleichzeitig Stärke als auch eine große Schwäche dieses Comics, denn wer den Film von Matt Reeves nicht gesehen hat, wird mit dieser Story hier absolut nichts anfangen können. Ähnlich wird es wohl jenen gehen, die den Film nicht so recht mochten.
Insgesamt aber ist das eine tolle Ergänzung zum Psychogramm des Edward Nashton, die noch dazu (als mein persönliches Highlight) mit einer exklusiv für diese Story erstellten Kolumne eines bekannten New Yorker Publizisten und Podcasters daherkommt, die uns prägnant die Kraft „Batman“ philosophisch wie soziologisch einordnet, kurz bevor wir live miterleben und -erfahren (müssen), wie Edward allmählich psychisch dekompensiert. Wirklich, sehr, sehr gut.
4 von 5 Bat-Heads
Im Gegensatz zu Batman The Impostor von Mattson Tomlin fand ich Dano’s tie-in einfach nur anstrengend zu lesen. Lag am Zeichner. Die Handlung war unnötig trist und es gibt keinen Grund das comic ein zweites Mal zu lesen. Ähnlich ging es mir mit Danny De Vito’s Penguin comic aber das ließ mich wenigstens nicht deprimiert zurück. Schade. Hatte mich lange auf Riddler Year One gefreut und gebe 2 von 5 Batheads.
Diese Wertung finde ich ein bisschen hart. 😅 Aber ich verstehe deine Punkte,dass dieser Comic nicht so leicht zugänglich ist.