Review & Analyse: Harleen 1

„Harleen“, ein Black Label Titel von DC Comics, ist nicht nur in Windeseile vom Geheimtipp zum großen Fan-Liebling avanciert, sondern hat es mittlerweile sogar auf die bedeutsame New York Bestseller List geschafft. Grund genug, dass auch wir uns endlich mal der Neuinterpretation von Harley Quinns Origin ausgiebig widmen.

D:\Bats\01 Batmannews\Review #004Harleen\DBLACK009V_min.jpg
Variant-Cover, © Panini Comics Deutschland

Die wohl bekannteste Frau des DC Universums dürfte derzeit (neben Wonder Woman vielleicht) Harley Quinn sein. Gerade im Filmbereich erfreut sich die Figur (wegen oder trotz mehr oder minder erfolgreichen Gehversuchen) wachsender Beliebtheit. DC hat in der Vergangenheit natürlich die Zugpferdqualitäten Harleys erkannt und kräftig Inhalte produzieren lassen.

Üblicherweise werden bei solch starken Marken die Handlungsspielräume für Autoren zunehmend enger, gerade was die Definition von Grundcharakteristika oder die Origin betrifft. Umso erstaunlicher ist es, dass es DC Comics dann erlaubt, wenn nicht gar in Auftrag gegeben hat, dass ein Künstler selbstständig die Herkunftsgeschichte Harley Quinns neu interpretieren darf und dabei nahezu völlig freie Hand hat.

Nachdem Paul Dini die (einstmals) Geliebte des Jokers in die Animated Serie einführte, konnte er alsbald auch deren Ursprung in der legendären Story „Mad Love“ erzählen, welche später im Zuge der „The New Batman Adventures“ zusätzlich animiert umgesetzt wurde. In die reguläre DC- und Batman-Kontinuität fand Harley Quinn dann Eingang im Lauf der No Mans Land Storyline, ebenfalls durch Paul Dini. Das ist nun 20 Jahre her. Seitdem haben sich Look & Feel der Figur (nicht zuletzt durch die Arkham Reihe und die Filme) entsprechend geändert. Höchste Zeit also, Harley verlagsseitig eine Neuinterpretation ihrer Herkunftsgeschichte im firmeneigenen Erwachsenensegment zu spendieren.

 

© Panini Comics Deutschland

So hat nun Stjepan Šejić für DCs Black Label „Harleen“ geschrieben UND gezeichnet. Der kroatische Künstler war zuletzt mit seinen Beiträgen zu Aquaman und Justice League Odyssey aufgefallen. Außerdem veröffentlichte er von 2011 – 2019 (gemeinsam mit seiner Frau) die eigene Erotik-Comic-Serie „Sonnenstein“, die in Deutsch komplett bei Panini vorliegt.

D:\Bats\01 Batmannews\Review #004Harleen\Collage_Harley2.jpg
© DC Comics                                                                                                                                    © Panini Comics Deutschland

 

Der erste Band von Harleen erschien ebenfalls bei Panini am 14. Januar diesen Jahres. Auch der zweite Teil liegt schon seit dem 10.03.2020 vor. Der finale dritte Teil soll am 09. Juni erscheinen. Höchste Zeit also, sich dem so vielbesungenen und hochgelobten Werk namens „Harleen“ anzunehmen.

Der großformatige Hardcoverband wirkt wertig und bietet für das, ebenfalls von Šejić entworfene, wunderschöne Cover eine würdige Grundlage. Eigentlich ist es viel zu schade, dieses kleine Kunstwerk ins Bücherregal zu stellen. Das Titelbild verdient eine größere Würdigung. Die weinende Harleen Quinzel, deren Gesicht fast vollständig unter der aufgesetzten Harlekinmaske verschwindet, welche bezeichnenderweise das bekannte Konterfei Harley Quinns ziert. Eine tolle Symbolik.

D:\Bats\01 Batmannews\Review #004Harleen\DBLACK009_minYLMR3z5U3ORdX.jpg

© Panini Comics Deutschland

Auch der Blick ins Buch selbst lohnt sich. Stjepan Šejić erzählt hier die Geschichte der aufstrebenden, aber anfangs glücklosen Dr. Harleen Quinzel und ihrem ersten zufälligen Zusammentreffen mit dem Joker (und gleich auch Batman) bis hin zu ihrer Anstellung im Arkham Asylum, wo sie abermals mit dem Clownprinz des Verbrechens in Berührung und damit auch gefährlich nahekommt.

Was sich hier so unspektakulär liest, wird von Šejić auf 68 Seiten mit einem guten Gefühl für Details und Figurenentwicklung sowie Sinn für sukzessiv ansteigendes Erzähltempo dargeboten. Es gibt eine ausgewogene Aufteilung von innerem Monolog und geführten Dialogen. In der Geschichte folgen wir einer personalen Erzählerin. Das heißt, andere Perspektiven als Harleens eigene gewinnen wir nicht. Wir wissen und erfahren im Wesentlichen nur das, was sie weiß und erlebt. Nur hin und wieder bietet uns die Harley der Zukunft einen kurzen Ausblick auf das Ende dieser Story, die den meisten Lesern wohl bekannt sein dürfte. Gerade dadurch entsteht paradoxerweise zunehmend der Wunsch zu verstehen (auch mitzuerleben), wie es um Himmels willen nur dazu kommen konnte. Dafür nimmt sich Šejić ausreichend Zeit, ohne zu langweilen oder durch den (zugegeben recht hohen) Textanteil in beliebiges Blabla zu verfallen.

Die Dialoge sind zumeist auf den Punkt, wohl formuliert und richten sich tatsächlich an ein erwachseneres Publikum. Damit gehört der Titel zurecht zum Black Label; insbesondere, weil „Harleen“ nicht einfach brutal oder explizit ist, sondern weil die Themen und die Figuren einem älteren Zielpublikum angemessen dargeboten werden. So entsteht ein angenehmer Realismus betreffs Figuren und Setting, ohne erzwungen zu wirken oder das Quellmaterial zu verraten. Dabei ist der Stoff nicht bitterernst. Vielmehr wechseln sich Humor und Ernsthaftigkeit in einem eben realistischen Maß ab, so wie man das aus dem eigenen Leben kennt. Die handelnden Charaktere sind allesamt weder grellbunt albern, noch übertrieben düster. Man bekommt schnell das Gefühl, dass man hier von echten Menschen mit realen Problemen liest. Allen voran Dr. Harleen Quinzel.

© Panini Comics

© Panini Comics

Wir lernen sie gerade am Anfang ihrer Karriere kennen, welcher mit allerlei Stolpersteinen gepflastert ist und die junge Psychiaterin geradezu verzweifeln lässt. Harleen erleben wir zwar als eine kluge und beachtenswerte Wissenschaftlerin. aber doch voller (landläufig üblicher) Selbstzweifel, mit Entscheidungsschwierigkeiten und oftmals sozial unsicherem Auftreten.

Während sich Harleen in Mad Love noch hochgeschlafen hat und ihre Erfolge größtenteils ihrer Promiskuität zu verdanken hatte, werden derartige Themen hier weitaus differenzierter behandelt. Paul Dinis Dr. Quinzel war eine oberflächliche, karrieregeile Psychiaterin mit wenig Sinn für ihr eigenes Fach. Eine Frau, die sich schließlich aus Überheblichkeit und übersteigertem Streben nach Anerkennung vom Joker vereinnahmen ließ, einfach(!) weil er ihr Ego kitzelte. Die Harleen aus Šejićs Erzählung hingegen spürt jederzeit die Gefahr, die vom Joker ausgeht. Sie ist eine warmherzige, teils unsichere junge Frau, die zwar Orientierung sucht, aber auch Vertrauen in ihr Wissen und ihre Kompetenzen hat; sich stellenweise auch souverän verhalten und durchsetzen kann. Und dennoch vermag es Šejić, Versatzstücke der Mad Love Geschichte dezent in seinem eigenen Erzählfluss unterzubringen.

Darüber hinaus macht er es einem leicht, sich in den Mensch Harleen hineinzuversetzen, ihre Beweggründe zu verstehen, genau wie ihre Freude, Zweifel oder Ängste. Umso schwerer ist es, ihr dabei zusehen zu müssen, wie sie bei wirklich wenigen, aber besonders wichtigen Weichenstellungen die falschen Entscheidungen trifft. Dass diese falsch sind, weiß man aber nur, weil man die Historie der Figur kennt. Warum sie diese Entscheidungen trifft, ist dank Šejićs sensibler Betrachtung mehr als nur nachvollziehbar. Manchmal sind es auch die Umstände, die Harleen dazu bewegen, gefährliche Pfade zu beschreiten. Hin und wieder wird man sich fragen, ob man stellenweise nicht ebenso gehandelt hätte. Nach und nach aber werden falsche Entscheidungen zu Grenzüberschreitungen, die in diesem ersten Band schon zart angedeutet werden. Eine Fehlentscheidung baut auf der anderen auf, was unmerklich den Weg zur Eskalation ebnet.

Doch bis dahin gibt es noch allerlei zu bestaunen in Šejićs Gotham. Er entzieht sich dem Mythos nicht und präsentiert einige bekannte Figuren aus dem Batmankosmos. Am wichtigsten dürfte dabei wohl der Joker sein.

Der Killerclown wird hier in einer Weise dargestellt, die ihn brutal und kaltblütig sowie zeitgleich attraktiv und anziehend wirken lässt. Eigenschaften, wie sie sich wohl in den erfolgreichsten wie gnadenlosesten Führerfiguren der Literatur- und Weltgeschichte finden und sich in einem Wort zusammenfassen lassen: faszinierend. So kann sich auch Harleen nicht mehr von ihrer ersten Begegnung mit dem Joker lösen. Dadurch bekommen wir ihn ab diesen Zeitpunkt durch ihre subjektive Brille präsentiert; erzählerisch wie optisch.


© Panini Comics Deutschland

Joker wirkt adrett, selbstsicher, willensstark und hierdurch immer souverän. Sein erster Auftritt ist furios, kämpferisch und allen Widrigkeiten (fast verwegen) ins Gesicht grinsend; ausgestattet mit einer lebensverachtenden Leichtigkeit, hinter welcher sich aber ein alles vernichtender Zorn verbirgt.

Harleen bemerkt sehr wohl und lässt uns auch teilhaben an dem alptraumhaften Einfluss des clownesken Verbrechers auf ihre Psyche; obwohl der Joker durch den recht einzigartigen, teils mangahaften Zeichenstil Šejićs aussieht, als sei er direkt einer Boyband entsprungen.

Ich hatte vergessen, dass dieser Stil mir bereits bekannt war. Vor über 10 Jahren gestaltete Stjepan Šejić (schon recht beeindruckend) die Cover zu Images Darkness und Witchblade. Bei Letzterer stieg er dann (neben Autor Ron Marz) bald als regulärer Zeichner für 34(!) Ausgaben ein. Für mich war das damals (u. a.) ein ausschlaggebender Punkt, die Serie zu beenden. Die Figuren wirkten leblos, viel zu glatt und bewegten sich teilweise vor kargen Hintergründen.


© Panini Comics Deutschland

Aber über die Jahre hat Šejić seinen digitalen Stil verfeinert und auch ein wenig verändert. Wie gesagt finden sich Mangaanleihen bei der Ausgestaltung der Figuren. Außerdem wirken Charaktere und Hintergründe mehr gezeichnet und haben damit nicht mehr diesen maschinellen Touch. Die Technik wird hier eher zur Erweiterung und Verstärkung von Šejićs gemalten Bildern eingesetzt. Was diese Digitalkunst für seine Bilder zu erschaffen vermag, lässt sich ganz gut im Ankündigungstrailer zu Harleen von DC Comics erahnen.

Im Hinblick auf die Geschichte merkt der Leser auch anhand der Gestaltung sofort – es geht um Menschen. Fast in jedem Panel befinden sich vordergründig Personen (meistens natürlich Harleen) oder prominent platzierte Sprechblasen und Denkkästchen. Die Hintergründe sind liebevoll und detailliert gestaltet, aber oftmals etwas unscharf oder verwischt. Große Ausnahme bilden hier die Traumsequenzen Harleys; vor allem jene zu Beginn, in welcher Harleen und der Joker vor dem Hintergrund und der übermächtigen Batmanfigur klein, fast winzig wirken. Doch spätestens, als sich Harleen im Traum der übergroßen Fledermaus stellt, füllt auch sie ihr Panel aus und in den folgenden Szenen wechselt der Fokus hin zur Nahaufnahme von Harleen und ihrem Mister J. Ab diesem Zeitpunkt gilt: hier steht der Mensch im Mittelpunkt. Es gibt natürlich noch Szenerien, die nicht direkt die Gesichter von Figuren zentral stellen, diese erfüllen aber immer einen Zweck, zum Beispiel

Achtung: Spoiler! Spoiler anzeigen


© Panini Comics Deutschland

Šejić lädt den Leser auf diese Weise dazu ein, sich empathisch voll auf die Figuren einzulassen; möglichst zu fühlen, was sie fühlen. Interessanterweise ergibt sich dadurch eine Parallele zum Hauptthema von Harleens Forschungsarbeit – Empathie. Zudem behauptet sie im Text von sich, sie „habe es mit Gesichtern“. Stjepan Šejić hat das eindeutig auch.

Die von ihm dargestellten Gesichtszüge bilden ebenso das ganze Emotionsspektrum ab, während sie in den Panels so nah und zentral präsentiert werden, dass man glaubt, sie berühren zu können. Das erzeugt in den meisten Szenen – je nachdem wie man es empfindet – eine faszinierende Unmittelbarkeit bzw. einen erschreckenden Realismus.

Das Artwork unterstützt damit die charakterzentrierte, fast analytische Erzählweise Šejićs und offenbart damit den großen Vorteil, wenn das Gesamtwerk buchstäblich aus einer Feder stammt.

Die einzige Figur, die durch diesen Stil etwas verliert, ist tatsächlich Batman. Inmitten all dieser so real erscheinenden Figuren wirkt der Dunkle Ritter recht unspektakulär. Šejić gleicht das aber dadurch aus, dass er Batman zunächst beeindruckend aus den Schatten agieren lässt, um ihn dann Publikumswirksam auf seinen Erzfeind loszulassen. Sonst ist Batman im Band kaum zu sehen.

Es geht ja auch um Harleen und ihre Sicht auf die Welt. Doch im Gegensatz zu Szenerie und Dialogen erlaubt sich Šejić in seinen gemäldegleichen Panels und Splashpages eine globalere Perspektive auf Figuren sowie die unausweichliche Zukunft. Dabei zeigt sich, Šejić ist ein wahrer Künstler, mit einem bestechenden Sinn für Bildsprache. Als Beispiel soll hier Harleens erster Tag im Arkham Asylum dienen. In 2 großen Panels lässt er Harleen durch den bekannten Torbogen mit dem Anstaltsnamen auf das Arkham Asylum zulaufen (zu sehen gleich zu Beginn des Trailers). Darauf – also auf Harley und auf die Anstalt – liegt der Fokus. An beiden gibt es viel zu entdecken. Drumherum aber gibt es keine weiteren ablenkenden Details oder Personen. Durch diese Reduktion kann sich der Leser ganz auf die Szenerie konzentrieren und auf Šejićs sprechende Bilder.

Nichts weist auf das aus den sonstigen Comics bekannte Schreckensbild einer abgelegenen, gruseligen „Irrenanstalt“ hin. Ehrwürdig, hell und freundlich breitet sich das ins Licht der Morgendämmerung getauchte Gemäuer vor Harleen und dem Leser aus. Vor der jungen Psychiaterin liegt offenbar eine strahlende Zukunft. Einzig der Schatten, den sie wirft, gibt Ausblick auf eine unheilvolle Zukunft. Diese Vielschichtigkeit legt er in gerade mal zwei Panel, ohne Dialog oder Gedankenbox. Grandios. Nebenbei lässt Šejić das eine Panel noch wirkmächtiger erscheinen, indem er es ebenfalls wie einen Rundbogen formt und gleichzeitig so auch Rückbezüge zu den darüber befindlichen Panels ermöglicht. Dieses sehr überdachte Artwork hält also immer wieder dazu an, länger bei einzelnen Panels zu verweilen oder auch zurückzublättern. Gleichzeitig beherrscht Šejić die Kunst, das was er ausdrücken möchte, so zu präsentieren, dass es nicht zu hintersinnig, nicht zu verschnörkelt ist. Somit hat der sorgfältige bzw. aufmerksame Leser schon beim ersten Lesen die Möglichkeit, den Großteil von Šejićs graphischer Metaphorik zu erfassen.

Was man sich als Leser somit erwarten darf, ist ein harmonisches Zusammenspiel aus Wort und Bild. Stellt sich nur die Frage, ob denn die Geschichte insgesamt taugt.

© Panini Comics Deutschland

© Panini Comics Deutschland

Die Crux mit der Neuinterpretation von Origins ist, dass der jeweilige Autor den Spagat vollbringen muss, die Figur nicht so stark zu verfremden, dass sich ihm bald sämtliche Fans entsagen oder gar die virtuelle Tür eintreten und gleichzeitig doch eine frische Perspektive auf den liebgewonnenen Charakter anzubieten. Gerade im Comicbereich hat man so über Dekaden Umgestaltungen von Herkunftsgeschichten angeboten bekommen, die im Wesentlichen den Figuren oder deren jeweiligen Ursprung nichts Neues oder Originelles hinzuzufügen wussten.

Šejić bildet hier glücklicherweise eine Ausnahme und erlaubt uns einen intimen Blick auf Harleen und die zu ihrer Wandlung führenden Ereignisse. Dabei bleibt er fest bei seiner Figur. Eine fertige Harley Quinn werden wir wohl in dieser Miniserie nicht zu sehen bekommen. Jedes Thema, das Šejić inhaltlich anschneidet, scheint durchdacht, kaum ein Dialog überflüssig und die Hintergründe sind gut recherchiert. Ein ziemlich perfekter Einstieg also in die Wandlung der Harleen Q.

Ein kleiner persönlicher Wermutstropfen für mich ist das Vorwort. Mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass gerade Christian Endres dazu neigt, in einer geradezu inflationären Art und Weise Worte wie „irre, verrückt, Wahnsinniger, Irrenanstalt“ usw. überzustrapazieren; Begriffe eben, mit denen man sehr gern die eigene vermeintlich gesunde Psyche von all den „wahnsinnigen Monstern da draußen“ abzugrenzen versucht. Mir ist bewusst, dass das die meisten Leser nicht stören wird, es vielen sicher nicht mal auffällt. Daher kann ich über derartiges meistens auch gelassen hinwegschauen. Im Fall von „Harleen“ finde ich es aber besonders unangemessen, wo sich doch Šejić so große Mühe gibt, uns das Abdriften seiner Hauptfigur möglichst plausibel und menschlich näherzubringen und gerade relevante Themen der Neuropsychiatrie für Dr. Quinzel selbst, als auch für die Geschichte eine bedeutende Rolle spielen. Genau aus Letzterem resultiert aber weiterhin der ungetrübt positive Eindruck von diesem ersten Band.

Fazit

Stjepan Šejić ist mit „Harleen“ ein wunderschön erzählter wie gestalteter Comic gelungen, mit filigranen Andeutungen auf die Mad Love-Vorlage als auch auf weitere einschlägige Werke der Batman- und Comichistorie. Langsam, doch stets fortschreitend, konstruiert er eine Geschichte, die sich zunehmend verdichtet und einen unwillkürlichen Sog entfaltet – bis hin zu einer üblen, aber unausweichlichen Entwicklung, vor welcher man diese sympathische Harleen am liebsten bewahren würde. Unterstützt wird das Ganze von Šejićs hervorragender Zeichenkunst und gleichermaßen kraftvollen Bildsprache. Die Nähe zu den Figuren, vor allem aber zu Harleen, die der Autor damit schafft, fühlt sich erschreckend real an, erzeugt aber zeitgleich eine große Faszination für die Charaktere. Das geht so weit, dass sich sowohl Fans von Harley Quinn, als auch jene, die bisher einen großen Bogen um diese Figur gemacht haben, angemessen angesprochen fühlen sollten.

Dialoge und innere Monologe tragen die Geschichte und richten sich vordergründig an ein erwachsenes Publikum. Jenes weiß hoffentlich zu schätzen, welch besonderes Werk aus der Welt der Comics es da in Händen hält; obwohl Šejić dafür sorgt, dass man dies auch ganz intuitiv spürt.

Da der Künstler alle 3 Teile sicher als Gesamtwerk geplant und umgesetzt hat, sollte man davon ausgehen können, dass die beiden folgenden Bände wenige Enttäuschungen bereithalten sollten. Allerdings fachen das für Band 1 perfekt gewählte Ende als auch die bis dahin fortgeschrittenen Entwicklungen innerhalb der Geschichte Bedenken an, ob die Story und einzelne Elemente davon zukünftig diese Qualität beibehalten können.

Ich bleibe aber zuversichtlich und spreche an dieser Stelle erstmal eine volle Leseempfehlung für den ersten Band von „Harleen“ aus.

Dieser liegt auch digital bei den üblichen Anlaufstellen (Amazon, Kobo, Google Play und Izneo und weitere) vor. Nach Sichtung empfehle ich aber ausdrücklich, sich eine Version zum Anfassen zu besorgen! Die ist in erster Linie bei Panini selbst im Onlineshop zu bekommen. Aufgrund der momentanen Corona-Lage kann ich außerdem nur jeden ermutigen, die lokalen Comicshops bzw. Buchhändler zu unterstützen.

 

Review: Band 2

Avatar-Foto
Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

7 Kommentare

  1. Lars sagt:

    Vielen Dank für die tolle Besprechung. Wird es eine solche auch zu den weiteren Bänden geben? Und wisst ihr, ob es auch einen Gesamtband geben wird? Auf Englisch gibt es einen solchen nämlich.
    Gruß, Lars

    • Avatar-Foto Schiller sagt:

      Eine Review der weiteren Bände ist natürlich geplant; Teil 2 liegt schon zur kritischen Betrachtung bereit 😉

      Über eine deutsche Gesamtveröffentlichung ist uns auch noch nichts bekannt. Ich vermute, das werden wir erst erfahren, wenn der dritte Band einige Zeit auf dem Markt ist.

  2. Mark sagt:

    Lokale Shops unterstützen ist ja schön und gut aber die Englische Erstausgabe ist reizvoller als was Panini da auf dem Markt wirft 🙂 200 Großformat Hardcover inkl Schutzumschlag mit Transparentcover, dass wenn man es abzieht, Harleys Blutverschmiertes Gesicht hinter der Maske zeigt.
    Preis 20eur.
    Dagegen steht halt Panini mit ihren Einzelbänden und 45eur ist nicht so attraktiv und man importiert dann doch lieber

  3. Face sagt:

    Also ich wäre ja für eine filmische umsetzung von joker/harley:psychogramm des grauens.

Schreibe einen Kommentar

Bleibt fair und zitiert keine Spoiler aus den News. Seid freundlich, respektvoll und beachtet die Netiquette. Wir behalten uns vor unpassende, diskriminierende und beleidigende Kommentare nicht freizuschalten oder zu löschen. Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung der Kommentare.

Kommentare