Review: Batman – Die Maske im Spiegel 2

Ja, es ist schon so weit. Seit letzter Woche steht der zweite und damit vorletzte Band von „Batman – Die Maske im Spiegel” in den Regalen. Wer den ersten der drei Teile bereits gelesen hat, wird vermutlich hohe Erwartungen an diesen Mittelteil stellen und das zurecht. Hintergründe müssen erklärt, Figuren etabliert und ausgebaut, Dynamiken ins Rollen gebracht und die Spannung gehalten werden. Keine allzu leichte Aufgabe.

Titel: Batman – Die Maske im Spiegel 2
Original: Batman: The Imposter 2

Autor: Mattson Tomlin
Zeichner: Andrea Sorrentino
Farben: Jordie Bellaire

Verlag: Panini
Seiten: 60
Preis: 13,- € (Hardcover)
20,- € (Variant-Hardcover)

VÖ: 09. November 2021


Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt dieses eine, bestimmte Gefühl hatte; zumindest nicht als Erwachsener. Oder vielmehr – ich habe es in den letzten Jahren nicht mehr verspürt. Ich rede von diesem unbändigen Verlangen, einem Verlangen nach Auflösung, nach mehr von dem, was ich gerade konsumiert habe, dem Verlangen nach dem nächsten Teil eines Comics.

Als junger Dino-Leser hatte ich das jeden Monat und es hat mich innerlich zerrissen. Umso schöner war die Erlösung, wenn ich das nächste Heft in den Händen hielt. Dabei ging es selten allein um die Geschichte bzw. die Auflösung eines Cliffhangers. Nein, ich liebte die Möglichkeit, mich restlos in dieser Welt der Comic-Helden und Fantasiegestalten verlieren zu können. Je besser das Kreativteam, desto größer meine eskapistischen Freuden. Spannung spürte ich dort trotzdem. Aber nicht auf einen bestimmten Aspekt bezogen, sondern ganz global. Ich wollte wissen, wie es generell mit diesen Figuren und ihren Dynamiken weitergeht, wie sie sich entwickeln, wobei sie fallen und wie sie wieder aufstehen.

Bei Comics ist mir dieser unbedingte Drang, dieses es nicht mehr bis zum nächsten Monat aushalten können, schon ewig nicht mehr begegnet. Bis, ja, bis letzten Monat schließlich, als ich das erste Heft von „Batman – Die Maske im Spiegel“ fertiggelesen hatte. Dieses einem Batman-Fan eigentlich vertraute Szenario war von Mattson Tomlin, Andrea Sorrentino und Jordie Bellaire so hervorragend konstruiert, dass es mich trotz aller bekannten Versatzstücke restlos in seinen Bann gezogen hat und ich unbedingt und sofort wissen wollte, wie es weitergeht. Das Kreativteam hat mich auf diese Weise seit langer Zeit einen Batmancomic so lesen lassen, als würde ich den Dunklen Ritter gerade erst neu entdecken. Nun will ich mehr davon.

Denn diese Einleitung ist Lob und Liebeserklärung für Tomlins Erstling, zeigt aber zugleich, dass Teil 2 und 3 es bei mir recht schwer haben werden. Denn ich erwarte tatsächlich, dass das hohe Niveau des Vorgängers gehalten wird. Inwieweit das gelingt, sehen wir uns nun an.

©Panini Comics Deutschland | Variant-Cover von Lee Bermejo

Inhalt

Zunächst wird man als Leser in seiner Euphorie etwas ausgebremst. Dadurch verliert die Geschichte aber keineswegs an Spannung. Sie beginnt mit einer Rückblende in eine Zeit, als Leslie Thompkins die Therapeutin eines kleinen, 11-jährigen Jungen wurde, dessen Diagnosen auf keine 3 Zeilen passen. Der Name des wütenden, jungen Patienten – natürlich Bruce Wayne. Wir erhalten Einblicke in die Beziehung von Leslie und Bruce; ebenso in die Ängste und Nöte, die sein bemühter Pflegevater Alfred Pennyworth mit dem ungestümen Wesen des Jungen hat. Auch die Konsequenzen dieser Hilflosigkeit erfahren wir und sie sind … naja, anders; anders als wir sie aus den bisherigen Geschichten kennen.

Diese nur seicht angedeutete, veränderte Origin ist klug gewählt und geschickt am Anfang des zweiten Bandes platziert. Denn sofort spüren wir eine Verbindung zwischen Bruce und Leslie, die sich – diesmal als Erwachsene – auf den folgenden Seiten begegnen. Auch Detective Blair Wong und ihre Bekanntschaft mit Bruce Wayne wird weitererzählt und intensiviert. Die Handlungsstränge des Vorgängers werden verlässlich wiederaufgenommen und in teils ziemlich unerwartete Richtungen geführt. All das geschieht stetig fortlaufend, aber langsamer, leiser als in Band 1. Erst im letzten Drittel nimmt Teil 2 wieder mehr an Fahrt auf und macht zum Ende hin klar – ab sofort spielen alle nur noch mit hohen Einsätzen.

©Panini Comics Deutschland

Wertung

Dieser Band ein typischer Mittelteil. Die Nummer 2 hat die nahezu unmögliche Aufgabe, das Niveau der ersten Nummer zu halten, keine roten Fäden aus dem Prolog liegenzulassen und vernünftig wie spannend auf einen finalen Teil hinzuarbeiten; immer einhergehenden mit dem Geschmack, dass Band 3 ja trotzdem schlechter werden und das Gesamtkonstrukt zerstören könnte. Mattson Tomlin jongliert aber geschickt mit all diesen Risiken, nimmt anfangs Fahrt aus der Geschichte, um ihr gleichzeitig Tiefe hinzuzufügen. Immerhin nutzt er diesen Teil für eine angemessene Analyse seiner Protagonisten, lässt uns sehen, wie Batman/Bruce in Beziehungen reagiert und schickt ihn erst zum Ende wieder in Vollmontur auf die Straße.

Insgesamt fällt auf, der Mittelteil hat ein ganz anderes Tempo als die Nummer 1 – langsamer, nicht mehr so heftig, aber trotzdem intensiv. Es wird aber eine andere emotionale Ebene bedient und die dafür recht konsequent.

Die gefühlte Nähe zum kommenden Film „The Batman” löst sich in dieser Nummer 2 allmählich auf. Zu viele vermeintliche Unterschiede kann man jetzt schon benennen. Ebenso ist es mit Parallelen zum üblichen Comic-Batman. Mattson Tomlin hat hier eine Elseworld kreiert, die mittels nur seichter Abweichung von der gewohnten Origin, eine teils gänzlich andere Batman-Welt erschafft. Dabei sind es weniger die Rahmenbedingungen (Gotham City, Batmans Mission, Bruce Waynes grober Background usw.), als mehr die Faktoren in der Tiefe und der Historie dieser Batmanfigur und ihrer Welt, die eine ganz andere Stimmung erzeugen.

©Panini Comics Deutschland | DC Comics

Damit schaffen sie auch ein Bedürfnis nach mehr. Ich weiß jetzt schon, wenn Nummer 3 kein völliger Nonsens wird, dann will ich mehr von diesem Gotham und mehr von diesem Batman sehen. Wir bekommen hier eine Art „Batman: Earth One”, das sich in seiner Konstruktion noch geerdeter und noch elseworldiger anfühlt, als Geoff Johns Original und als die regulären Comics sowieso. Auf welche Weise sich Tomlin hier auch bekannter Gegner bedient und sie in seiner Welt nach und nach etabliert, ist äußerst ansprechend gestaltet.

Gleiches gilt nach wie vor für das Artwork. Andrea Sorrentino zeichnet weiterhin in seinem außergewöhnlichen wie prägnanten Stil und gestaltet dabei äußerst stimmige Doppelseiten und Splashpages. Der Detailgrad dort ist in weiten Teilen wirklich bemerkenswert. Jordie Bellaire unterstützt Sorrentino dabei meisterlich, sodass man manchmal wunderschöne wie bedeutsame Gemälde vor sich hat, die zum längeren Verweilen bzw. zum Zurückblättern einladen.

©Panini Comics Deutschland | Bilder wegen möglicher Spoiler bearbeitet

Dennoch hat Nummer 2 meine anfangs geschilderte Grundspannung leicht gedämpft. Wahrscheinlich liegt das an dem veränderten Tempo und dem zeitweisen Abweichen vom Hauptpfad der Geschichte. Batmans Doppelgänger spielt zwar die ganze Zeit eine Rolle, wirkt aber bisweilen unwichtig. Während er in Band 1 als Aufhänger und als große Gefahr etabliert wurde, gerät er hier (aufgrund der prominenten Nebenstränge) in den Hintergrund und verliert damit an Bedrohlichkeit. Band 2 wirkt daher in seiner Konstruktion zeitweise wie ein zweiter Anfang. Dadurch steht und fällt das Ganze eben mit dem finalen Teil. Auf den bin ich daher jetzt richtig gespannt.

©Panini Comics Deutschland
 

MARIAN MEINT

Mattson Tomlin kann Eines sehr gut – neugierig machen. Während er in Teil 1 ein aufregendes Setting mit interessanten Figuren etabliert hat, rollt er hier seine Welt und seine Charaktere weiterhin spannend vor des Lesers Auge aus. Manchmal stockt man allerdings, wenn man plötzlich wieder mehr Fragen als Antworten zu dieser Welt hat; manchmal auch, weil Tomlin das ein oder andere Hollywoodklischee nicht liegenlassen kann. Aber trotz dieser wenigen, vereinzelten Brüche haben wir auch hier wieder eine komplexe, oft tiefgründige Story, die dennoch jederzeit in der Erzählung und ihren Figuren verständlich bleibt und stetig fließt.

Man rufe sich bitte in Erinnerung, dass dies der erste Comic überhaupt ist, den Tomlin hier abliefert und auch wenn dieser Teil im Gegensatz zu seinem Vorgänger milde abfällt, so hält er im Wesentlichen das hohe Niveau. Hinzu kommt, dass mich allein die Kunstfertigkeit von Andrea Sorrentino und Jordie Bellaire immer wieder diesen Comic aus dem Regal holen lassen wird.

Wenn man mal die gelegentlich schaumgebremste Leithandlung beiseitelässt, hat man immer noch eine sehr gut erzählte Geschichte und Welt in welcher sich glaubhafte Figuren mit ebensolchen Dynamiken bewegen. Die globale Spannung also, wohin das Ganze führt und was es für jeden einzelnen Charakter bedeutet, bleibt ungebrochen – ebenso wie meine Leseempfehlung.

Teil Drei erscheint voraussichtlich am 14. Dezember 2021.


Bei Panini liegt der Comic im Hardcover vor. Ein Variant-Hardcover gibt es auch.

Batman – Die Maske im Spiegel 2 (Hardcover)

Batman – Die Maske im Spiegel 2 (Variant-Hardcover)


Übrigens: Panini gibt in einer einer Preview noch ein paar weitere Einblicke. Aus Spoilergründen empfehlen wir dieses Mal, die Leseprobe nicht anzuschauen!

LESEPROBE (bereitgestellt von ©Panini Comics)

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Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

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