Review: Batman Detective Comics Paperback 4: „DER TURM VON ARKHAM“

Gotham erstrahlt ohne Batman in neuem Glanz. Mariko Tamaki zeigt uns mit wiedergewonnener Brillanz, wie das funktioniert.

Hardcover©Panini Comics Deutschland

Ein vorerst letztes Mal möchte ich auf den BATCAST #180 – THE BAT, THE BOOKS & THE UGLY verweisen, denn in diesem kam auch der bisherige Run von Autorin Mariko Tamaki zur Sprache. Leider musste ich dem bisherigen Schaffen eine gewisse Langeweile attestieren. Zwar lieferte Tamaki in dem ersten Sammelband NEUE NACHBARN noch ein solides Spannungsfeld, konnte dieses aber nicht angemessen ausspielen und verlief sich in einer bedeutsamen Idee, die schon im Nachfolger Paperback FEAR STATE keine tragende Rolle mehr spielte.

FUNDAMENTE DES SCHRECKENS konnte als dritte deutsche Storyzusammenstellung der aktuellen Detective Comics-Reihe immerhin mit einer netten Filler-Episode Spaß machen. Aber das große Ganze schien schon lange aus dem Fokus geraten zu sein.

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Und nun kommt DER TURM VON ARKHAM dank einem Rezensionsexemplar von Panini Comics Deutschland  ins Haus geflattert und hat all meine niedergeschmetterten Erwartungen überflügelt. Ein großes Dankeschön geht an Panini und ein weiteres geht an die Autorin Mariko Tamaki, die mein Vertrauen mit dieser Geschichte ein Stück weit wiedergewinnen konnte.

Ganz clever lagert Tamaki (unfreiwillig oder nicht) ihre größte Schwäche schon zu Beginn aus ihrer Geschichte aus. In meiner Wahrnehmung hat sie nämlich Schwierigkeiten wirklich große Namen der DC-Reihe einprägsam zu inszenieren.

Entweder traut sie sich zu wenig und es bleibt bei einer repetitiven Collage der Charakter-Historie wie in ONE BAD DAY – TWO-FACE. Oder sie schafft es einfach nicht, ihrer eigenen Idee mehr Gewicht zu verleihen und sie konsequent fortzuführen. NEUE NACHBARN ist ein besonders gutes Beispiel, weil Batman durch den Verlust seiner Finanzen in eine neue Umgebung gezwungen wird, aber dieses spannende Umfeld durch einen generischen Antagonisten schnell wieder egal wird. Diese mangelnde Risikobereitschaft der Autorin verlangt, dass Batman schon zu Beginn in DER TURM VON ARKHAM gar nicht in Gotham anzutreffen ist. Es geht vornehmlich um ganz andere Persönlichkeiten aus der Bathöhle. Dadurch findet Tamaki zu ihren ganz großen Stärken zurück und liefert ab.

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Das lange Palavern um den titelgebenden Turm hat nun endlich ein Ende und das Ding steht. Es dauert keine acht Seiten, dann ist die ganze Sache auch schon hochbrisant am Eskalieren. Der auf Langzeittherapie von psychischen Störungen ausgerichtete Gebäudekomplex ist in der gewaltsamen Kontrolle von … ja von wem eigentlich? Um genau zu sein, ist das gar nicht so einfach zu beantworten. Denn auch die Pantient*innen scheinen alles anderes als gut therapiert zu sein und fallen in alte gewaltsame Muster zurück. Aber warum das nun eigentlich so ist, wissen sie auch nicht.

Was ist schief gelaufen? Warum konnten die Therapieerfolge nicht aufrecht erhalten werden? Handelt es sich um einen Einzelfall in der noch jungen Geschichte des Turmes? Was daraufhin folgt sind mehrere Rückblicke, die der interessierten Leserschaft helfen, die Umstände besser nachvollziehen zu können und auch zum Detektivspiel einladen.

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Gemeinsam mit Batwoman, Oracle, Nightwing und Huntress versucht man die Hinweise, die über die verschiedenen Zeitebenen gestreut werden, zusammenzusetzen. Wir wechseln also immer wieder zwischen den Zeitebenen vor der Eröffnung des Turms, während seiner regulären Inbetriebnahme und der Eskalation. Was sich aufgrund der vielen Charaktere überladen anhört, beherrscht Tamaki wie kaum eine andere in feinster Balance.

Tamaki scheint deutlich weniger Berührungsschwierigkeiten mit der Bat-Family zu haben, als mit ihrem großen Anführer und jongliert dabei gekonnt mit diversen interessanten Nebensträngen. Dabei lässt sie die einzelnen Mitglieder auch als Gruppe weitestgehend clever handeln und belohnt sie regelmäßig mit kleinen Erkenntnissen. Dabei verliert die Autorin (ungewöhnlicherweise) nie ihren großen Handlungsbogen aus den Augen und arbeitet faszinierend stringent auf das Finale hin. Alles greift irgendwie ineinander.

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Wer einige Rückblicke oder Verweise auf vorangegangene Ereignisse als störend empfindet, kann zumindest darauf zählen, dass diese Zugaben nie  ausufern und immer wieder kleine Verständniszugewinne für die Charaktere liefern. Das funktioniert bei Huntress und einer Dr. Meridian gleichermaßen effizient.

Das entschleunigte Erzähltempo offenbart alle Motive und Hintergründe erst nach und nach. Auf 240 Seiten kommt es aber auch immer wieder zu heftigen sowie blutigen Auseinandersetzungen. Der eigentliche Schurke ist schon nach der Hälfte vollständig enttarnt. Und dennoch verpufft der Reiz seiner Darstellung über das komplette Paperback nicht. Denn auch diese Figur hat Probleme, die sich mit jedem Kapitel immer weiter zuspitzen. Es menschelt wie schon lang nicht mehr. So viel kann man verraten: Es ist kein Villain aus den ersten Reihen des DC-Kosmos. Innerhalb der Geschichte gesellen sich noch vier, fünf, sechs … auf jeden Fall eine Menge Wendungen, die leider nicht mit ikonischen Bildern unterstützt werden.

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Die Illustrationen von Ivan Reis, Max Raynor und Amancay Nahuelpan sind durchweg in Ordnung. Von den Dreien versteht es Raynor meiner Meinung nach auch noch am besten, mit seinen Bildern die Geschichte dynamisch nach vorne zu pushen. Aber was diesen Kreativen in dieser Geschichte fehlt, ist das gewisse Etwas. Es mangelnd an der Exklusivität eines Stils oder auch nur einer erinnerungswürdigen Splashpage. In diesem Paperback gibt es visuell aber auch nichts Konkretes zu beanstanden. Der Esprit der Story reicht in diesem Falle tatsächlich aus, um ein besonderes Leseerlebnis zu schaffen.

Ja, sie kann es noch! Tamaki ist im Stande eine spannende, zusammenhängende und wendungsreiche Geschichte zu erzählen. Das beweist sie eindrucksvoll in dieser zwölfteiligen Story mit ihren spezifischen Stärken. Nebencharaktere werden interessant in Szene gesetzt und es wird sich genügend Zeit genommen, um eine Überladung zu vermeiden. Und selbst wenn eine Figur nur mal für eine kurze Nebenerzählung das Gesicht ins Panel hält, kommt das nicht gänzlich ohne sinnhaften Charme aus. 

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Bürgermeister Nakano ist meinem Empfinden nach auch weiterhin unterrepräsentiert, da er so viele unausgearbeitete Konflikte immer noch mit sich rumtragen muss. Die Reporterin Deborah Donovan erhält zwar ein Schlusswort, aber mir wird nicht klar in welche Richtung es mit ihr noch einmal gehen soll. Ganz klar ist allerdings, dass dieses Paperback wirklich richtig gut geschrieben ist und mich trotz seiner auffälligen Seitenanzahl zu keiner Zeit gelangweilt hat.

DER TURM VON ARKHAM ist ein richtig gutes Paperback geworden! Die Geschichte ist mit zahlreichen Überraschungen gespickt, vereint glaubwürdige Charaktere und nimmt sich genügend Raum, um diese zu unterfüttern. Während Action und Emotionen im Wechselspiel immer wieder solide bebildert werden, ist selbst nach dem Lüften der ersten Geheimnisse noch lange nicht Schluss und die Story entfaltet ihr wahres Katastrophenausmaß erst ganz am Ende.

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Apropos ganz am Ende … Zum Abschluss der Geschichte hat Panini erneut eine Variant-Cover-Galerie abgedruckt. Natürlich wissen wir um die faszinierende Kunst von Lee Bermejo. Und seine Variants üben auch wieder diese einzigartige Sogwirkung aus. Zudem kann sich Jorge Molinas kantige Kunst (ebenfalls in Vollbild abgedruckt) wirklich sehen lassen. Da kommt bei mir sogar ein wohliges Kinogefühl auf. Das ist alles wirklich schön, aber mal ganz im Ernst: Was ist eigentlich mit Irvin Rodriguez los?

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Rodriguez‘ Arbeiten sind nicht von dieser Welt. Mit jedem Cover erschafft er ein eigenes Paralleluniversum indem scheinbar alles möglich und auch greifbar scheint. Dessen ist sich wohl auch Panini bewusst und hat zusätzlich noch ein paar Cover-Skizzen von dem Ausnahmekünstler an die Variants angehangen.

Von mir sehr zufriedene vier Bat-Heads und eine eindringliche Kauf- beziehungsweise Leseempfehlung.  Auch wenn es über lange Strecken an Batman mangelt, zeigt sich seine Familie von besonders spannender Seite. Zu haben gibt es den schweren Sammelband natürlich bei eurem Comicladen des Vertrauens oder direkt bei Panini Comics zu haben.


4 von 5 Bat-Heads

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

1 Kommentar

  1. Sören sagt:

    Eigentlich könnte man alles um den Arkham Tower die Bat-Frauen nennen. Weil hier vor allem der weibliche Teil der Batfamilie im Mittelpunkt steht. Ob das Huntress, Batwoman, Oracel oder die Batgirls sind, klar, Nighwing ist auch dabei, Batman taucht später auch auf. Aber viele hängen bei den Frauen und Mädchen der Bat – Familie und ich finde, Team-Arbeit von Batwoman und den drei Batgirls hat eine tolle Dynamik, finde ich.

    3

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