Review: Batman – Das lange Halloween Special

25 Jahre nach dem ersten Mord des Holiday-Killers kehrt das Erfolgsduo Jeph Loeb und Tim Sale nach Gotham zurück, um einen weiteren Kriminalfall in seiner düsteren Version Gothams zu lösen. Ob es den beiden nach so langer Zeit gelingt, an den Erfolg ihres All Time Classics anknüpfen zu können, lest ihr in dieser Review. Happy Halloween!

Titel: Batman – Das lange Halloween Special
Original: Batman: The Long Halloween Special

Story: Jeph Loeb & Tim Sale
Zeichnungen: Tim Sale
Farben: Brennan Wagner

Verlag: Panini
Seiten: 68
Preis: 9,99 €

VÖ: 15.02.2022


Hiermit sei eine Art DISCLAIMER vorausgeschickt: Ich hatte das Heft bereits im März diesen Jahres gelesen (Vielen Dank, Panini!), die Review war im April im Wesentlichen geschrieben. Allerdings hatte ich die Fertigstellung so lange hinausgezögert, bis auch ich vom Tode Tim Sales überrascht wurde. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, tatsächlich bis Halloween dieses Jahres zu warten, um so einen guten Zeitpunkt zur Veröffentlichung der Rezension zu finden. Denn mein Urteil zum Band und auch zu Tim Sales Anteil daran könnten jetzt ziemlich hart und unsensibel klingen (ist es immerhin das letzte Batman-Werk des von mir hochgeschätzten Meisters). Ich habe mich allerdings gegen eine Änderung meiner ursprünglichen Einschätzung entschieden, da ich keine Gefälligkeitsreviews verfassen will.

Manchmal ändern so traurige Ereignisse wie der Tod von Künstlern auch noch mal den Blick auf bestimmte Einzelwerke. Im Wesentlichen ist dies hier aber nicht der Fall. Meine Aufgabe hier sehe ich darin, Bewertungen über Comics abzugeben, damit diese bei Kauf- oder Leseentscheidungen von potenziellen Leser:innen unter Umständen Eingang finden können. Ich habe den Band jetzt noch mal gelesen und bleibe aus den genannten Gründen bei meiner Wertung. Alles andere wäre nah am (Selbst-)Betrug. Auch wäre damit dem Andenken an Tim Sale kein Gefallen getan. Gleichermaßen dürften ein paar klare Worte dem auch keinen Schaden zufügen.

©DC Comics

INHALT

Ein aus der Reihe durchaus bekannter Schurke begeht kurz vor Halloween mehrere Verbrechen und erinnert stark an die Morde des langen Halloween und an das tragische Schicksal des ehemaligen Staatsanwalts Harvey Dent. Commissioner James Gordon und Batman fühlen sich schmerzlich an die damalige Zeit und jeden damit einhergehenden Verlust erinnert und versuchen nun alles, damit sich solch eine Tragödie nicht noch einmal wiederholt, … auch wenn dies das Bündnis mit einem recht frischen Mitglied aus Batmans Schurkengallerie notwendig macht. Die Geschichte setzt inhaltlich nicht lang nach den Ereignissen aus „Batman – Das lange Halloween” bzw. „Dark Victory” an, referiert dabei vor allem auf den erstgenannten Story-Arc, versucht ein paar lose Fäden daraus wieder aufzugreifen und spart auch nicht mit den Auftritten alter Bekannter.

©Panini Comics Deutschland

WERTUNG

Jeph Loeb kann schreiben. Er konstruiert ausgezeichnete Dialoge, hat einen feinen Humor und besitzt ein nahezu untrügliches Gespür für Pacing. Fortwährend fließt die Geschichte dahin und nichts fühlt sich übereilt oder gedrängt an. Man folgt der Story wie einem guten Film, ohne dass man die Übergänge zwischen den Szenen bemerkt. Das alles nützt leider wenig, wenn die Grundidee eher mittelmäßig ist. Die vorliegende Geschichte ist nicht aufregend schlecht, aber sie bietet leider auch wenig Erinnerungswürdiges. Dabei haben sich Loeb und Sale sehr angestrengt, möglichst viele Anspielungen an ihre eigenen Werke in diesem kurzen Band unterzubringen. Dieses Special ist im Grunde eine große Hommage an die erste gemeinsame Batman-Serie der beiden, sowohl inhaltlich als auch auf der Metaebene. Die Zitate sind nicht nur textlicher Natur, sondern finden sich auch in der Bildsprache, in Perspektiven und Szenerien wieder. Hat man direkt zuvor das Ursprungswerk gelesen, kann man sehr viel Spaß mit all den Anspielungen haben. Manchmal wirkt das vielleicht ein wenig plump, aber als Fan des TLH-Kanons kann man da durchaus Milde walten lassen.

©Panini Comics Deutschland

Bei der Geschichte im Ganzen geht das allerdings nicht. Sie ist seicht, trotz einiger Twists wenig überraschend und im Grunde völlig überflüssig. Vielleicht bestand auch die Aufgabe seitens des Verlags darin, bloß kein Special zu schaffen, das dem Original noch etwas Fundamentales hinzufügt. Aber dann kann man es auch lassen. Wie gesagt – Loebs wahre Stärken, die punktgenauen Dialoge und der transportierte Witz sowie das Aufgreifen der eigenen Memes aus „Batman: Das lange Halloween” sind durchaus unterhaltsam, aber die Basis ist nicht viel mehr als heiße Luft und das ist mehr als schade.

©DC Comics

Bedauerlicherweise gehört Tim Sales Artwork hier nicht zu seinen besten Arbeiten. Klar, man könnte jedem Batmanfan einzelne Panel aus dem Comic vorzeigen und 99 % würden Tim Sale darin wiederfinden. Sein Stil ist unverwechselbar, wurde aber über die Zeit geschliffen. Während ich das Artwork in Dark Victory immer über jenem aus Das lange Halloween einordnen würde, so ist mir in diesem Special einfach alles zu glatt. Dafür sind manche Gesichter nicht mehr on Point. Während z. B. Commissioner Gordon sehr nah an seinem generellen Comiclook und damit ansprechend gestaltet ist, muss man bei Batman oder Bruce manchmal genau hinsehen, ob da überhaupt noch die Proportionen stimmen. Und Robin ist in diesen Belangen ein Totalausfall; fast so, als hätte Sale den Boy Wonder nachträglich noch mit reinzeichnen müssen. Dennoch sind einige Settings und einzelne metaphorisch wie künstlerisch aufgeladene Bilder sehr gelungen. Insgesamt ist das Special aber äußerst unspektakulär geraten. Ein Mehrwert im Vergleich zu den bisherigen drei Bänden des Dream-Teams ist leider nicht zu erkennen.

©Panini Comics Deutschland

Ich weiß, bei solchen Gelegenheiten sagt man schnell, man solle sich von potenziellen Nachfolgern nicht zu viel erwarten, vor allem nicht, dass sie ans Original heranreichen oder Ähnliches. Und ich frage mich ehrlich: „Warum eigentlich nicht?”

Wenn ich als Autorenteam die Anfrage vom Verlag bekomme, doch möglicherweise einen Anschluss an eines meiner gefeierten Meisterwerke zu bringen, zu dem es außerdem schon zwei richtige Nachfolger gibt, die ebenfalls gut, wenn nicht gar besser besprochen sind; warum sage ich dann zu, wenn ich dem inhaltlich nichts mehr hinzuzufügen habe? Denn es fällt einem als Rezensenten schwer, die ungebrochenen Sympathien, die man für Jeph Loeb, Tim Sale, deren Werk und Vermächtnis beiseite zu wischen. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann ist es hier nichts weiter als ein kurzer nostalgischer Ausflug in die TLH-Welt, mit ein paar aufgegriffenen Fragen aus den Hauptwerken, einem kleinen Augenzwinkern hier und da an die Leser:innen, mehr aber auch nicht. Dieses Special wiederholt Themen und Dialoge, die man so oder so ähnlich schon bei diesem Team gesehen hat. Eine Wiederherstellung der einnehmenden Atmosphäre der Hauptwerke gelingt hier – trotz erkennbarer Bemühungen – allerdings nicht.

©Panini Comics Deutschland

Erwähnenswert ist allerdings noch ein kleines Extra nach der eigentlichen Story. Und zwar ist am Ende der Erstentwurf für das Skript zum langen Halloween von Jeph Loeb beigefügt. Dort hat der Autor zunächst die grundlegenden Prämissen und hernach die für ihn wichtigsten Punkte zu den einzelnen Kapiteln niedergeschrieben. Das ist ein äußerst erfreulicher Bonus, vor allem weil man so den Schaffensprozess mit zum Teil erheblichen Änderungen nachvollziehen kann. Das Vorwort und die kurze redaktionelle Einordnung einzelner Figuren zum Schluss (beides von Christian Endres) möchte ich an dieser Stelle auch noch lobend erwähnen.

FAZIT

MARIAN MEINT

Gute Dialoge sowie interessante wie dynamische Figuren stehen hier einer mäßigen Story und oberflächlichem Artwork gegenüber. Das lange Halloween Special wirkt dadurch gar ein wenig lieblos. Einzig die Rückkehr in Loebs und Sales Gotham versüßt einem die recht unspektakuläre Erzählung. Letztlich aber ist es natürlich genau dafür gedacht. Einen weiteren bleibenden Mehrwert kann das Special allerdings nicht liefern. Schade. Wer es sich aufgrund seines Fan-Status‘ doch nicht verkneifen kann, diesen 10er zu investieren, dem ist nur zu raten, sich zuvor noch mal „Batman: Das lange Halloween” zu Gemüte zu führen. Das steigert den Spaß am Special ungemein. Das Skript zum Schluss ist auch sehr schön. Beides hebt die Endnote auf 2,5 Batheads.


Bei Panini kann man den Band über folgenden Link erwerben:



Übrigens: Panini gibt in einer einer Preview noch ein paar weitere Einblicke.

LESEPROBE (bereitgestellt von ©Panini Comics)

DISCLAIMER

Für die vorliegende Review wurde uns ein Rezensionsexemplar von Panini Comics Deutschland zur Verfügung gestellt. Dafür vielen Dank!

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Batmanfan seit frühester Kindheit; besonders geprägt durch die Animated Series und die Dino-Comics.

2 Kommentare

  1. darkjay sagt:

    Wo bleibt der für heute angekündigte Cast? Warte schon gespannt!

    • Avatar-Foto Henning sagt:

      Bitte postet unter den Artikel keine Fragen zu anderen Themen oder Projekten, selbst wenn es hier eine „artverwandte“ Frage ist 😉

      Hier bitte also nur Kommentare und Fragen zur Review oder dem Comic selbst. Danke 🙂

      P.S.: Der Cast wird kommen, allerdings war der Veröffentlichungstermin am 31.10. aus divesen Gründen nicht haltbar.

      4

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