Review: „Batman / Catwoman – WAFFENWAHN“

Manchmal ist weniger mehr. Und so wäre dieser Sammelband lieber ein Einzelband geworden.

©Panini Comics Deutschland

Dank Panini Comics Deutschland ist mir eine besonders spannende Geschichte in Form eines Rezensionsexemplars zugestellt worden. Die Hauptstory über Waffen, die damit ausgeübte Gewalt und mit ihr verbundene politischen Interessen sieht spektakulär aus. Und das liegt nicht nur an der offensichtlichen Stilisierung der Weiblichkeit und ihren Reizen. Diese konterkariert sogar die heftige Brutalität in diesem Sammelband, die sich jegliche Zurückhaltung schon auf der ersten Seite verbietet. Die Anleihen an die Exploitation Ära verschwimmen jedoch mit der stark moralisch aufgeladenen Handlung.

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Eine neuartige Schusswaffe in Gotham ist der Heilige Gral unter Schurken und Dieben. Denn sie soll ihr Ziel niemals verfehlen. Dass diese wärmesuchende Waffe in falsche Hände gelangt, kann Batman natürlich nicht zulassen. Und so entbrennt ein Wettlauf um das Vorrecht auf dieses Ruhm und Tod bringenden Großkalibers. Denn auch Selina alias Catwoman möchte sich durch den Diebstahl dieser einzigartigen Waffe unsterblich machen.

Über Umwege setzt die Geschichte an diesem Punkt an und wir dürfen bei Planung und Ausführung des Mega-Coups zuschauen. Dabei werden interessante Charaktere vorgestellt, deren Motivation nicht immer sofort deutlich ist. Die Geschichte hält also auch die ein oder andere Wendung parat. Der große Aufhänger ist allerdings, dass Catwoman für die Ermordung gleich mehrerer Männer verantwortlich gemacht wird. Wie es dazu kam, erfahren wir in fantastischen Bildern von Ethan van Sciver (Dieser Künstler arbeitet im Übrigen aus einschlägigen Gründen nicht mehr für DC Comics). Seine Zeichnungen sind unglaublich detailliert und haben von Chris Chuckry die genau richtigen stimmungsvollen Farben bekommen.

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Die Geschichte ist neben der hervorragenden Optik auch noch gut geschrieben und nimmt klare Realitätsbezüge für eine eindeutige Ansage: Waffen waren, sind und werden immer schlecht sein! Autorin Ann Nocenti geht dabei wenig subtil vor und wird nie müde ihre Position eindeutig zu untermauern. Es gelingt ihr aber nicht nur den mahnenden Zeigefinger zu heben, sondern auch relevante Argumente für ihre Ansicht zu liefern und gegenteilige zu entkräften.

Sie gewährt uns auch Einblicke in den teils berechtigten Nutzen der Tötungswerkzeuge. Beispielsweise erhalten wir Einblick in eine Familie, die bereits Gewalt erfahren hat und nun glaubt, sich lediglich durch den Besitz einer Waffe adäquat zur Wehr setzen zu können. Das macht betroffen. Vor allem dann, wenn Nocenti erneut die Konsequenzen dieser Gewaltspirale ungeschönt verdeutlicht.

Es handelt sich bei WAFFENWAHN nicht um einen leisen Metakommentar, sondern eine klare Positionierung der Autorin. Dabei schreckt sie auch nicht vor Kritik an Ex-Präsident Donald Trump zurück. Obwohl er nicht namentlich genannt wird und zum ersten Release 2004 auch noch kein Präsident war, ist die Figur optisch deutlich an das Original angelehnt und tobt in einer TV Show mit Argumenten die er auch heute gerne noch von sich gibt. Dieser Realitätsbezug erinnert an Frank Millers Präsidenten aus THE DARK KNIGHT RETURNS, der natürlich nie offiziell Ronald Reagan darstellen sollte. Mit Miller arbeitete Nocenti im Übrigen sogar in den achtziger Jahren gemeinsam an DAREDEVIL.

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Mit Sicherheit ist die Thematik von Waffenbesitz für das deutsche Verständnis etwas befremdlich, da es in Deutschland sehr strenge Waffenverordnungen für Besitz, Gebrauch und Lagerung gibt. In den Vereinigten Staaten sorgt das Thema aufgrund der eher lockeren und unterschiedlichen Auslegung allerdings immer wieder für hitzige Diskussionen und zahlreiche Tote in erschreckender Regelmäßigkeit.

Die fest verankerte Gesetzesgrundlage für den Waffenbesitz ist schon im Original verschachtelt und wurde von der US-amerikanischen Botschaft wie folgt auf Deutsch interpretiert: „Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.“ („A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.“)

Das Recht auf Waffenbesitz der Milizen verschob sich über die Jahrzehnte auf die Betonung der einzelnen Bürger und Bürgerinnen („people“). Und damit hat man sich natürlich einen unfassbar großen Markt für den Verkauf von Waffen an Privatpersonen geschaffen. Da es amtierenden Präsidenten allerdings nicht möglich ist, Veränderungen allein in Kraft zu setzen, sind Vorhaben von beispielsweise Obama oder Biden auch nur kleine Nadelstiche in einem Kampf gegen die finanziell geförderten Lobby-Organisationen. Auch diesen Umstand verhandelt die Autorin fortlaufend mahnend in ihrer Erzählung.

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Dass ausgerechnet ein Befürworter von Schusswaffen in der Geschichte sehr stark an Donald Trump erinnert, kommt nicht von ungefähr. Eben dieser hatte sich in seiner Amtszeit unter anderem nach einem Amoklauf 2018 für die Bewaffnung und ein entsprechendes Training von Lehrkräften ausgesprochen. Was die Autorin Ann Nocenti von einer derartigen Ansicht hält, wird in dem vorliegenden Comic mehr als deutlich. Es scheint fast so, als hätte Nocenti schon damals gewusst, dass sich in den kommenden zwanzig Jahren nicht viel verändern wird. Und so lässt sie beinahe jede Figur ihrer Geschichte ganz persönliche Erkenntnisse und Konsequenzen spüren.

Ich kann die Hauptstory nicht oft genug loben, denn alles was ich danach lesen musste, empfand ich als (im besten Fall) befremdlich. Die darauffolgende eigenständige Geschichte DIE SPUR DES GELDES schlägt in eine völlig andere Kerbe und lebt von ihrem leichtfüßigen Humor. Leider ist diese Geschichte nach WAFFENWAHN extrem unpassend und sieht auch noch fürchterlich aus.

Die Zeichnungen sind klobig, steif und bestimmte Perspektiven werden von Zeichner und Autor Howard Chaykin ständig wiederholt. Immer wieder muss ich mir variationsarme frontale Gesichter anschauen oder sehe starren Körpern dabei zu, wie sie quatschige Dialoge von sich geben.

Auch wenn die Dynamik zwischen Batman und Catwoman durchaus ihren Reiz hat und mir auch ein (einziges) Schmunzeln entlocken konnte, bleibt die Geschichte vergessenswert und optisch nur schwer zu ertragen. Gleiches gilt für die darauffolgenden One-Shots. DENK DRÜBER NACH liefert mir wirklich nichts außer nette Bilder. Die letzte abschließende Geschichte des Sammelbandes ist immerhin ein gelungener Gag und überrascht durch die lediglich schwarz und weiß gehaltenen Zeichnungen (beide One-Shots ebenfalls von Nocenti geschrieben). Wirklich gebraucht hätte ich diese Zugaben allerdings wirklich nicht. Dafür ist die titelgebende Story einfach zu gelungen und hätte für mich auch eine alleinstehende Veröffentlichung für einen fairen Preis gerechtfertigt.

©DC Comics

Die Hauptgeschichte ist absolut lesenswert, liefert genügend Diskussionsstoff und ist wirklich das Einzige in diesem Sammelband, das diese hohe Wertung rechtfertigt. Alles was danach zu finden ist, ist belanglos und sieht in Teilen auch noch schauderhaft aus. Als digitale Einzelauskopplung ist WAFFENWAHN sehr zu empfehlen. Mit den unnützen Seiten als Sammelband zum Vollpreis sieht die Sache wiederum anders aus. Nichtsdestotrotz hat mir die Hauptstory so gut gefallen, dass ich 4 Bat-Heads vergeben muss. Ihr findet den Sammelband bei Panini Comics Deutschland oder eurem Comicladen des Vertrauens. Vielleicht gibt es die Storyline aber auch digital ohne den unnötigen Ballast nach hinten raus.


4 von 5 Bat-Heads

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“You wanna get nuts? Come on! Let’s get nuts!” – Bruce Wayne (1989) / Lego Batman (2017) / Batman (2023)

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