Mittlerweile hinterlässt COVID-19 auch seine Spuren in der Comicwelt. Gemeint sind damit sowohl die Kreativen, als auch die Publisher, Vertrieb, Händler oder Kunden. Wie viele andere Wirtschaftsbereiche wird wohl auch die gesamte Comicindustrie durch die Pandemie nachhaltig verändert werden. Wie genau, ist noch nicht exakt vorherzusehen. Doch es gibt bereits jetzt tiefgreifende Einschnitte in die üblichen Strukturen … und ein paar leichtfüßigere Gedankenspiele. Corona und die Comic-Industrie bisher – eine Zusammenfassung.
Die Krise
Während die Pandemie sowie die jeweiligen behördlichen Reaktionen nunmehr weltweit das öffentliche Leben massiv einschränken und so auch ganze Wirtschaftszweige lahmlegen, haben sich selbstverständlich auch Konsequenzen für die Nerdkultur ergeben. So erwies sich Corona nicht zuletzt als der wahre Endgegner für Wonder Woman und Batman in ihren jeweiligen Filmuniversen. Doch viel gravierender sind die Folgen für das Quellmaterial und die dazugehörenden Wirtschafts- und Personenkreise.
Den Meisten dürfte mittlerweile klar sein, dass unter den momentanen Umständen comicnahe Großevents in den USA wie der Free Comic Book Day, die E3 oder die WonderCon auf unbestimmte Zeit verschoben oder gleich abgesagt wurden. Einzig die große San Diego Comic Con steht für Ende Juli immer noch auf dem Plan. Von diesen ganz offensichtlichen Maßnahmen abgesehen, haben nun auch die Händler und Verlage Einbußen durch die notwendig gewordenen Ladenschließungen und Verhaltensrestriktionen zu verzeichnen. Zunächst wendeten sich mittelgroße Häuser wie Image Comics bzw. kleinere Indieverlage wie IDW mit offenen Briefen an die Comic-Community und kündigten die Einstellung ihrer Produkte für die nächsten 60 Tage ein. Dabei ist es nicht schwer, sich vorzustellen, was das für Druck, Vertrieb und letztlich die Comichändler bedeuten wird. Schnell versuchten Verlage, dem Einzelhandel hilfreich beizuspingen. So bot Marvel „umfangreiche Rabatte“ für die nächsten Wochen an. Weitere Verlage, wie u. a. die relativ kleinen BOOM! Studios oder Dark Horse, boten gar die vollständige Rückgabemöglicheit nicht verkaufter Comics und weitere Sonderangebote für ihre Partner in den Comicshops.
Doch die bereits ins Rollen geratene Lawine war nicht mehr aufzuhalten. Der größte US-Vertrieb für Comics und comicverbundene Produkte aus den meisten Verlagshäusern, Diamond Comic Distibutors, hatte schon einige Zeit versucht, seine Lieferungen stabil zu halten, obwohl es zu immer mehr Verzögerungen seitens Entwicklern, Druckereien usw. gekommen war. Doch schließlich war die Belastung für die Lieferketten zu groß. Vor 2 Tagen nun erfolgte die Ankündigung, dass Diamond bis auf Weiteres keine Comicprodukte mehr liefern wird – kompletter Shutdown. Damit kommt buchstäblich die gesamte US-Comicbranche zum Erliegen, was auch recht schnell zahlreiche Reaktionen bekannter Kreativer nach sich zog (von Durchhalteparolen bis zur Aufforderung an die Leser, jetzt erst recht vorhandene Comics zu kaufen).
Also, in aller Deutlichkeit: Es findet in den USA de facto kein aktuelles Comicgeschäft mehr statt. Oder eben auch nicht, denn der digitale Weg ist nicht abgeschnitten. Für diesen Zweig wird weiter produziert bzw. werden dort die neuen Titel veröffentlicht; selbst jene, die ab 1. April in den Regalen der Comicshops fehlen. Damit aber könnte sich die Industrie ins eigene Fleisch schneiden, immerhin bietet sie damit dem Digital-Platzhirsch Comixology einen unglaublichen Marktvorteil. Wenn die Amazon-Tochter diesen (aus)nutzt, könnte sich das zukünftig negativ in den sowieso schon strapazierten Büchern der Druckerein, Lieferer und Händler niederschlagen. Eine abschließende Regelung oder eine eindeutige Reaktion seitens Comixology gibt es hierzu noch nicht.
Die Maßnahmen
Doch wenn die Nacht am dunkelsten ist … dann kann man zumindestens Licht in naher Zukunft erahnen. Neben den schon genannten Vergünstigungen und Rückgaberegelungen ist auch die Stunde des schon länger existierenden Comic Book Legal Defense Fund (CBLDF) gekommen. Die Non-Profit-Organisation steht v. a. den Einzelhändlern nicht nur mit Tipps, Organisationshilfen und Webinaren zur Seite, sondern unterstützt das Gewerbe auch mit Ressourcen zur Beantragung wichtiger Hilfskredite. Des Weiteren haben sich ein paar Comicschaffende zur sogenannten Comics Pro Patrol zusammengeschlossen, die ähnliche Hilfsangebote für die Verkäufer zur Verfügung stellt. Der Comicverlag Vault bietet jenen Lesern 2 Freieexemplare an, wenn sie jetzt eine Geschenkkarte ihres lokalen Comicdealers erwerben.
In Deutschland sollte man vor den Pandemiekonsequenzen bezgl. der heimischen Verlage und Händler ebenfalls nicht die Augen verschließen. Auch hier mussten Comicshops schließen und viele Betreiber wie auch die Lizenznehmer (wie z. B. Panini) wissen noch nicht, welche Ausfälle die Zukunft fü sie bereit hält. Damit Marktriese Amazon nicht auch noch dieses Feld allein beackert, behilft man sich hierzulande mit der neuen Plattform Comics-Kaufen.de. Diese ist eine Initiative von PPM Peter Poluda Medienvertrieb, Levin Kurio Verlag & Vertrieb, Comic.de & die neunte und ermöglicht dem geneigten Comicleser, sich schnell eine Übersicht über die Comicläden in seiner Nähe zu verschaffen und welchen Service dieser anbietet (Versand, Abholung oder Lieferservice). Es ist zu erwarten, dass sich auch hier derartige Angebote mehren bzw. ausgebaut werden, wenn die Situation um COVID-19 weiter anhält. Immerhin handelt es sich um eine Branche voller kreativer Köpfe.
Die Zukunft
Was die Zukunft bringen mag, ist vorerst nur abzuschätzen. Katastrophenzenarien kann sich jeder mittlerweile selbst ganz gut ausmalen und die Lernkurven zu Corona steigen exponentiell. Werfen wir also einen Blick auf das, was die Veränderungen durch die Pandemie an positiven Auswirkungen mit sich bringen könnte.
Allen voran stehen da beim Thema Comic natürlich die Autoren und Zeichner, die teilweise aus ihren Zwangspausen heraus, öffentlich so großartige Ideen entwickeln, wie die Neuinszenierung eines DC/Marvel-Crossovers.
Weiterhin bleibt abzuwarten, wie solidarisch sich Comixology zeigt bzw. ob die Verlage betreffs Digitalangebot zu anderen Lösungen kommen. Außerdem zwingt die Krise die Branche vielleicht hinsichtlich Geschäftsmodellen oder verlagsübergreifenden Kooperationen neue Ideen zu entwickeln und zwar diesmal nicht „gestört“ durch den laufenden Geschäftsbetrieb.
Einige Leser sehen sich eventuell veranlasst, sich mehr auf die lokale Anbieter zu konzentrieren. Die Comicschaffenden in den USA rühren dafür gerade ordentlich die Werbetrommel und auch die Comics-Kaufen.de-Initiative ist ein erster deutscher Schritt in diese Richtung. Hoffen wir, dass all das Früchte trägt.
Wir werden dieses Thema zumindest weiter begleiten und wünschen an dieser Stelle jenen, die unser schönes Medium Comic schaffen wie auch jenen, die es schließlich zum Kunden bringen, viel Kraft und Durchhaltevermögen.
Wie sieht es bei euch aus? Wie kommt ihr derzeit an Lesestoff oder zu euren Comics bzw. welchen Weg würdet ihr zukünftig bevorzugen? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.
Bleibt gesund und solidarisch!
Sehr traurig.
Ich werde meine Comics solange es geht weiterhin bei Panini und direkt im lokalen Comic-Shop bestellen.
Ich handhabe es ähnlich.Die monatlichen Comics der Batman-Reihe lass ich mir von Panini kommen, der Rest wird in meinem lokalen Buchhandel gekauft.
Ich werde wie Batman husten !
Nur wie oft kann man ins Batcape husten, bis Alfred es dann waschen muß ???