Batman: The Animated Chronicles, Kapitel 6 – Ra’s al Ghul – Teil 1

Eine Teuflische Bitte

Eine teuflische Bitte“ (S01E60E61; Original: „The Demon’s Quest, Part I & II“)
Story: Dennis O’Neil (I & II) & Len Wein (II) | Regie: Kevin Altieri

Synopsis:
Die Folge beginnt mit einer Art Prolog. Robin wird in Dick Graysons Zimmer an der Gotham University von mehreren Männern überrascht und in einen Kampf verwickelt. Schließlich betäubt ihn der Anführer der Bande, der eine geheimnisvolle Schakal-Maske trägt. Erst dann erscheint der Episoden-Titel (ohne eine der sonst so schön gestalteten Titel-Karten).

Wir sehen Batman und Alfred im Batcave und erfahren, dass Robin seit zwei Tagen vermisst wird. Alfred überreicht Bats einen Umschlag, der an Bruce Wayne gerichtet ist. Doch im Inneren wird er explizit als „Batman“ angesprochen. Dem Brief liegt ein Bild des gefesselten Robin bei. Just in diesem Moment betreten ein mysteriöser Mann und sein Diener die Bathöhle und enthüllen, dass sie wissen, wer der Mann hinter der Fledermausmaske ist. Der Fremde wiederum stellt sich als Ra’s al Ghul und seinen Diener schlicht als Ubu vor. Erstaunlicherweise hat Bats schon vom „Teufelskopf“ gehört, hielt ihn aber für eine Legende. Ra’s berichtet, dass Robin und seine Tochter Talia in derselben Nacht entführt wurden und er schlägt eine Allianz vor. Batman zeigt sich überrascht von der Vater-Tochter-Verbindung, willigt aber in das vorgeschlagene Joint Venture ein und Ra’s reicht ihm ein weiteres Hinweisfoto. Dank seines umfassenden Wissens über rituelle Dolche und die Hanfseile Kalkuttas(!) vermutet der „Detective“ eine erste Spur in Indien. Als die drei aufbrechen wollen, stößt ihn Ubu mit der Bezeichnung „Ungläubiger“ zurück. Niemand dürfe Ra’s vorausgehen.

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Im Flugzeug klärt Ra’s Batman darüber auf, dass er dessen Geheimidentität hergeleitet habe. Geschlossen habe er dies aus den Bestellungen der kostspieligen Gerätschaften des Dunklen Ritters durch „reiche Amerikaner“ und schließlich der Bestätigung Talias, da sie ja sein Gesicht gesehen hatte (wir erinnern uns). Während aller bisheriger Sequenzen sehen wir Ra’s auch immer wieder schwer husten, was dieser aber jedes Mal als Kleinigkeit abtut. Außerdem trifft er regelmäßig merkwürdige Äußerungen über unmögliche Gegebenheiten, z. B., dass Napoleon ihm persönlich Ratschläge erteilt habe usw. Der alte Mann scheint entweder verwirrt oder größenwahnsinnig oder beides zu sein.

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In Indien werden die drei Detektive in einen Kampf mit dem Söldnerkult verwickelt und gewinnen natürlich schnell die Oberhand. Batman erfährt von einem der Angreifer, dass sich die Kinder nunmehr in Malaysia befinden. Also wieder ab ins Flugzeug. Im Regenwald Malaysias offenbart Ra’s dann seine Lebensziele: Die Zerstörung der Umwelt durch die Menschheit müsse aufhören und dazu sei nun auch Gewalt erforderlich. Das folgende Streitgespräch der Männer wird unterbrochen, weil sie an einem verdächtigen Tempel ankommen. Als Batman als Erster hineingeht, fällt hinter ihm eine Falltür herab. Den obligatorischen Kampf mit einem hinzugekommenen Panther(!) später findet Batman einen weiteren Hinweis. Eine Karte deutet auf ein Gebiet im Himalaya hin. Also wird das die nächste Etappe.

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Als sich die Männer über dem Gebiet auf einen Fallschirmsprung aus einem Hubschrauber vorbereiten, bekommt Ra’s erneut einen heftigen Hustenanfall. Ubu meint besorgt, man müsse ihn zu „einer der Grotten bringen“. Auf Batmans Nachfrage hierzu wiegelt Ra’s wieder ab. Batman springt als Erster und muss dann hilflos dabei zusehen, wie er und der Hubschrauber aus einem Hinterhalt mit Raketenwerfern angegriffen werden. Bats kann ausweichen, doch der Hubschrauber wird getroffen, stürzt brennend ab und explodiert. Am Boden angekommen überwältigt Batman die Angreifer mit einer List und macht sich in der Dunkelheit auf den Weg durch das eingeschneite Gebiet.

Tatsächlich kann er alsbald Robin in einer Höhle finden. Aber natürlich muss sich Batman gegen weitere gefährliche Schläger zur Wehr setzen. Das gelingt ihm und endlich kann er den Wunderknaben von seinen Fesseln befreien. Doch so leicht kommen die beiden nicht davon. Der Kopf hinter all dem, der Mann mit der Anubis-Maske tritt applaudierend auf den Plan.

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Doch die Maskerade kann er sich sparen. Der Mitternachtsdetektiv hat ihn schon längst als Ra’s al Ghul entlarvt (Schocker!!!). Batman zählt allerlei Indizien auf, die von Anfang an dafür sprachen, dass der alte Mann die Entführung in Auftrag gegeben hatte (das ist eine großartige Detektiv-Sequenz; guckt euch das gefälligst selbst an, ich werde das nicht aufzählen). Ra’s ist beeindruckt von Batmans Kombinationsgabe und ebenso beeindruckt äußert sich die plötzlich hinzukommende Talia. Das Dynamische Duo ist überrascht, doch die Fledermaus bleibt gewohnt gelassen und macht sich zum Gehen auf. Ubu versucht ihn daran zu hindern. Doch Batman hat die Nase voll vom übergriffigen Dämonendiener und lässt diesen seine volle Stärke spüren. Ra’s ist nun noch begeisterter von Batman und eröffnet ihm, dass die ganze Entführung, mit allen Fallen und Gefahren als Prüfung für den Dunklen Ritter gedacht war. Er habe sich entschieden, dass Bruce Wayne/Batman ihm als Anführer seines Imperiums nachfolgen solle. Er habe alle Tests bestanden, sich als würdig erwiesen und obendrein habe er auch die Liebe seiner Tochter gewonnen. Win-Win-Win.

Batman ist ernstlich überrascht von alldem, doch er lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen: „Vergessen Sie’s“. Talia wendet sich enttäuscht ab und Ra’s erklärt empört, dass Batman nun sein Feind sei. Doch erneut wird er von einem Hustenanfall überwältigt und erliegt einem Schwächeanfall. Talia fleht Batman um dessen Hilfe an; Ra’s müsse umgehend zur „Lazarus-Grotte“ gebracht werden. Diese sorge dafür, dass Talias Vater seit sechshundert Jahren am Leben erhalten werde. So verrückt das auch klingen mag, Batman hilft Talia und Ubu den nicht mehr atmenden Körper in die gruselig blubbernde Grube hinabzusenken. Zur Verwunderung des Dynamischen Duos glückt dieses Vorhaben. Ein junger, vor Kraft strotzender Ra’s entsteigt der Lazarusgrube. Doch er scheint seines Verstandes beraubt. Manisch lachend, schnappt er sich seine Tochter und droht nun diese ebenfalls in die Grube zu werfen … ENDE des ersten Teils.

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Und weil das hier ein Service-Beitrag ist, geht es direkt mit Teil 2 weiter:

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Gleich zu Beginn erklärt Ubu, warum Talia gerade in großer Gefahr schwebt: „Wir müssen ihn daran hindern! Das heilige Wasser kann Sterbende wiederbeleben, aber Gesunde kommen darin um.“ Und tatsächlich schafft es Batman gerade noch, Talia aus den Fängen ihres völlig überdrehten aber nunmehr verjüngten, bullenstarken Vaters zu befreien. Doch schließlich ist es Talia selbst, die ihrem Vater buchstäblich Vernunft einbläut.

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Gleich darauf erneuert Ra’s sein Angebot und abermals lehnt der Detective ab. Ra’s bedauert dies zwar, ordnet aber sogleich seine Männer an, das Dynamische Duo per vorgehaltener Waffe bei der Lazarusgrube zu halten. Ra’s löst derweil einen Zerstörungsmechanismus aus und lässt Batman und Robin in der einstürzenden Höhle allein zurück (unter dem vorgebrachten Bedauern Talias). Aber wir kennen die beiden ja. Und in einer spannungsgeladenen Sequenz gelingt es ihnen, einen Weg ins Feie zu finden. Doch es bleibt keine Zeit zum Verschnaufen. Ra’s hatte eine Wüstenfestung erwähnt und Batman will sich sofort auf den Weg machen. Schließlich sind es die Erinnerungen Robins aus seiner einwöchigen Gefangenschaft, die den entscheidenden Hinweis liefern.

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Das oft gefallene Wort Orpheus lässt Bruce über eine kleine Internetrecherche (da gab es noch kein Google!) das Gebiet auf eine Region in der Wüste Sahara eingrenzen. Und umgehend wechselt das Dynamische Duo die Klimazonen. In der Sahara gelandet kann Batman unbemerkt einen Mann einer bewaffneten Karawane ersetzen. So gelangt er in Ra’s‘ Wüstenfestung. Bei seiner Ankunft kann Bats nur knapp dem neugierigen Ubu entwischen. Denkt er. Der Getreue hat die Fledermaus aufgespürt und verwickelt ihn in einen Kampf. Diesen kann Batman zwar für sich entscheiden, doch gleich darauf ist er von zu vielen Männern der Schattengesellschaft umgeben und wird von diesen festgehalten.

Ra’s und Talia kommen hinzu, lassen Bats festsetzen, nehmen ihm den Gürtel und Teile seines Kostüms ab (warum auch immer). Doch tatsächlich schafft es Batman, dass Ra’s in gewohnter Bösewichtmanier seine Pläne ausplaudert: Offenbar gibt es viele Lazarusgrotten über die ganze Welt verstreut. Ra’s hat an jeder Quelle bereits Männer in Stellung gebracht. Zu einem bestimmten Zeitpunkt sollen per Satellit fast zeitgleich Bomben innerhalb der Gruben gezündet werden. Dadurch soll weltweit eine Art Lazarusflut ausgelöst werden, sodass alles mit der chemischen Flüssigkeit überschwemmt würde; mit einer daraus resultierenden Opferzahl von weit über 5 Milliarden Menschen (selbst Talia ist erschrocken). Und das alles zur Wiederherstellung eines natürlichen Gleichgewichts … nach Ra’s al Ghuls Vorstellung natürlich. Bevor Batman aber vom Kerker aus dem Untergang der Welt beiwohnen darf, erhält er von Talia noch einen endgültigen Abschiedskuss.

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Doch wie sich herausstellt, hat sie dem Dunklen Ritter so auf kreative Weise einen Dietrich zukommen lassen, mit dem er sich umgehend befreit. Während Ra’s und seine Leute die notwendige Startsequenz einleiten, unterbricht Batman den Siegestaumel, indem er ein Waffenlager eindrucksvoll in die Luft jagt und sich dann kämpfend zu den Al Ghuls vorarbeitet.

Ubu fällt als Erster. Und dann fordert Ra’s die Fledermaus zum entscheidenden Duell heraus; mit dem Säbel. Im Verlauf des Gefechts gelingt es Batman, den Satelliten zum Absturz zu bringen und so den Plan seines Widersachers zu vereiteln. Der kocht vor Wut und geht am Rande einer Lazarusgrube mit dem Säbel auf den unbewaffneten Batman los. Dieser kann einem entscheidenden Hieb ausweichen und Ra’s stürzt mehrere Meter tief in den Krater, bevor er sich abfangen kann. Batman versucht ihn zu retten, doch das Ehrgefühl des geschlagenen Terroristen wiegt augenscheinlich mehr als sein Wunsch zu leben. So lässt sich Ra’s schließlich in die grüne Suppe fallen und ward nie mehr gesehen.

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Talia ist am Boden zerstört. Doch nach kurzem Dialog erbarmt sich der Dunkle Ritter und gibt ihr einen Kuss, dass dem Zuschauer Hören und Sehen vergeht …

Nur um Talia dann allein in der Wüste zurückzulassen. Oder doch nicht?!?

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Muahahahahahahahahahahaha

©DC Comics

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Zur Episode:
„Eine teuflische Bitte“ ist ein kleines Fan-Fest. Zwar tauchten Talia und auch irgendwie Ra’s das erste Mal außerhalb der regulären Comics schon in „Tödlicher Schwindel“ auf, doch im Grunde bietet dieser Zweiteiler den ersten wirklich beachtenswerten Auftritt der Al Ghul Sippe in einem anderen Medium und das mit voller Wucht. Außerdem wurde er von niemand Geringerem geschrieben als von Dennis O’Neil himself, dem Autor der ursprünglichen Comicstory; dem Vater von Ra’s und Talia al Ghul quasi.

Denny O’Neil bildete mit Neil Adams unter der Leitung ihres Redakteurs Julie Schwartz jenes legendäre Team, welches maßgeblich daran beteiligt war, den Dunklen Ritter tatsächlich wieder dunkel werden zu lassen und damit auch das Bronzene Comiczeitalter nachhaltig mitgestaltete. Dank des gelockerten Comic Code konnten die drei Männer Batman nach dem campy Silver Age, wieder zurück zu seinen düsteren Wurzeln führen. Two-Face bekam zum Beispiel einen ernsthafteren Hintergrund. Der zuletzt zum albernen Gimmick-Clown verkommene Joker nahm wieder psychopathische Züge an und mordete sich ab da erneut durch die Batmanreihe. Im Zuge all dessen, ließ es sich das Kreativteam auch nicht nehmen, neue, bedrohliche Charaktere zu entwerfen. So entstanden Ra’s al Ghul, seine Tochter, die Gesellschaft der Schatten und der ganze Mythos darum herum. Schwartz, O’Neil und Adams legten so den Grundstein für die bald noch düsteren (manche würden auch sagen „realistischeren“) 80er-Jahre-Comics mit herausragenden DC-Arbeiten, u. a. eines Frank Miller oder Alan Moore. Die Animated Series orientierte sich selbst auch am Batman-Bild des Bronze Age, womit wir wunderschön den Bogen zu O’Neils Arbeit für diesen Zweiteiler schlagen können. Beim ersten Teil von „Eine teuflische Bitte“ macht er einen ausgezeichneten Job. Len Wein übernimmt die Umsetzung für Teil Zwei und leistet ebenfalls hervorragende Arbeit.

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©DC Comics | „Daughter of the Demon“ (Batman #232, 1971) & „The Demon Lives Again“ (Batman #244, 1972) von Dennis O’Neil & Neal Adams

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Regisseur Kevin Altieri unterdessen hatte während der (anfänglichen) BTAS-Produktion mehrfach Skripte abgelehnt, weil diese zu schlecht waren (z. B. eine ganze Story über Batmans Hund u. ä.) und ihm der wahre Geist Batmans in den Geschichten fehlte. Als ihm dann „The Demon’s Quest“ vorgelegt wurde, sagte er sofort zu. Als Fan der Ra’s al Ghul Comics von O‘Neil/Adams hatte er schon im Vorfeld regelrecht darum gebettelt, diesen Charakter filmen zu dürfen. Altieri nutzte dann den Zweiteiler, um extra eine der straffen Regeln Bruce Timms zu brechen. Diese besagte sinngemäß, dass man in der Serie niemals Batman seine Maske abnehmen sehen würde. Entweder Bruce oder Batman! Basta! Der aufmüpfige Kevin inszenierte dann aber einfach die Anfangsszene in der Bathöhle so, dass Batman sowohl die Maske abnimmt (wahrscheinlich um die Privatsphäre zu betonen, die später durch Ra’s gestört wird) als auch wieder aufsetzt, als die Eindringlinge in der Höhle stehen. Bruce Timm segnete dies schließlich als Ausnahme ab.

In der Heranführung an die Al Ghul-Familie und deren sinistre Pläne präsentiert uns Meister Altieri eine außergewöhnliche Abenteuer-Folge mit Indiana Wayne ?, in welcher Batman und Ra’s al Ghul als Globetrotter um die ganze Welt geschickt werden, verschiedenste Kulturräume durchforsten sowie einige Rätsel und Aufgaben lösen müssen, um die beiden verschwunden „Kinder“ wiederzufinden. Dabei bemerkt Batman offenbar recht schnell, dass seine neuen Begleiter hinter der Entführung Robins stecken. Zunächst geht Bats zwar ungewöhnlich cool damit um, dass diese beiden Fremden so unverschämt in seine Bathöhle hineinlatschen. Aber am Ende der ersten Episode erfahren wir, dass er Ra’s von Anfang an verdächtigte, etwas mit der Entführung Robins zu tun zu haben.

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Überhaupt lernen wir in „Eine teuflische Bitte“ mehr von der so oft erwähnten Detektiv-Seite Batmans kennen und das gefällt mir ausgesprochen gut. Dabei ist nicht vorrangig dieses enzyklopädische Wissen über Stoffe und Geografie so beeindruckend, sondern Bruce‘ schnelle Auffassungs- und Beobachtungsgabe. Als Sherlock Holmes-Fan geht mir da natürlich das Herz auf. An die Szene mit Ubu (der ihn plötzlich vorlässt) und den kurz vor Schluss der Folge erfolgenden (und ebenfalls an Holmes anmutenden) Lösungsmonolog des Dunklen Ritters konnte ich mich noch bis dato erinnern. Und ich liebe es. Noch schöner ist der Umstand, dass man all das als Zuschauer selbst nachvollziehen kann. Immerhin zählt die Fledermaus den Leibwächter zweimal an, bevor dieser ihn plötzlich ungehindert (in eine Falle) vorlaufen lässt. Die Lösung aller Mysterien geschieht also für uns nicht zufällig oder undurchschaubar. Vielmehr nimmt der Mitternachtsdetektiv alle uns bekannten Teile und setzt sie zum fertigen Puzzle zusammen.

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Auch sonst gibt es viel zu entdecken. Die verwendete Symbolsprache ist oft nicht einfach nur ägyptisch, sondern weist stets Bezüge zum Leben nach dem Tod bzw. zu Wiederauferstehung auf. Deutlichstes Indiz ist die von Ra’s getragene Schakalmaske als klare Referenz auf Anubis, den altägyptischen Gott des Todes und der Mumifizierung. Der Name für Ra’s zerstörerisches Satellitensystem leitet sich von der antiken Sagenfigur Orpheus ab. Jener außergewöhnliche Hirte und Leierspieler stieg in die Unterwelt hinab, um seine Geliebte zurückzugewinnen und galt lange Zeit kulturhistorisch als Vorgängerfigur Jesus Christus … ihr wisst schon, DEM Wiederaufersteher schlechthin. Reinkarnation und Erneuerung sind die zentralen Themen von “Eine teuflische Bitte“.  Nicht nur planen Ra’s und seine Anhänger den großen Resetknopf für den ganzen Planeten zu drücken, sondern sie wollen sich der weltweit verteilten Lazarusgruben bedienen, jener wundersamen Laune der Natur, welche Ra’s al Ghul selbst zur fortwährenden Rückkehr ins Leben verhilft. Dieser Kniff macht die Story rund und hält den Zuschauer (v. a. im zweiten Teil) beim Thema und bei den Motivationen der Antagonisten. Den Lazarusgruben selbst (in Anlehnung an den biblischen Lazarus, welcher von Jesus von den Toten wiedererweckt wurde) kommt dadurch eine Sonderrolle zu. Eine Art Personifizierung und Bedeutsamkeit, wie wir sie bisher nur von Gotham als „lebende, agierende“ Stadt kannten. Im Gegensatz zu einer Stadt erkennen wir diese Gruben als ein für die BTAS ungewöhnlich übernatürliches Element: „Das heilige Wasser kann Sterbende wiederbeleben, aber Gesunde kommen darin um.“ Wir dürfen selbst der Reinkarnation Ra’s al Ghuls beiwohnen und erkennen, welche Macht dieses „heilige Wasser“ hat. Dadurch wächst auch plötzlich die Gefahr, die von der Gesellschaft der Schatten ausgeht, v. a. da die Gruben offenbar auch einen immensen Einfluss auf das geistige Wohl ihrer „Nutzer“ hat. Allein das Wissen darum, quasi unsterblich zu sein, dürfte wohl einen beachtlichen psychologischen Effekt bei Menschen auslösen; hinzu kommt der Prozess an sich, der Ra’s zunächst ganz offenbar seines Verstandes beraubt.  So wirkt dann auch das Ansinnen von Ra’s, einen großen Teil der Weltbevölkerung auszulöschen, für die Fledermaus schlicht verrückt.
Die vorgegebene (Öko-)Motivation dahinter kann aber bei der momentanen, weltweiten Klimadebatte kaum aktueller sein (nehmt das, Infinity War und Dan Brown). Ich hätte gern mal EIN weiteres Beispiel für eine weit zurückliegende Trickfilmserie, die über so lange Zeit hinweg immer wieder Aktualität beweist und gleichzeitig nicht in (für mich mittlerweile kaum zu ertragende) vereinfachende Kindersprache oder Szenarien verfällt.

Alles Vorgenannte fügt sich erstaunlich reibungslos in den Fluss der Geschichte ein, ebenso wie die Rückbezüge auf vorherige Folgen (in dem Fall ja „Tödlicher Schwindel“, z. B. als Ra’s Bruce eröffnet, dass er selbstverständlich von Talia von Batmans Geheimidentität erfahren habe: “Das nächste Mal klebe ich mir die Maske an“), ohne, dass der Genuss des Zweiteilers gestört wird. Dabei präsentiert er sich gewissermaßen grundverschieden im Vergleich zu den meisten Episoden der Animated Series. Batman wird völlig aus seinem üblichen Umfeld herausgelöst, wird dabei aber in all seinen vorhandenen Fähigkeiten gefordert (etwas, was z. B. bei „Tiger, Tiger“ ja nur mäßig bis überhaupt nicht funktioniert). Gezwungen wird er dazu von neuen Gegnern, die in Macht und Möglichkeiten Batmans althergebrachte Rogues Gallery deutlich übertrumpfen. Dies wiederum wertet den schlussendlichen Triumph des Detectives deutlich auf. Das besondere Kunststück hierbei ist, dass sich aufgrund neuer Figuren, mystischer Elemente und ungewohnter Schauplätze ein gänzlich anderes Gefühl beim Zuschauen einstellt und trotzdem die Erzählung der Figur Batman (und allem was dazu gehört) treu bleibt. Das erfordert Sachverstand und Fingerspitzengefühl sowohl beim Schreiben als auch bei der Inszenierung.

Überhaupt hat Altieri den Dunklen Ritter fantastisch in Szene gesetzt. Batman wirkt in den meisten Loations unheimlich bedrohlich und fokussiert. Auch die anderen Hauptcharaktere sind die ganze Zeit in Bewegung, ohne zu hastig zu sein. Das treibt auch die Story voran. Gibt es dann doch Standbilder oder langsamere Close-Ups, bietet man uns ein breites Spektrum verschiedenster Emotionen in den Gesichtern der Protagonisten. Wenn die Location wechselt, dürfen wir uns immer erstmal an Panorama-Aufnahmen erfreuen, die dann flüssig zur Abenteuerszenerie übergehen. Jeder neu vorgestellte Ort hat eine ganz spezielle Atmosphäre, die man schnell und unbewusst in sich aufnimmt. Dafür haben die Macher die große Farbpalette ausgepackt und lassen den Zuschauer in eine Welt eintauchen, die so ganz anders ist als Gotham; uns neugierig macht. Besonders Freude macht dann dieser Zweiteiler in der HD-Version.

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Die Figuren sehen alle großartig aus, ebenso die Gestaltung der Lazarusgrube sowie die Kämpfe. Als sich Batman einen der Bad Guys vom Kamel holt, umhüllt er ihn gänzlich mit seinem Cape. Ein toller Batman-Moment, der in höherer Auflösung zu Gänsehaut verführt. Irgendwie scheint auch das Batman-Kostüm in „Eine teuflische Bitte“ ein anderes zu sein. Insbesondere während der Kampfszenen wirkt es weitaus dunkler, als in anderen Episoden, fast ausschließlich schwarz. Bei allen sonstigen Bewegungen tritt wieder der typische Blauschimmer zutage.

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Bei „The Demon’s Quest“ ist es auch mal wieder an der Zeit, die musikalische Einbettung zu loben. Diesmal zeichnet allerdings nicht Shirley Walter verantwortlich. Es teilen sich Michael McCuistion (Teil 1) und Harvey R. Cohen (Teil 2) den Score.

In beiden Teilen ist die Musik wieder auf den Punkt. Ab der ersten Szene (Robins Entführung) hilft sie dem Zuschauer ganz in diese rätselhaften, mystischen und auch gewaltvollen beiden Episoden einzutauchen. McCuistion bleibt im ersten Teil zwar den gewohnten BTAS-Klängen treuer, doch er bekommt mit jedem weiteren bereisten Land die Möglichkeit, viel zu variieren und uns den jeweiligen Landstrich musikalisch näher zu bringen. Spätestens Harvey Cohen aber zieht dann breit auf und bietet uns einen hollywoodwürdigen Score. Die bekannten Batman-Themes webt er in einen fast epischen orientalischen Klangteppich ein. Da sind so großartige Anleihen an Lawrence von Arabien und Aladdin dabei, dass ich immer noch ins Schwärmen gerate. Übrigens: Die meisten Stücke der kompletten Serie sind (auf verschiedene Volumes verteilt) auf einschlägigen Streamingdiensten ganz legal abzurufen.

„Eine teuflische Bitte“ ist somit nahe an der perfekten Folge. Und hätte man mir das vorher erzählt, hätte ich keinen Cent darauf gewettet. Klar, es gibt Episoden und Storyarchs, die schlauer konzipiert oder auch tiefgründiger sind. Doch wir bekommen hier einen Batman, außerhalb seiner eigentlichen Welt, ohne Betrug am Mythos oder am Ton der Serie. Trotzdem entführen uns Geschichte, Bilder und Musik in ein Abenteuer, fast so episch und fantastisch wie „Jäger des verlorenen Schatzes“. Dann bekommen wir gleichzeitig die volle Dosis Al Ghul. Wir dürfen eine Love Interest des Dunklen Ritters wiedersehen und ihren interessanten wie furchterregenden Vater und eine Welt, die nur um diesen Mann herum aufgebaut ist. Die Ebenbürtigkeit der beiden Kontrahenten sorgt für ordentlich Spannung und gute Schauwerte. Und trotz, dass Batman hier tatsächlich sein ganzes Potenzial ausspielen darf, bekommt man am Ende eher den Eindruck, dass nicht Ra’s ein gleichwertiger Gegner für Batman ist, sondern eher umgekehrt. Aber dazu gleich mehr.

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Bevor wir zu den Gegenspielern dieser Episoden kommen, schnell noch ein kurzes Wort zu Robin: Der arme, arme Dick. Er wird hier nicht nur als Vehikel (nämlich als Entführungsopfer) missbraucht, sondern er bekommt auch die undankbare Rolle des staunenden Trottels. Sonst hat der Wunderknabe im gesamten Zweiteiler keine Funktion oder erwähnenswerten Text. Robin hat die meiste Zeit schlicht keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Wir erleben ihn die meiste Zeit völlig überrumpelt. Dass Bats überhaupt diese ganzen Leute kennt, lässt ihn meistens nur die Szenerie mit offenem Mund verfolgen. So müssen ihm die anderen Charaktere erklären, was vor sich geht und woher sich alle bereits kennen. Naja, das frischt wenigstens auch nochmal die Erinnerung der Zuschauer auf. Es erklärt aber nicht, warum wir Ra’s al Ghul dabei zusehen müssen, wie er seinen mörderischen Plan beinahe in die Tat umsetzt oder Batman in einen tödlichen Schwertkampf verwickelt wird, während wir genau wissen, dass Robin derweil außerhalb gemütlich im klimatisierten Flugzeug sitzt.

Zu den Figuren:
Na, schon aufgefallen?! In „Eine teuflische Bitte“ wird die Gesellschaft der Schatten kein einziges Mal als solche erwähnt. Die Ra’s al Ghul folgenden Männer kommen uns nur als eine Art ergebene Söldner- oder Terrorgruppe unter. Die gut geschulten Assassinen aus „Tödlicher Schwindel“ scheinen alle im Urlaub zu sein. Deshalb machen wir direkt weiter mit Ubu.

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Zu diesem loyalen Leibwächter Ra’s al Ghuls gibt es aber zunächst auch nicht viel zu sagen, außer dass er offenbar sehr stark ist und seinem Meister bedingungslos folgt; sodass Batman sich sogar dazu hinreißen lässt, ihn als „gut dressiert“ zu beschreiben. Hervorzuheben ist vielleicht der mögliche Grund Ubus unbedingter Unterwerfung. Aus den Dialogen und Ubus Haltung ergibt sich, dass er Ra’s ganz offenbar als gottgleich versteht. Zumindest sieht er in seinem Meister einen Mann, der ganz natürlich zum Führen bestimmt ist, weshalb man sich ihm unterzuordnen habe. Und das gilt seiner Meinung nach auch für Batman. Daraus ergibt sich auch die witzige Rivalität zwischen ihm und dem Dunklen Ritter (den Ubu im Zweiteiler offenbar noch nicht als gleichwertig gegenüber Ra’s ansieht). Es ist auch anzunehmen, dass er Bats nicht aufgrund religiöser Beweggründe, sondern vielmehr in Bezug auf Ra’s ständig „Ungläubiger“ nennt (Batman dazu: “Wenn du wüsstest, wie mir diese Bezeichnung zum Hals raushängt.“). Er sieht Batman als Außenstehenden, der bisher weder Teil des geschlossenen Systems um die Al Ghuls herum war, noch die angeblich selbstlose und schillernde Figur seines Meisters adäquat zu erfassen scheint. Umso verwunderlicher ist der Umstand, dass es Batman ist, der den todkranken Ra’s zu Lazarusgrube trägt. Ubu bittet ihn ja regelrecht darum. Mich führt das zu folgender Frage: Wenn Batman das Angebot Ra’s al Ghuls akzeptierte, dessen Tochter und Imperium als seines anzunehmen, müsste Ubu dann eigentlich Bruce Wayne dienen? Ein witziger Gedanke auf jeden Fall … Mehr gibt es zu Ubu erstmal nicht zu sagen. Machen wir mit dessen Meister weiter.

First things first: Dennis O’Neil hat einst festgestellt, dass er seinen neu kreierten Batman-Widersacher „Rhäisch“ ausspricht. Dem folgen auch die BTAS-Kreativen und – sprecher. In der deutsche Synchro wird er mal zu Raasch, mal zu Raas. Mir persönlich gefällt das Nolan-Raas auch am besten, aber für die Peniblen unter euch: im Original heißt es Rhäisch!

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Ra’s al Ghul, den wir hier kennenlernen, ist schon ein besonderer Bösewicht. Er stammt nicht aus Gotham (oder der näheren Umgebung) und erweitert so die Welt des Dunklen Ritters um eine wirklich globale Komponente. Sonst operiert er eher im Hintergrund, er hat eine Organisation von Assassinen um sich geschart, scheint unglaublich mächtig und reich zu sein, ist umgeben von allerlei mystischem Firlefanz, dieser wirklich schrägen Lazarusgrube und seiner wunderschönen, wie (eigentlich) knallharten Tochter Talia. Im Gegensatz zu den meisten anderen Widersachern strebt Ra’s weder danach, Batman zu erledigen, loszuwerden oder zu übertölpeln. Nein, er kennt bereits das Geheimnis der Fledermaus und es ist ihm schlicht egal. Dennoch erweist er ihm Respekt und adelt sogar die Maske als „Zeichen der Ehre“. Schließlich erfahren wir ja, dass er Bruce auch als seinen ebenbürtigen Nachfolger erwählt hat. Das ist durchaus ein Kompliment von einem Mann, der angeblich schon 600 Jahre auf dieser Erde verbracht und u. a. mit Napoleon verkehrt haben soll. Dieser Umstand, als auch seine Unsterblichkeit, als auch die Tatsache, dass er aufgrund einiger Rechnungen Batmans Identität entschlüsselt hat, macht ihn nach Real-World-Maßstäben zu Batmans gefährlichstem Gegner und zwar mit dem Faktor Tausend.

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Das ist auch kein Zufall. Denny O’Neil kreierte den weltgewandten Schurken nach einschlägigen Bond-Abenteuern. Nach eigener Aussage orientierte er sich dabei vor allem an dem Unterweltboss Draco („Im Geheimdienst Ihrer Majestät“). Interessant ist das, weil James Bond zunächst dessen Tochter Tracy rettet und Draco später nur mit den für Bond so wichtigen Informationen rausrücken will, wenn dieser einwilligt, Tracy zu heiraten … Nachtigall … Das aber ist noch nicht alles, denn jene selbstbewusste Tracy schafft es (im Gegensatz zu vielen anderen Bondgirls) tatsächlich, James Bond nachhaltig zu faszinieren und dessen Herz zu erobern; Traumhochzeit eingeschlossen. Das Ende darf jeder gern selbst noch einmal für sich rekapitulieren. Wir haben also wirklich einige Schnittmengen der beiden großen Franchises über die Draco-al-Ghul-Achse. O’Neil beabsichtigte, einen neuen Gegner bisher unbekannten Typs für Batman zu kreieren. Die Storys von Ian Flemming kamen ihm da gerade recht, denn O’Neil wollte aus Gotham heraus und den neuen Bösewicht globaler und dadurch bedrohlicher wirken lassen. Und ich denke, das ist ihm, aber auch Len Wein und Kevin Altieri für diesen Zweiteiler ebenfalls gelungen.

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Ra’s al Ghul hebt Batmans Rogues Gallery auf ein neues Level und bietet uns den vollkommenen (Film)Bösewicht. Und doch präsentiert man ihn uns als dreidimensionalen Charakter mit allen Widersprüchen, die ein Mensch so mit sich bringt. Einerseits ist er DER Gegner des menschlichen Raubbaus an der Natur. Er zeigt sich sofort bereit, gegen diese Zerstörungswut drastisch vorzugehen. Wenn auch die Wahl seiner Mittel unbedingt diskussionswürdig ist, so richtet sich doch sein Anliegen auf eine sehr aktuelle und auch drängende Problematik (auch der Jetzt-Zeit.) Der Widerspruch ergibt sich durch seine Größenideen. Auf der einen Seite ist da sein vermeintlich selbstloses Ziel, die Natur und den Planeten vor der menschgemachten Vernichtung zu bewahren. Andererseits hat er sich allein zum großen Retter erwählt. Allein er ist derjenige, der die ganze Misere richten kann. Er ist so besonders, so göttlich, dass er sich überbehütende Leibwächter anschafft, die möglichst kontrollieren, dass man nicht vor Ra’s läuft, ihm jeden Wunsch von den Lippen ablesen, ihm eben jederzeit zu Diensten sind. Doch jeder Größenwahn ist nichts wert, wenn man ihn nicht teilen oder sogar übertragen kann. Damit bringt er Batman ins Spiel. Wir erfahren hier leider nicht genau, warum er gerade jetzt einen würdigen Nachfolger sucht, wo er sich doch immer wieder verjüngen kann. Vielleicht bietet ihm die Existenz seiner Tochter und deren Liebe zum Detective die Idee, nun doch endlich in das Totenreich hinüberzuwechseln. Aber das ist reine Spekulation.

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Batman verschmäht diesen Plan (und damit nicht zuletzt Talias Liebe), wie auch Ra’s Imperium. Für die Fledermaus ist das ganze Gehabe des Al Ghul-Clans ganz offensichtlich zu dramatisch und für ihn insgesamt eine klare Grenze überschritten. Bald offenbart sich uns auch, dass Ra’s nicht nur fragwürdig die Gebärmutter seiner Tochter feilbietet, sondern dass er in ähnlich radikaler Weise auch über die Geschicke des gesamten Planeten bestimmen will. Auch bei diesem Charakter gibt es wieder Ähnlichkeiten zum Mitternachtsdetektiv und wieder ist das Maß entscheidend. Denn beide sind Männer mit klaren Visionen und Missionen und beide der Überzeugung, dass sie es jeweils richten müssen. Der Unterschied ergibt sich durch die Ausgestaltung der Pläne. Ra’s mag sich selbst als Erneuerer und Heiler der Erde begreifen, doch seiner Naturliebe verleiht er einerseits Ausdruck durch unangreifbare, fest hierarchisch organisierte Machtstrukturen und zum anderen durch seine unflexiblen Massenmordpläne. Somit ist Ra’s al Ghul ein (Öko)Terrorist. Die Motive dahinter sind nicht belanglos. Aber sie rechtfertigen keine seiner Taten. So verspielt er am Ende alle Sympathien. Im Grunde will Ra‘s einfach nur herrschen. Über einen „gesäuberten“ Planeten und die von ihm erschaffene neue Weltordnung. Was dabei sauber und geordnet bedeutet, darüber möchte er bestimmen. Und so großzügig sein Angebot an Batman auch wirkt, es beinhaltet die Fortsetzung der rigiden Ideen des alten Mannes und ist ausschließlich an den Detective als männlichen Erben gerichtet. Die sonst so fähige und taffe Talia wird erst gar nicht in Erwägung gezogen … weil sie ein Mähähädchen ist.

Aber wie gesagt, Ra’s zeigt uns den schmalen Grat auf, der in diesem Universum zwischen Held und Schurke verläuft; eben, weil seine Motive grundsätzlich nachvollziehbar sind, weil er eben nicht von Rache oder Gier angetrieben wird. Seine Gründe sind wohlüberlegt, die Argumente sortiert und die Ausführung seiner Pläne beachtlich gut organisiert. Und ist es nicht auch irgendwie nachvollziehbar, dass sich Ra’s al Ghul in jeder Hinsicht überlegen und auf dem einzig richtigen Weg wähnt?! Immerhin hat er die gottgleiche Möglichkeit der Unsterblichkeit zur Verfügung und ist ausschließlich von ihn anhimmelnden und dienstbaren Untergebenen umgeben. Wie soll ein Mensch in solch einer Situation nicht glauben, er wäre näher an der Wahrheit als alle anderen? 600 Jahre! Man stelle sich das mal vor. Ra’s hat bereits alles, was wir mit einem normalen Leben verbinden, hinter sich gelassen. Normalerweise haben wir einige Menschen um uns, die uns lange Phasen unseres Lebens begleiten. Wir verbleiben in der Nähe einiger davon bis zu deren oder unserem Tod. Wir füllen unseren Alltag mit Aufgaben und stecken uns kurz- und langfristige Ziele. Was passiert denn mit all dem, wenn wir nicht mehr wirklich sterben können? Alle Menschen auf meinem Weg verkommen zu Gästen in meinem Leben und meine Ziele werden automatisch mehr oder größer. Ist es dann nicht auch irgendwie verständlich, dass sich Ra’s als eine Art väterlicher (wenn auch grausamer) Beschützer der Menschheit sieht? Immer, wenn er krank ist, kann er sich wieder seinen juvenilen, starken Körper herbeizaubern. Die Untergebenen stehen allzeit bereit. Zum heutigen Zeitpunkt hat er sich ein „gewaltiges, mächtiges Imperium“ aufgebaut. Seiner Meinung nach ist er too big to fail.

Schließlich zeigt uns dieser Zweiteiler auch wieder die innere, die moralische Stärke Batmans, als er Ra’s Angeboten und Schmeicheleien widersteht. Und die sind nicht ohne. Der alte Mann bietet ihm eben jenes globale Imperium, unglaubliche Macht und auch eine Familie. Als Verbrechensbekämpfer stünden Batman mit einem Schlag unendliche Ressourcen, weltweit Kämpfer für seine Sache und sehr wahrscheinlich auch ewiges Leben zur Verfügung. Diese Macht abzulehnen bedarf schon eines starken Willens (und evtl. einiger Milliarden auf dem eigenen Konto).

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Ra’s seinerseits ist sehr angetan vom Detective und genießt es regelrecht, ihm bei der „Arbeit“ über die Schulter zu schauen. Hin und wieder zieht er Vergleiche zwischen sich und Batman. Er hält Bruce für einen würdigen Nachfolger, weil er glaubt, dass dieser ihm ausgesprochen ähnlich sei. Das bedeutet im Umkehrschluss, er verspricht seine Tochter einem Mann, der quasi er selbst ist. Und Talia scheint diese Idee zu lieben. Sigmund Freud hätte an dieser Konstellation seine große Freude. Mit Ra’s steht Batman endlich mal jemand gegenüber, der gleichermaßen präzise Schlussfolgerungen ziehen kann und offenbar ebenso begabt im Oben-Ohne-Schwertkampf ist, wie er. Diese beständige Begegnung auf Augenhöhe verleiht Ra’s (neben dem ganzen Terrorgedöns) die Spannung, die ein interessanter Charakter braucht, damit man ihn wiedersehen will. Ra’s al Ghul etabliert sich hier als Moriarty zu unserem Sherlock Wayne und ich kann es kaum erwarten, welche neuen Facetten er uns beim nächsten Aufeinandertreffen mit Batman zeigen wird. Doch bevor wir uns der Zukunft zuwenden, bleiben noch die Betrachtungen zu Talia.

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Talia, ach, Talia. Was soll ich sagen!? Talia bzw. ihre Charakterisierung ist das große fette Minus an der Einser-Benotung dieses Zweiteilers. Sie verliert (v. a. im ersten Teil) mit einem Schlag völlig ihr selbstsicheres Auftreten, das sie in „Tödlicher Schwindel“ noch so interessant gemacht hat. Talia begegnet uns hier als unterwürfige Tochter des Dämons und gibt sich willfährig dessen Plänen hin (u. a., sie mit Batman vermählen zu wollen). Keine defizilen Andeutungen wie in „Off Balance“, kein Messen mehr mit dem Dunklen Ritter. Talia verkommt hier zur willigen Jungfrau in Nöten; zu einem Nice-to-have-Gimmick für 2 Männer, deren Gespräche sich zu diesem Zeitpunkt um nichts Geringeres als das Schicksal des Planeten drehen. Es ist wirklich schade. Je stärker und interessanter die gleichwertige Beziehung und Rivalität der beiden starken Männer wird, desto mehr tritt Talia als Frau und als Charakter an sich in den Hintergrund. Verschärft wird dieser Eindruck durch die freizügige, vermeintlich typisch orientalische Kleidung der Dämonentochter, welche offenbar direkt dem abendländischen feuchten Traum eines 15jährigen entsprungen sein muss, dessen Reisebemühungen sich bisher nicht über Wuppertal hinaus erstreckten. Dabei spricht der in Talias Gesicht gezeichnete Ausdruck eine völlig andere Sprache. In den Animationen finden wir ganz klar ihre intelligente, listige und natürlich auch laszive Charakterisierung wieder. Doch insgesamt wirkt sie nur blass und unterwürfig. Auffällig ist aber die klare Steigerung in Talias Charakterzeichnung von Teil 1 hin zu Teil 2. Len Wein hatte die Tochter des Dämons bereits in „Tödlicher Schwindel“ unter seinen Fittichen und wie wir wissen, trat sie dort weit souveräner auf als hier. Deshalb scheint es wenig verwunderlich, dass sie im zweiten Teil wieder behutsam zu dieser Charakterisierung hinneigt. Es ist etwas enttäuschend, dass Talias geistiger Vater sie im ersten Teil ähnlich missachtet, wie ihr leiblicher Vater in „Eine teuflische Bitte“.

Zwei Dinge kann man Talia (und damit den Autoren) wohlwollend zugutehalten.

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Nummer 1: Jeder von uns, der schon mal vor irgendetwas Angst hatte, weiß vielleicht, wie es ist, wenn man nach langer Zeit plötzlich wieder der herrischen Mutter, dem ungerechten Lehrer oder auch dem gefährlichen Nachbarshund gegenübersteht. Egal, wie erwachsen und stabil man in der Zwischenzeit geworden ist (oder zu sein glaubt), schlagartig verfällt man wieder in alte Muster, verhält sich abwehrend, unterwürfig oder ausweichend. Mit Ra’s al Ghul als Vater steht Talia natürlich der sie am meisten und immer noch prägende Mensch gegenüber. Und dass mit diesem Mann nicht gut Kirschen essen ist, dürfte unzweifelhaft sein. Es ist gut möglich, dass diese v. a. durch Dominanz gekennzeichnete Vater-Tochter-Beziehung genau die gezeigte Wirkung auf Talia hat, die wir hier sehen. Gegen Ra’s gibt es keinen Widerspruch! Jeder hat sich unterzuordnen! Aber: Zu und mit Batman gibt es auch schon eine Geschichte. Diese wiederum ist geprägt von gegenseitiger Anziehung, Begegnung und Gerangel auf Augenhöhe und der starken Persönlichkeit Talias. So etwas verschwindet nicht, nur, weil der Dämonenpascha mit im Raum ist. Talias Folgsamkeit gegenüber ihrem Vater mag ja nachvollziehbar sein, nicht aber das gleiche Untewerfungsgebaren gegenüber Batman. Scheu blinzelt sie den Detective an, als sie ihm zur Frau versprochen wird; eine zuckersüße Lieblichkeit, die in „Tödlicher Schwindel“ kein einziges Mal aufblitzte. Für mich ist das ein klarer Bruch in der Charakterisierung, v. a., weil die beiden bisherigen Al Ghul-Episoden absichtsvoll miteinander verknüpft wurden.

Nummer 2: Talia hat dennoch eine klare und für den positiven Ausgang der Folge unglaublich wichtige Funktion. Sie ist der Anker für ihren, sich immer wieder von der Realität entfremdenden Vater. In diesen Szenen blitzt tatsächlich hin und wieder der Geist eines eigenständig denkenden und handelnden Menschen auf, wenn auch nur kurz. Als Ra’s an der Lazarusgrube droht, nun völlig seinen Verstand zu verlieren, verzichtet Talia darauf, dass Bats sich schützend vor sie stellt, sondern geht todesmutig voran und ohrfeigt ihren Vater ins Hier und Jetzt zurück. Sie sträubt sich auch (verhalten) gegen die Liquidation ihres Geliebten und äußert starke Zweifel an der massiven Ausrottung der Menschheit, versucht sogar Ra’s davon abzubringen. Aber ihr Feuer aus „Tödlicher Schwindel“ hat sie ganz offensichtlich verloren. Dabei hat Talia für den Verlauf der Geschichte eine äußerst wichtige Rolle. Ohne sie wäre Bats wahrscheinlich nie rechtzeitig aus seiner Zelle entkommen (danke für Nichts, Robin!) und Ra’s hätte derweil 5 Milliarden Menschen getötet. Es ist eine starke Entscheidung, sich gegen den Willen des übermächtigen Vaters zu stellen und ihn bei seinem großen Lebensziel derart zu boykottieren. Und doch geht all das unter. Batman hat für Talia zu keinem Zeitpunkt ein freundliches oder dankbares Wort übrig, sondern „nutzt“ sie lediglich für aus der Zeit gefallene Bond- und Cassablanca-Momente (auch wenn das wahrscheinlich auf beiderseitigem Interesse beruht).

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In diesem Sinne verbleibt Talia schließlich nur als blasses Abziehbild ihrer selbst. Zwar ist sie maßgeblich verantwortlich für die Errettung der Menschheit. Doch dafür darf sie schlussendlich dem eigentlichen Helden unserer Geschichte einen bedeutungslosen (wenn auch schön in Szene gesetzten) Kuss abringen, bevor dieser wieder seinem Tagwerk nachgeht und sie allein im Wüstensand zurücklässt. Dass der an bedingungslosen Gehorsam gewohnte Ra’s Talia nur wie eine weitere Dienerin behandelt, ist ja irgendwie nachvollziehbar.

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Dass aber der dunkle Ritter, der Talia unter ganz anderen Umständen kennenlernte, sie gleichermaßen kaum als gleichgestellte Person würdigt, finde ich sehr schade. Vor allem, da er ja offenbar starke Gefühle für sie hegt (gerade, weil sie sich als ebenbürtig erwiesen hat) und auch keine Sekunde daran zu denken scheint, sie irgendeiner Gerichtsbarkeit zuzuführen (lasst das nur nicht Selina zu Ohren kommen).

Am Ende des Tages ist aber festzuhalten, dass Talia Bruce ihre Liebe gesteht und Batman diese auch in gewisser Weise erwidert. Also sehen wir hoffentlich in den weiteren Heften und Episoden eine etwas adäquatere Weiterentwicklung ihrer gemeinsamen Beziehung.

Video

Ein verspäteter "First Look" zum "Batman & Batmobile 89 2-Pack" von McFarlane Toys.

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